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1. Dezember 2023 - Kommentare deaktiviert für Neue Pauschbeträge für Auslandsreisen 2024

Neue Pauschbeträge für Auslandsreisen 2024

Das Bundesfinanzministerium hat die neuen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten für beruflich und betrieblich veranlasste Auslandsdienstreisen bekannt gemacht, die ab dem 1.1.2024 gelten. Es ändern sich nicht alle Pauschbeträge, sondern nur ein Teil. In diesem Zusammenhang ist Folgendes zu beachten:

Bei eintägigen Reisen in das Ausland ist der entsprechende Pauschbetrag des letzten Tätigkeitsortes im Ausland maßgebend. Bei mehrtägigen Reisen in verschiedenen Staaten gilt für die Ermittlung der Verpflegungspauschalen am An- und Abreisetag sowie an den Zwischentagen (Tagen mit 24 Stunden Abwesenheit) insbesondere Folgendes: 

  • Bei der Anreise vom Inland in das Ausland oder vom Ausland in das Inland ist jeweils ohne Tätigwerden der Pauschbetrag des Ortes maßgebend, der vor 24 Uhr Ortszeit erreicht wird.
  • Bei der Abreise vom Ausland in das Inland oder vom Inland in das Ausland ist der entsprechende Pauschbetrag des letzten Tätigkeitsortes maßgebend. 
  • Für die Zwischentage ist in der Regel der entsprechende Pauschbetrag des Ortes maßgebend, den der Arbeitnehmer vor 24 Uhr Ortszeit erreicht.
  • Schließt sich an den Tag der Rückreise von einer mehrtägigen Auswärtstätigkeit zur Wohnung oder ersten Tätigkeitsstätte eine weitere ein- oder mehrtägige Auswärtstätigkeit an, ist für diesen Tag nur die höhere Verpflegungspauschale zu berücksichtigen.

Bei der Gestellung von Mahlzeiten durch den Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung durch einen Dritten ist die Kürzung der Verpflegungspauschale tagesbezogen vorzunehmen, d. h. von der für den jeweiligen Reisetag maßgebenden Verpflegungspauschale für eine 24-stündige Abwesenheit, unabhängig davon, in welchem Land die jeweilige Mahlzeit zur Verfügung gestellt wurde.

Praxis-Beispiel:
Ein Ingenieur kehrt am Dienstag von einer mehrtägigen Auswärtstätigkeit in Straßburg (Frankreich) zu seiner Wohnung zurück. Nachdem er Unterlagen und neue Kleidung eingepackt hat, reist er zu einer weiteren mehrtägigen Auswärtstätigkeit nach Kopenhagen (Dänemark) weiter. Er erreicht Kopenhagen um 23.00 Uhr. Die Übernachtungen - jeweils mit Frühstück - wurden vom Arbeitgeber im Voraus gebucht und bezahlt.

Für den Dienstag als Rückreisetag von Straßburg gilt eine Pauschale von 36 € und als Anreisetag nach Kopenhagen eine Pauschale von 50 €. Für Dienstag ist daher nur die höhere Verpflegungspauschale von 50 € anzusetzen. Aufgrund der Gestellung des Frühstücks im Rahmen der Übernachtung in Straßburg ist die Verpflegungspauschale um 15,00 € (20% der Verpflegungspauschale Kopenhagen für einen vollen Kalendertag: 75 €) auf 35,00 € zu kürzen.

Für die in der Bekanntmachung nicht erfassten Länder ist der für Luxemburg geltende Pauschbetrag maßgebend, für nicht erfasste Übersee- und Außengebiete eines Landes ist der für das Mutterland geltende Pauschbetrag maßgebend. Die Pauschbeträge für Übernachtungskosten sind ausschließlich bei Arbeitgebererstattungen anwendbar. Für den Werbungskostenabzug können nur die tatsächlich entstandenen Übernachtungskosten angesetzt werden.

Hinweis: Die Übersicht der Reisekostensätze stehen auf der Seite des BMF: Pauschbeträge für Auslandsreisen ab 1. Januar 2024

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| V C 5 – S 2353/19/10010 :005| 20-11-2023

24. November 2023 - Kommentare deaktiviert für Verdienstausfall: Ermäßigter Steuersatz bei Entschädigung

Verdienstausfall: Ermäßigter Steuersatz bei Entschädigung

Bei außerordentlichen Einkünften, die insgesamt in einem Veranlagungszeitraum bezogen wurden, kann die Einkommensteuer mit dem ermäßigten Steuersatz bemessen werden. Zu den begünstigten außerordentlichen Einkünften gehören auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden (§ 24 Nr. 1 EStG).

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin war aufgrund eines medizinischen Behandlungsfehlers so erheblich geschädigt worden, dass sie ihre Tätigkeit nur noch eingeschränkt ausüben konnte. Seitdem bezieht sie eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Nach einem Beschluss des Landgerichts schloss die Klägerin im Rechtsstreit gegen das Krankenhaus und die behandelnden Ärzte einen Vergleich, wonach

  • die Beklagten als Gesamtschuldner an die Klägerin einen Betrag in Höhe von … bezahlen und
  • die Beklagten sich verpflichteten, der Klägerin die von ihr aufgrund des Verdienstausfallschadens entrichteten Steuern gegen Nachweis zu erstatten.

Es bestand Einvernehmen, dass sich der Vergleichs- und Abfindungsbetrag aus einem Schmerzensgeld, einem Verdienstausfallschaden sowie aus sonstigen Kosten und Schäden zusammensetzt. In ihrer Einkommensteuererklärung gab die Klägerin die Verdienstausfallentschädigung als Versorgungsbezüge für mehrere Jahre an, die ermäßigt zu besteuern seien. Das Finanzamt berücksichtigte die Verdienstausfallentschädigung als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, die es nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrags dem Grundtarif unterwarf. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Verdienstausfallschaden ebenso wie die zu erstattenden Steuern im Jahr der Erstattung steuerpflichtig seien.

Ersatzleistungen umfassen nicht jede beliebige Art von Schäden, sondern nur die, die für die Abgeltung von erlittenen oder zu erwartenden Ausfällen an Einnahmen gezahlt werden. Zahlungen, die Ausgaben ausgleichen, gehören nicht dazu. Erleidet der Steuerpflichtige infolge einer schuldhaften Körperverletzung eine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit, kommt eine begünstigte Entschädigung also nur für Zahlungen in Betracht, die zivilrechtlich den Erwerbsschaden ausgleichen sollen. Nur insoweit wird Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen geleistet.

Außerordentliche Einkünfte werden grundsätzlich nur bejaht, wenn die begünstigten Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Keine Zusammenballung liegt vor, wenn eine Entschädigung in zwei oder mehr Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt.

Aufgrund des Vergleichs stand der Klägerin neben der Verdienstausfallentschädigung auch der Ersatz der hierauf anfallenden Steuern zu. Diese einheitliche Entschädigung floss der Klägerin in zwei Veranlagungszeiträumen zu. Somit fehlt es an der erforderlichen Zusammenballung von Einkünften in einem Veranlagungszeitraum. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nur einmalige Zuflüsse als außerordentliche Einkünfte anzusehen sind, liegt hier nicht vor.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Baden-Württemberg, 3 K 3132/20| 20-11-2023

24. November 2023 - Kommentare deaktiviert für Hybrid-Elektro-PKW: Privatnutzung ab 2024

Hybrid-Elektro-PKW: Privatnutzung ab 2024

Im Wachstumschancengesetz in der Fassung, die der Bundestag dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt hat, sind gegenüber dem ursprünglichen Entwurf weitere Änderungen vorgenommen worden, wie z. B. bei der Privatnutzung von Hybridelektro-Fahrzeugen. 

Bei der 1%-Regelung gilt Folgendes:
Bei E-Fahrzeugen, die nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2031 angeschafft wurden bzw. werden, ist die private Nutzung nur mit einem Viertel des Bruttolistenpreises anzusetzen, wenn das Kraftfahrzeug keine Kohlendioxidemission je gefahrenen Kilometer hat und der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 60.000 € (bei Anschaffungen ab dem 1.1.2024 nicht mehr als 70.000 €) beträgt.

Die Bemessungsgrundlage bei der Bewertung der Entnahme für die private Nutzung betrieblicher Elektrofahrzeuge, die Kohlendioxid ausstoßen und bei extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen, ist die private Nutzung nur mit der Hälfte des Bruttolistenpreises anzusetzen. Folgendes ist bei Fahrzeugen zu beachten, die

  • nach dem 31.12.2021 und vor dem 1.1.2025 angeschafft werden, dass das Fahrzeug, einen Kohlendioxidausstoß von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer hat oder die Reichweite des Fahrzeugs unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 60 Kilometer beträgt, oder
  • nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2031 angeschafft werden, dass das Fahrzeug einen Kohlendioxidausstoß von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer hat; die bisher vorgesehene Alternative einer elektrischen Mindestreichweite des Fahrzeugs von mindestens 80 Kilometern entfällt.

Bei der Anwendung der Fahrtenbuchmethode gilt Folgendes: 
Die Bemessungsgrundlage bei der Bewertung der Entnahme für die private Nutzung betrieblicher Elektrofahrzeuge, die Kohlendioxid ausstoßen und bei extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen, ist die private Nutzung nur mit der Hälfte der entstandenen Aufwendungen (die Anschaffungskosten für das Kraftfahrzeug oder vergleichbare Aufwendungen, z. B. Leasingraten) nur zur Hälfte zu berücksichtigen, wenn das Fahrzeug einen Kohlendioxidausstoß von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer hat. Ab 2025 entfällt die bisher vorgesehene Alternative einer elektrischen Mindestreichweite des Fahrzeugs von mindestens 80 Kilometern.

Das gilt für Fahrzeuge, die nach dem 31.12.2024 angeschafft werden und ist entsprechend bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer anzuwenden.

Quelle:EStG| Gesetzesänderung| § 6 Abs. 1 EStG gem. Wachstumschancengesetz – Entwurf| 23-11-2023

24. November 2023 - Kommentare deaktiviert für Verpflegungspauschale: Erhöhung ab 2024 auf 32 €

Verpflegungspauschale: Erhöhung ab 2024 auf 32 €

Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf des Wachstumschancengesetzes sind in der Fassung, die der Bundestag dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt hat, Änderungen enthalten, die erst Inkrafttreten können, nachdem der Bundesrat zugestimmt hat. 

Wird ein Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit) kann er seine Mehraufwendungen für Verpflegung nur in Höhe der gesetzlich festgelegten Verpflegungspauschalen als Werbungskosten abziehen. Die als Werbungskosten abzugsfähigen inländischen Verpflegungspauschalen sollen ab 2024 für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, von 28 € auf 32 € angehoben (bisher: von 28 € auf 30 €). Die als Werbungskosten abzugsfähigen inländischen Verpflegungspauschalen für den An- oder Abreisetag werden von jeweils 14 € auf 16 € (statt 15 €) angehoben. 

Die inländischen Verpflegungspauschalen werden auch für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, ebenfalls von 14 € auf 16 € angehoben. Die erhöhte Verpflegungspauschale gilt entsprechend auch für Selbstständige und Unternehmer. 

Fazit: In der nunmehr vorliegenden Fassung, über die der Bundesrat zu entscheiden hat, werden ab 2024 die abzugsfähigen von 28 € auf 32 € bzw. von 14 € auf 16 € angehoben.

Neu ist: dass die Pauschale für die Übernachtung in einem Kraftfahrzeug (LKW) während einer auswärtigen Tätigkeit des Arbeitnehmers von bisher 8 € ab 2024 auf 9 € erhöht wird. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer für die auswärtige Tätigkeit eine Verpflegungspauschale beanspruchen kann.

Quelle:Sonstige| Sonstige| Artikel 5 des Wachstumschancengesetzes - Entwurf| 23-11-2023

3. November 2023 - Kommentare deaktiviert für Vorläufige Festsetzung des Solidaritätszuschlags

Vorläufige Festsetzung des Solidaritätszuschlags

Eine Klage, mit der die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags geltend gemacht wird ist nicht sinnvoll, weil das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Das gilt, wenn die Festsetzung in diesem Punkt vorläufig ist und beim Bundesverfassungsgericht bereits ein einschlägiges Musterverfahren anhängig ist. Klagen beim Finanzgericht und Revisionen beim BFH sind daher unzulässig.

Praxis-Beispiel:
Das Finanzamt setzte Vorauszahlungen zum Solidaritätszuschlag vorläufig hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags fest und verwies auf die beim BVerfG seit dem 24.08.2020 anhängige Verfassungsbeschwerde (Az. 2 BvR 1505/20). Das Finanzamt nahm auch Bezug auf das BMF-Schreiben vom 4.1.2021 und führte aus, dass der Vorläufigkeitsvermerk auch die Frage erfasse, ob die fortgeltende Erhebung des Solidaritätszuschlags nach Auslaufen des Solidarpakts II zum 31.12.2019 verfassungsgemäß sei. Im Übrigen wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Die Kläger haben gegen die Einspruchsentscheidung Klage beim Finanzgericht erhoben. Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab.

Der BFH hat entschieden, dass wegen des Vorläufigkeitsvermerks bei der Klage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, sodass die Klage von Beginn an unzulässig war. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Steuerbescheid in dem verfassungsrechtlichen Streitpunkt vorläufig ergangen ist, diese Streitfrage sich in einer Vielzahl von im Wesentlichen gleich gelagerter Verfahren (Massenverfahren) stellt und ein nicht von vornherein aussichtsloses Musterverfahren beim BVerfG anhängig ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, muss ein Steuerpflichtiger im Allgemeinen die Klärung der Streitfrage in dem Musterverfahren abwarten, weil er dadurch keine unzumutbaren Rechtsnachteile erleidet.

Fazit: Es macht keinen Sinn, Einspruch oder Klage zu erheben, wenn die Festsetzung des Solidaritätszuschlags vorläufig ist.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 9/22| 25-09-2023

3. November 2023 - Kommentare deaktiviert für Stiefkinder: Kindergeld auch ohne Fortbestand der Ehe

Stiefkinder: Kindergeld auch ohne Fortbestand der Ehe

Das Kind des Ehegatten kann auch nach Auflösung der Ehe mit dem leiblichen Elternteil beim Stiefelternteil berücksichtigt werden. Zu den Stiefkindern gehören auch Kinder des Ehegatten bzw. Lebenspartners beziehungsweise des verstorbenen oder geschiedenen Ehegatten bzw. Lebenspartners, und zwar unabhängig davon, ob diese Kinder "durchgehend" im Haushalt des Stiefelternteils verbleiben.

Praxis-Beispiel:
Das Kind, für das Kindergeld beantragt wurde, entstammt den leiblichen Eltern, deren Ehe aufgelöst wurde. Die Klägerin lebte in einer Beziehung mit der leiblichen Mutter des Kindes in einem gemeinsamen Haushalt. Es bestand eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Im gemeinsamen Haushalt lebten neben den beiden leiblichen Kindern der Klägerin auch die beiden leiblichen Kinder der Lebenspartnerin, die mit Eintragung der Lebenspartnerschaft Stiefkinder der Klägerin wurden. Später trennten sich die Klägerin und ihre Lebenspartnerin. In diesem Zusammenhang zog die Lebenspartnerin mit ihren beiden leiblichen Kindern aus.

Ein Kind der Lebensgefährtin zog im Jahr 2019 zunächst zu ihrem Vater. Später hat der Vater einer Rückkehr des Kindes in den Haushalt der Klägerin zugestimmt, woraufhin das Kind zur Klägerin (= Stiefmutter) zog und dort mit alleinigem Wohnsitz lebt. Gegenüber der Familienkasse hat der Kläger der Auszahlung des Kindergeldes an die Klägerin zugestimmt. Am 8.11.2022 stellte die Klägerin bei der Familienkasse einen Antrag auf Gewährung von Kindergeld ab November 2022. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass das Kind der ehemaligen Lebensgefährtin nicht als Stiefkind berücksichtigt werden könne, weil die Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht.

Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch, weil das Stiefkindschaftsverhältnis weiter bestehe und nicht vom Bestand der Ehe oder Lebenspartnerschaft abhängig sei. Es bestehe vielmehr weiter, auch wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft geschieden oder aufgelöst werde.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass auch die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenom-menen Kinder seines Ehegatten als Kinder (Stiefkinder) berücksichtigt werden (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Das Finanzgericht legt diese Vorschrift so aus, dass zu den Kindern des Ehegatten bzw. Lebenspartners auch die Kinder des verstorbenen oder geschiedenen Ehegatten bzw. Lebenspartners zählen, und zwar unabhängig davon, ob diese „durchgehend“ im Haushalt des Stiefelternteils verbleiben.

Sachliche Gründe für eine Benachteiligung von Stiefelternteil/Stiefkind im Kindergeldrecht sind nicht ersichtlich, zumal dieses in besonderer Weise zur Sicherung des Kindeswohls ausgelegt ist. Etwaigen Besonderheiten bei der Abgrenzung der Kindergeldberechtigung zwischen verschiedenen Berechtigten wird insbesondere durch das Kriterium der „Haushaltsaufnahme“ Rechnung getragen.

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Stiefkinder auch nach Auflösung der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft weiterhin berücksichtigungsfähig sind, bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| 13 K 254/23| 03-08-2023

27. Oktober 2023 - Kommentare deaktiviert für Fortbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses

Fortbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses

Bei den Aufwendungen für den Besuch eines Meisterkurses handelt es sich Fortbildungskosten, die als Werbungskosten abziehbar sind. Ein steuerfreier Zuschuss zu der Bildungsmaßnahme mindert die Werbungskosten, weil insoweit das Zu- und Abflussprinzip nicht gilt. Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind, sind mit den tatsächlichen Kosten (0,30 € je gefahrenen Kilometer) als Werbungskosten abziehbar. Die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind nur mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen, die regelmäßig niedriger ist als die tatsächlichen Fahrtkosten sind. Die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen ist daran gebunden, dass der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte tätig wird. 

Praxis-Beispiel:
Der Kläger absolvierte einen Meistervorbereitungskurs und legte im Anschluss die Meisterprüfung erfolgreich ab. Er besuchte außerhalb seines Dienstverhältnisses eine Bildungseinrichtung zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung. Eine derartige Vollzeitbildungsmaßnahme gilt dann als erste Tätigkeitsstätte. Eine Bildungsstätte wird "außerhalb des Dienstverhältnisses" aufgesucht, wenn der Besuch nicht auf einer Weisung des Arbeitsgebers als Ausfluss dessen Direktionsrechts beruht und der Arbeitgeber sich auch ansonsten nicht wesentlich organisatorisch oder finanziell an der Bildungsmaßnahme beteiligt. Da dies der Fall war, hat das Finanzamt nur die Entfernungspauschale berücksichtigt und einen Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen abgelehnt.

Das Finanzgericht hat die vom Kläger besuchte Einrichtung für den Meistervorbereitungskurs als erste Tätigkeitsstätte beurteilt. Der Ansatz von Fahrtkosten, der über die Entfernungspauschale hinausgeht, scheidet aus, weil die Lehrgangszeiten außerhalb des Dienstverhältnisses stattfanden und somit beim Arbeitgeber während dieser Zeit keine erste Tätigkeitsstätte vorlag. Bei Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte kommt die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers nicht in Betracht.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Niedersachsen, 4 K 20/23| 19-09-2023

20. Oktober 2023 - Kommentare deaktiviert für Häusliches Arbeitszimmer im Betriebsvermögen

Häusliches Arbeitszimmer im Betriebsvermögen

Betrieblich genutzte Gebäudeteile, die im Eigentum des Unternehmers stehen, sind eigenständige Wirtschaftsgüter, die zum Betriebsvermögen gehören können. Bei der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen spielt es keine Rolle, ob und inwieweit die Aufwendungen für den betrieblich genutzten Raum als Betriebsausgaben abgezogen werden können. 

Stille Reserven, die sich im Betriebsvermögen gebildet haben, werden bei einer späteren Entnahme bzw. bei einem späteren Verkauf der Immobilie gewinnerhöhend aufgelöst. Vergleichswert ist immer der Buchwert, sodass nicht nur Wertsteigerungen zu stillen Reserven führen, sondern auch die Abschreibungen, die Unternehmer und Freiberufler Jahr für Jahr in Anspruch nehmen. Das bedeutet, dass bei einem Verkauf oder einer Entnahme die Abschreibungen de facto wieder rückgängig gemacht werden. 

Fazit: Es ist in der Regel wesentlich vorteilhafter, wenn das häusliche Arbeitszimmer nicht als Betriebsvermögen behandelt werden muss.
In den folgenden Fällen gehört das häusliche Arbeitszimmer nicht zum Betriebsvermögen:

  • Eigentümer des bebauten Grundstücks ist der Ehegatte des Unternehmers. Hier empfiehlt sich ein Mietvertrag zwischen den Ehegatten.
  • Wenn beide Ehegatten Eigentümer sind, gehört nur der Anteil des Unternehmer-Ehegatten zum Betriebsvermögen, nicht aber der Eigentumsanteil, der dem anderen Ehegatten gehört. Auch hier kann insoweit ein Mietvertrag zwischen den Ehegatten sinnvoll sein.
  • Der anteilige Gebäude- und Grundstückswert überschreitet nicht die Bagatellgrenze des § 8 EStDV. Das ist der Fall, wenn der anteilige Gebäude- und Grundstückswert nicht mehr als 1/5 des gemeinen Werts (Marktwerts) und nicht mehr als 20.500 € beträgt. Der Unternehmer kann dann auf eine Zuordnung zum Betriebsvermögen verzichten.

Nutzt der Unternehmer oder Freiberufler erstmalig ein häusliches Arbeitszimmer, muss er prüfen, ob es zu seinem Betriebsvermögen gehört. Ist das der Fall, muss er diesen Gebäudeteil mit dem Teilwert, der in der Regel dem Marktwert entspricht, ins Betriebsvermögen einlegen. Wird die Bagatellgrenze nicht überschritten, kann der Unternehmer auf eine Zuordnung zum Betriebsvermögen verzichten. Ob die Wertgrenzen überschritten wurden, ist zu jedem Bilanzstichtag zu überprüfen.

Wird der Bagatellwert überschritten, ist der anteilige Gebäude- und Grundstückswert zwingend in das Betriebsvermögen einzulegen. Die Einlage erfolgt mit dem Teilwert, höchstens mit den fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten, wenn das Grundstück innerhalb der letzten 3 Jahre angeschafft oder hergestellt wurde. Sinkt der anteilige Gebäude- und Grundstückswert und beträgt er nicht mehr als 1/5 des Marktwerts und nicht mehr als 20.500 € kann er aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen entnommen werden. Der Unternehmer muss die Entnahme tatsächlich vollziehen, das heißt, er bucht den anteilige Gebäude- und Grundstückswert als Entnahme und weist ihn nicht mehr im Anlageverzeichnis aus. 

Tipp: Da stille Reserven bei Betriebsaufgabe oder Verkauf der Immobilie besteuert werden, ist es sinnvoll, eine Zuordnung zum Betriebsvermögen zu vermeiden. Anderenfalls kann - insbesondere bei teuren Wohnlagen - aufgrund von Preissteigerungen die Entnahme zu einer beachtlichen Steuerbelastung führen. Sind beide Ehegatten Eigentümer, wird nur der Eigentumsanteil des Unternehmers erfasst.

Hinweis zur Betriebsaufgabe: Auf Antrag wird ein Veräußerungsgewinn nur zur Einkommensteuer herangezogen, soweit er 45.000 € übersteigt (§ 16 Abs. 4 EStG). Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Der Freibetrag wird nur einmal gewährt und ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 € übersteigt.

Quelle:Sonstige| Gesetzliche Regelung| § 8 EStDV| 19-10-2023

20. Oktober 2023 - Kommentare deaktiviert für Pflegewohngemeinschaft: Außergewöhnliche Belastung

Pflegewohngemeinschaft: Außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für die krankheits-, pflege- und behinderungsbedingte Unterbringung in einer Pflegewohngemeinschaft, die dem jeweiligen Landesrecht unterliegt, sind steuermindernd als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 100) und pflegebedürftig (Pflegegrad 4). Er wohnte gemeinsam mit anderen pflegebedürftigen Menschen in einer Pflegewohngemeinschaft, deren Errichtung und Unterhaltung dem Wohn- und Teilhabegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen unterfiel. Dort wurde er rund um die Uhr von einem ambulanten Pflegedienst und Ergänzungskräften betreut, gepflegt und hauswirtschaftlich versorgt. Die Aufwendungen für die Unterbringung (Kost und Logis) in der Pflegewohngemeinschaft machte er als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab, da diese Aufwendungen nur bei einer vollstationären Heimunterbringung abzugsfähig seien.

Der BFH stellt klar, dass Aufwendungen für die krankheits- oder pflegebedingte Unterbringung in einer dafür vorgesehenen Einrichtung grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind. Dies gilt nicht nur für Kosten der Unterbringung in einem Heim im Sinne des § 1 HeimG, sondern auch für Kosten der Unterbringung in einer Pflegewohngemeinschaft, die dem jeweiligen Landesrecht unterfällt.

Ausschlaggebend ist allein, dass die Pflegewohngemeinschaft ebenso wie das Heim in erster Linie dem Zweck dient, ältere oder pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderung aufzunehmen und ihnen Wohnraum zu überlassen, in dem die notwendigen Betreuungs-, Pflege- und Versorgungsleistungen erbracht werden. Die Abzugsfähigkeit der Unterbringungskosten hängt nicht davon ab, dass dem Steuerpflichtigen (wie bei der vollstationären Heimunterbringung) Wohnraum und Betreuungsleistungen "aus einer Hand" zur Verfügung gestellt werden. Ausreichend ist, wenn er als (Mit-)Bewohner einer Pflegewohngemeinschaft neben der Wohnraumüberlassung von einem oder mehreren externen (ambulanten) Leistungsanbietern (gemeinschaftlich organisiert) Betreuungs-, Pflege- und Versorgungsleistungen in diesen Räumlichkeiten bezieht.

Allerdings sind die Kosten, auch wenn sie krankheits- oder pflegebedingt anfallen, nur insoweit abzugsfähig, als sie zusätzlich zu den Kosten der normalen Lebensführung anfallen. Deshalb sind die tatsächlich angefallenen Unterbringungskosten um eine sogenannte Haushaltsersparnis zu kürzen. Deren Höhe bestimmt der BFH im Wege der Schätzung nach dem steuerlich abziehbaren Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen. Das waren 8.652 € im Streitjahr 2016.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 40/20| 09-08-2023

13. Oktober 2023 - Kommentare deaktiviert für Häusliches Arbeitszimmer: Mittelpunkt 

Häusliches Arbeitszimmer: Mittelpunkt 

Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung können entweder die tatsächlichen Aufwendungen, die auf das häusliche Arbeitszimmer entfallen, abgezogen werden oder anstelle der tatsächlichen Aufwendungen ein pauschaler Betrag von 1.260 € (Jahrespauschale). Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1.260 € um ein Zwölftel.

Es kommt also entscheidend darauf an, wo sich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung befindet. Ein häusliches Arbeitszimmer bildet den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse dort die Handlungen vorgenommen und Leistungen erbracht werden, die für die konkret ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit wesentlich und prägend sind. Dabei sind nur solche Einkünfte zu berücksichtigen, die grundsätzlich ein Tätigwerden des Steuerpflichtigen im jeweiligen Veranlagungszeitraum erfordern, z. B. bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Praxis-Beispiel:
Ein Rentner bzw. pensionierter Beamter ist journalistisch und schriftstellerisch für verschiede Verlage tätig. Seine Rente bzw. Pension ist bei den sonstigen Einkünften bzw. bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen. Seine freiberufliche schriftstellerische und journalistische Tätigkeit übt er im häuslichen Arbeitszimmer aus. Er kann seine tatsächlichen Aufwendungen, die auf das häusliche Arbeitszimmer entfallen, oder einen pauschalem Jahresbetrag von 1.260 € als Betriebsausgaben geltend machen, weil das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung ist.

Fazit: Da Versorgungsbezüge (wie z. B. Renten oder Pensionen) unberücksichtigt bleiben, bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, sodass der Betriebsausgabenabzug nicht eingeschränkt ist.

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 6 - S 2145/19/10006 :027| 16-08-2023

6. Oktober 2023 - Kommentare deaktiviert für Zuwendungsnießbrauch an minderjährige Kinder

Zuwendungsnießbrauch an minderjährige Kinder

Es liegt kein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn die Einkunftsquelle „Vermietung und Verpachtung“ zeitlich befristet durch die unentgeltliche Bestellung eines Nießbrauchs übertragen wird, wenn demjenigen, der den Nießbrauch zuwendet, abgesehen von der Verlagerung der Einkunftsquelle, kein weiterer steuerlicher Vorteil entsteht.

Praxis-Beispiel:
Im Jahr 2015 erwarben die Eltern zweier Kinder ein bebautes Gewerbegrundstück zu hälftigem Miteigentum. Das Grundstück war teilweise an eine GmbH und im Übrigen an einen weiteren Gewerbebetrieb vermietet. Vater und Mutter waren Alleingesellschafter und -geschäftsführer der GmbH. Die Eltern vermieteten das gesamte Grundstück an die GmbH, die es zu 75% bis 80% an den dort ansässigen Gewerbebetrieb weitervermietete. Die mit der GmbH vereinbarte Miete hat in 2016 (ohne Umsatzsteuer) 4.000 € pro Monat betragen und 4.200 € pro Monat ab 2017. Durch die Untervermietung erzielte die GmbH Einnahmen von 3.000 € pro Monat.

Mit notariellem Vertrag räumten die Eltern für die Zeit vom 1.1.2016 bis zum 31.12.2023 ihren Kindern gemeinschaftlich den unentgeltlichen Nießbrauch an dem Grundstück ein. Die Vermieterstellung sollte für die Dauer des Nießbrauchs auf den Nießbraucher übergehen und danach an den Eigentümer zurückfallen. Der Vater stimmte für die Mieterin den Vermieterwechseln zu. Der vom Amtsgericht bestellte Ergänzungspfleger genehmigte die von den Eltern für die Kinder im Vertrag abgegebenen Erklärungen. Daraufhin wurde der Nießbrauch im Grundbuch eingetragen. Dennoch rechnetet das Finanzamt die Vermietungseinkünfte nicht den Kindern, sondern deren Eltern persönlich zu und lehnte deshalb die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte ab.

Der BFH hat entschieden, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung den nießbrauchberechtigten Kindern persönlich zuzurechnen und gesondert und einheitlich festzustellen sind. Der Nießbraucher erzielt die Einkünfte aus deren Vermietung, wenn er im Außenverhältnis selbst als Vermieter in Erscheinung tritt. Auch ein (befristetes) schuldrechtliches Nutzungsrecht kann zur Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung führen.

Bestellen Eltern ihren minderjährigen Kindern den Nießbrauch an einem bebauten Grundstück, können die Kinder nur dann Einkünfte aus Vermietung erzielen, wenn zu ihren Gunsten ein bürgerlich-rechtlich wirksames Nutzungsrecht begründet worden ist. Da der Nießbrauch bürgerlich-rechtlich wirksam begründet worden ist, haben die Kinder den objektiven Tatbestand der Vermietung erfüllt. 

Ein Gestaltungsmissbrauch liegt nicht vor, wenn das minderjährige Kind die Immobilie, die ihm als Nießbraucher zur Nutzung überlassen wurde, an fremde Dritte vermietet. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind dann dem Kind zuzurechnen. Es handelt sich nicht um einen Fall des Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. 

Eine auch nur befristete Übertragung der Einkunftsquelle ist nicht missbräuchlich, wenn diese nicht zugleich dazu dient, nicht abziehbare Unterhaltsleistungen in den Bereich der Einkünfte zu verlagern. Es ist unschädlich, wenn die Übertragung der Erfüllung einer Unterhaltspflicht dient. Die Entscheidung der Eltern, ob sie ihren Kindern Barunterhalt leisten oder ihnen (vorübergehend) eine Einkunftsquelle zuwenden, ist steuerlich grundsätzlich zu beachten. Gleiches gilt, wenn Eltern ihren Kindern einen Vorteil zuwenden wollen, ohne zum Unterhalt in Geld verpflichtet zu sein. Ergibt sich bei einer Gesamtbetrachtung aufgrund dieser Situation ein steuerlicher Vorteil, so ist dies die Folge des steuerlich anzuerkennenden Sachverhalts und insofern gesetzlich "vorgesehen". Die Begrün-dung des Nießbrauchs bewirkt hier lediglich eine Übertragung der Einkunftsquelle. Die Vermietungseinkünfte werden nicht mehr vom Eigentümer (den Eltern), sondern von den Nießbrauchern, den Kindern, erzielt.

Fazit: Ein weiterer steuerlicher Vorteil entsteht nicht, weil keine steuerlich unbeachtlichen Unterhaltsaufwendungen in den Bereich der Einkünfte verlagert werden. Die GmbH konnte die Geschäftsraummiete auch vor Begründung des Nießbrauchs als Betriebsausgabe abziehen. Durch die Zuwendung der Einkunftsquelle erwächst den Eltern, von der Verlagerung der Einkünfte abgesehen, gegenüber der Zuwendung von versteuertem Einkommen kein steuerlicher Vorteil.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 8/22| 19-06-2023

6. Oktober 2023 - Kommentare deaktiviert für Private Nutzung eines GmbH-Firmenwagens

Private Nutzung eines GmbH-Firmenwagens

Überlasst eine GmbH ihrem Gesellschafter einen Firmenwagen, kann dies im Rahmen eines

  • Arbeitsverhältnisses oder
  • mit einem Mietvertrag

geschehen. Wird der GmbH-Firmenwagen ohne Arbeitsverhältnis oder Mietvertrag durch einen Gesellschafter privat genutzt, ist von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen. 

Nutzung eines GmbH-Firmenwagens ohne Arbeitsverhältnis
Nutzt ein Gesellschafter einen Firmenwagen der GmbH auch für private Fahrten, ist in der Regel von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen. Die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung muss individuell ermittelt werden. Der Nutzungsvorteil ist nach Fremdvergleichsmaßstäben zu bewerten, was in der Regel zum Ansatz des gemeinen Wertes führt und damit einen angemessenen Gewinnaufschlag einbezieht. Um den gemeinen Wert der privaten Nutzung zu ermitteln, sind die anteiligen fixen und variablen Kosten zugrunde zu legen. Wird kein Fahrtenbuch geführt, sind der private Anteil der fixen und variablen Kosten ebenso wie eine erzielbare Vergütung zu schätzen. 

Nutzt der Gesellschafter den Firmenwagen, der ihm überlassen wurde, auch privat, obwohl im Arbeitsvertrag die private Nutzung ausgeschlossen wurde, ist von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen. Es gibt auch Fälle, in denen einem Gesellschafter ein Firmenwagen für betriebliche und private Fahrten überlassen wird, ohne dass ein Arbeitsverhältnis besteht (z. B., weil neben einem bereits bestehenden Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber kein weiteres Arbeitsverhältnis begründet werden darf). Besteht kein Arbeitsverhältnis ist ebenfalls von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen.

Bemessungsgrundlage für eine verdeckte Gewinnausschüttung ist das Nutzungsentgelt, das bei einer Vermietung üblicherweise erzielbar ist. Nach dem BMF-Schreiben aus 2012 kann aus Vereinfachungsgründen die private Nutzung auch mithilfe der 1%-Methode ermittelt werden. Bei der Ermittlung der verdeckten Gewinnausschüttung kann jedoch der auf 25% bzw. 50% herabgesetzte Bruttolistenpreis bei Elektro-Fahrzeugen bzw. bei Hybrid-Elektro-Fahrzeugen nicht angesetzt werden.

Überlassung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses
Darf der Gesellschafter einer GmbH den Firmenwagen im Rahmen eines Arbeitsvertrags mit seiner GmbH auch zu privaten Fahrten nutzen, kann die gesetzlich vorgeschriebene 1%-Regelung angewendet werden. Die besonderen Regelungen für Elektro-Fahrzeuge bzw. Hybrid-Elektro-Fahrzeuge sind anwendbar, weil es sich um eine gesetzliche Regelung handelt, die hier anwendbar ist. Die Reduzierung des Bruttolistenpreises auf 25% bzw. 50% bei Elektro-Fahrzeugen bzw. Hybrid-Elektro-Fahrzeugen ist eine Vergünstigung, die ertragsteuerlich nicht aber umsatzsteuerlich anzuwenden ist.

Fazit: Die Ermittlung des Nutzungsvorteils nach Fremdvergleichsmaßstäben ist nicht nur schwierig, sondern würde in der Praxis zu vielfältigen Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt führen. Im Schreiben von 2012 führt das BMF daher aus, dass als Bemessungsgrundlage für eine verdeckte Gewinnausschüttung das Nutzungsentgelt anzusetzen ist, das bei einer Vermietung üblicherweise erzielbar ist. Aber aus Vereinfachungsgründen kann die private Nutzung auch mithilfe der 1%-Methode ermittelt werden. Das bedeutet somit, dass die zeitlich begrenzten Sonderregelungen für Elektro-Fahrzeuge bzw. Hybrid-Elektro-Fahrzeuge nicht anwendbar sein können. Die Reduzierung des Bruttolistenpreises auf 25% bzw. 50% ist eine Vergünstigung, die bei der Bewertung einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht berücksichtigt werden kann. 

Tipp: Da der Nutzungsvorteil nach Fremdvergleichsmaßstäben zu ermitteln ist, kann die 1%-Methode, die die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen für anwendbar erklärt hat, nur vom vollen Bruttolistenpreis berechnet werden. Diese Vereinfachungsregelung führt regelmäßig zu einem vorteilhaften Ergebnis, das von Finanzgerichten wegen des Verbots der Verböserung nicht rückgängig gemacht werden kann.

Quelle:Sonstige| Sonstige| Zusammenfassung unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung und BMF-Schreiben| 05-10-2023

29. September 2023 - Kommentare deaktiviert für Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben

Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben

Der Steuerpflichtige kann 30% des Entgelts, das er für den Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule, die sein Kind besucht, als Sonderausgaben geltend machen, höchstens 5.000 €. Nicht abziehbar ist das Entgelt für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung. Ob die schulrechtlichen Kriterien vorliegen, entscheidet grundsätzlich das zuständige inländischen Landesministerium (z. B. Schul- oder Kultusministerium), die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) oder die zuständige inländische Zeugnisanerkennungsstelle. Die Finanzverwaltung ist an deren Entscheidung gebunden.

Der Besuch einer anderen Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss ordnungsgemäß vorbereitet, steht einem Schulbesuch in diesem Sinne gleich. Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich. Der Höchstbetrag wird für jedes Kind, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, je Elternpaar nur einmal gewährt.

Im Zweifel hat der Steuerpflichtige dem Finanzamt den Nachweis der Schulform zu liefern. Ein solcher Nachweis soll aber nur gefordert werden, wenn ernstliche Zweifel begründet sind, dass es sich um eine Schule in freier Trägerschaft oder um eine überwiegend privat finanzierte Schule handelt (z. B. bei außergewöhnlich niedrigen Zahlungen an die Schule).

Für die Anerkennung des Sonderausgabenabzugs kommt es allein darauf an, wer das Schulgeld wirtschaftlich getragen hat. Schulgeldzahlungen können daher bei den Eltern auch dann berücksichtigt werden, wenn deren unterhaltsberechtigtes Kind selbst Vertragspartner der Schule ist. Von der erforderlichen Unterhaltsberechtigung des Kindes ist auszugehen, wenn die Eltern für das Kind Kindergeld bzw. einen Kinderfreibetrag erhalten.

Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt.

Quelle:Sonstige| Sonstige| Vfg. des Bay. Landesamts für Steuern, S 2221.1.1 . 8/161 St 36| 15-06-2023

22. September 2023 - Kommentare deaktiviert für Kinderbetreuung: Abzug der Aufwendungen

Kinderbetreuung: Abzug der Aufwendungen

Frage aus der Praxis: 
Meine Eltern betreuen unsere Kinder. Müssen die Eltern bei der Minijobzentrale als Minijobber angemeldet werden?

Antwort:
Zwei Drittel der Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes, sind steuerlich abziehbar, höchstens 4.000 € je Kind (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Es kann auch ein Arbeitsverhältnis, z. B. ein Minijob, vereinbart werden. In diesem Fall ersetzt der schriftliche Arbeitsvertrag die Rechnung. Die Lohnzahlung muss ebenfalls unbar erfolgen, also auf das Konto des Arbeitnehmers überwiesen werden.

Ein Minijob, der bei der Bundesknappschaft als Minijobber anzumelden ist, liegt nur dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis begründet wird. Ein Arbeitsverhältnis kann nur mit einer Einzelperson begründet werden, also nicht mit den Eltern, sondern nur mit jeweils einem Elternteil bzw. mit jedem Elternteil getrennt. Es ist allerdings zu prüfen, ob überhaupt ein Arbeitsverhältnis vorliegt.

Ein Arbeitsverhältnis liegt vor, wenn der Beschäftigte dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Wer Arbeitnehmer ist, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen.

Für eine Arbeitnehmereigenschaft können insbesondere folgende Merkmale sprechen:

  • persönliche Abhängigkeit,
  • Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit,
  • feste Arbeitszeiten,
  • Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort,
  • feste Bezüge,
  • Urlaubsanspruch,
  • Anspruch auf sonstige Sozialleistungen,
  • Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall,
  • Überstundenvergütung,
  • zeitlicher Umfang der Dienstleistungen,
  • Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit,
  • kein Unternehmerrisiko,
  • keine Unternehmerinitiative,
  • kein Kapitaleinsatz,
  • keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln,
  • Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern,
  • Eingliederung in den Betrieb,
  • Schulden der Arbeitskraft und nicht des Arbeitserfolgs,
  • Ausführung von einfachen Tätigkeiten, die regelmäßig weisungsabhängig sind.

Diese Merkmale ergeben sich regelmäßig aus dem der Beschäftigung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt sind und tatsächlich durchgeführt werden. Ein Arbeitsverhältnis liegt in der Regel noch nicht vor, wenn der eine oder andere Punkt erfüllt ist. Die einzelnen Punkte haben ein unterschiedliches Gewicht. Es ist aber auch nicht erforderlich, dass sämtliche Kriterien erfüllt sind. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall, wobei die Weisungsgebundenheit ein entscheidendes Kriterium für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses ist.

Fazit: Voraussetzung für einen Minijob ist, dass die Leistungen ebenso wie der Arbeitslohn im Arbeitsvertrag klar und eindeutig vereinbart sind und dem entsprechen, was zwischen Fremden üblich ist. Ein Arbeitsverhältnis mit den jeweiligen Großelternteilen wird regelmäßig nicht vorliegen, wenn die Betreuung der Kinder jeweils nach Bedarf erfolgt.

Quelle:EStG| Gesetzliche Regelung| § 10 Abs. 1 Nr. 5| 21-09-2023

22. September 2023 - Kommentare deaktiviert für Erstattungszinsen: Rückzahlung

Erstattungszinsen: Rückzahlung

Werden Erstattungszinsen zur Einkommensteuer zugunsten des Steuerpflichtigen festgesetzt und ausgezahlt, handelt es sich um Einnahmen aus Kapitalvermögen, die der Besteuerung unterliegen. Rückzahlungen dieser Zinsen an das Finanzamt aufgrund einer erneuten Zinsfestsetzung führen zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen. Das Entstehen negativer Einnahmen setzt allerdings voraus, dass die vom Steuerpflichtigen zu zahlenden Zinsen auf denselben Unterschiedsbetrag und denselben Verzinsungszeitraum entfallen wie die aufgrund der früheren Zinsfestsetzung erhaltenen Erstattungszinsen.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger erklärte bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen negative Einnahmen aus der Rückzahlung von Erstattungszinsen zur Einkommensteuer von insgesamt minus 32.743 €. Das Finanzamt erkannte die von dem Kläger gezahlten Zinsen nur noch insoweit als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen an, als diese auf denselben Unterschiedsbetrag und denselben Verzinsungszeitraum entfielen wie die Zinsen, die zuvor vom Finanzamt festgesetzt wurden. Im Übrigen behandelte das Finanzamt die gezahlten Beträge als nicht abzugsfähige Nachzahlungszinsen.

Der BFH hat entschieden, dass Erstattungszinsen bei der Einkommensteuer als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen sind. Im Gegensatz dazu wird die Begleichung von Nachzahlungszinsen der steuerlich unbeachtlichen Sphäre der Verwendung von Einkünften zugewiesen. Konsequenz ist, dass aufgrund dieser Unterscheidung nicht jede Rückzahlung, die durch eine geänderte Zinsfestsetzung ausgelöst wird, zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen führt. 

Negative Einnahmen liegen nur dann vor, wenn die Rückzahlung der Zinseinnahmen durch das der Auszahlung zugrundeliegende Rechtsverhältnis veranlasst ist, es also zu einer Rückabwicklung der früheren Zinszahlung kommt.

Quelle:BFH| Beschluss| VIII R 8/21| 31-07-2023

15. September 2023 - Kommentare deaktiviert für Häusliches Arbeitszimmer/Homeoffice

Häusliches Arbeitszimmer/Homeoffice

Bei einer Tätigkeit, die zuhause ausgeübt wird, gibt es zwei Kategorien, die sich grundlegend unterscheiden:

  1. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer:
    Die Aufwendungen können uneingeschränkt als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung ist. Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen kann ohne Nachweis ein pauschaler Betrag von 1.260 € (Jahrespauschale) geltend gemacht werden.
  2. Es ist kein häusliches Arbeitszimmer vorhanden:
    Liegt kein getrenntes häusliches Arbeitszimmer vor oder ist es nicht der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, kann eine Homeoffice-Pauschale von 6 € für jeden Kalendertag (höchstens 1.260 € im Jahr) abgezogen werden, wenn

    • die Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird (1. Variante), oder
    • dem Steuerpflichtigen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sodass er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit auch in der häuslichen Wohnung ausübt (2. Variante).

1. Variante: Bei der Homeoffice-Pauschale von 6 € für jeden Kalendertag kommt es nicht darauf an, ob dem Steuerpflichtigen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Eine Auswärtstätigkeit am selben Tag ist unschädlich, wenn der Steuerpflichtige an diesem Tag seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausübt. „Überwiegend“ ist eine zeitliche Bestimmung, d.h. es muss mehr als die Hälfte der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit in der häuslichen Wohnung verrichtet werden. 

Die Tagespauschale beträgt 6 € pro Kalendertag, höchstens 1.260 € im Wirtschafts- oder Kalenderjahr. Mit ihr sind alle Aufwendungen abgegolten, die dem Steuerpflichtigen durch die betriebliche oder berufliche Betätigung in der häuslichen Wohnung entstehen. Die Aufwendungen für Arbeitsmittel sind davon nicht umfasst und können daher zusätzlich geltend gemacht werden.

Die Tagespauschale von 6 € bezieht sich auf den Kalendertag und erhöht sich auch dann nicht, wenn an einem Kalendertag verschiedene betriebliche oder berufliche Betätigungen ausgeübt werden, für die jeweils die Abzugsvoraussetzungen vorliegen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Steuerpflichtige auf eine Aufteilung der Tagespauschale auf die verschiedenen Tätigkeiten verzichtet und diese insgesamt einer Tätigkeit zuordnet, für die die Voraussetzungen für den Abzug der Tagespauschale vorliegen. 

Aufzeichnungspflicht: Die Kalendertage, an denen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Tagespauschale erfüllt sind, sind vom Steuerpflichtigen aufzuzeichnen und in geeigneter Form glaubhaft zu machen. 

2. Variante: Es steht für die betriebliche/berufliche Betätigung dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung
Der Steuerpflichtige kann die Tagespauschale auch dann in Anspruch nehmen, wenn

  • ihm für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung und
  • der Steuerpflichtige auch in der häuslichen Wohnung tätig wird.

Ein Abzug der Tagespauschale ist auch dann zulässig, wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird. Der Steuerpflichtige muss in der häuslichen Wohnung tätig werden; es ist aber keine zeitlich überwiegende Tätigkeit in der häuslichen Wohnung erforderlich, um den Abzug der Tagespauschale von 6 € in Anspruch nehmen zu können. 

Geht ein Steuerpflichtiger nur einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit nach, muss ein vorhandener anderer Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche dieser Erwerbstätigkeit genutzt werden können. Der Steuerpflichtige ist auch dann auf die Betätigung in der häuslichen Wohnung angewiesen, wenn er dort einen nicht unerheblichen Teil seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit verrichten muss. Es genügt allerdings nicht, wenn er in der häuslichen Wohnung Arbeiten verrichtet, die er grundsätzlich auch an einem anderen Arbeitsplatz verrichten könnte.

Quelle:EStG| Gesetzliche Regelung| § 4 Abs. 5 Nr. 6b - 6c| 14-09-2023

8. September 2023 - Kommentare deaktiviert für Außergewöhnliche Belastung: Ersatzleistungen

Außergewöhnliche Belastung: Ersatzleistungen

Aufwendungen, die als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind, werden nicht um einkommensteuerpflichtige Ersatzleistungen gekürzt. 

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin erhielt aufgrund des Ablebens ihrer Mutter nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder ein Sterbegeld in Höhe von brutto 6.550,20 €. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin das erhaltene Sterbegeld nicht, machte jedoch die Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt setzte das Sterbegeld als steuerpflichtige Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit an und berücksichtigte die geltend gemachten Beerdigungskosten nicht, weil das steuerpflichtige Sterbegeld höher gewesen sei als die geltend gemachten Beerdigungskosten. Das Finanzgericht gab der Klage teilweise statt. Es erkannte die Beerdigungskosten lediglich gekürzt um den Versorgungsfreibetrag als außergewöhnliche Belastung an. 

Der BFH hat entschieden, dass das einkommensteuerpflichtige Sterbegeld der Klägerin nicht auf die Beerdigungskosten, die als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, anzurechnen ist. Außergewöhnliche Belastungen sind abziehbar, wenn die subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen vermindert ist. Der Steuerpflichtige ist im Ergebnis lediglich um die Differenz von außergewöhnlichem Aufwand und (steuerfreier) Ersatzleistung belastet. Nur insoweit trägt er den außergewöhnlichen Aufwand tatsächlich und nur insoweit ist seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vermindert.

Fazit: Das Finanzgericht hat die Beerdigungskosten, die als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, zu Recht nicht um das Sterbegeld gekürzt. 

Eine Kürzung der Beerdigungskosten in Höhe des Nettobetrags des steuerpflichtigen Sterbegelds (Einnahmen gemindert um die darauf entfallende Steuer) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Werden außergewöhnliche Belastungen aus zu versteuerndem Einkommen geleistet, sind die entsprechenden Aufwendungen ohne Anrechnung als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Denn eine (auch nur teilweise) Anrechnung der zu versteuernden Leistung auf die abziehbare außergewöhnliche Belastung hätte in einem solchen Fall eine unzulässige doppelte steuerliche Belastung des Steuerpflichtigen zur Folge.

Quelle:BFH| Beschluss| VI R 33/20| 14-06-2023

1. September 2023 - Kommentare deaktiviert für Degressive Gebäude-Abschreibung

Degressive Gebäude-Abschreibung

Bei Gebäuden kann die Abschreibung in fallenden Jahresbeträgen nach einem unveränderlichen Prozentsatz in Höhe von 6% vom jeweiligen Buchwert (Restwert) vorgenommen werden, wenn

  • das Gebäude in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) angewendet wird,
  • soweit es Wohnzwecken dient und 
  • vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden ist,
  • mit der Herstellung nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen wurde oder
  • die Anschaffung auf Grund eines nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags erfolgt.

Im Jahr der Fertigstellung bzw. des Erwerbs ist die Abschreibung zeitanteilig zu berücksichtigen.

Beginn der Herstellung: 

  • Herstellungsbeginn ist das Datum, an dem nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften die Baubeginnsanzeige eingereicht wird.
  • Sollten im Einzelfall landesrechtlich keine Baubeginnsanzeigen vorgeschrieben sein, hat der Steuerpflichtige zu erklären, dass er den Baubeginn gegenüber der zuständigen Baubehörde freiwillig angezeigt hat.

Bei Gebäuden, bei denen die Abschreibung (Absetzung für Abnutzung) in fallenden Jahresbeträgen bemessen wird (degressiv), sind Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nicht zulässig. Der Übergang von der degressiven Abschreibung zur linearen Abschreibung ist zulässig. Nach dem Übergang erfolgt die weitere Abschreibung mit 3% vom Restwert (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG).

Quelle:Sonstige| Gesetzvorhaben| Artikel 4 Wachstumschancengesetz| 31-08-2023

1. September 2023 - Kommentare deaktiviert für Vermietungseinkünfte: Bagatellgrenze

Vermietungseinkünfte: Bagatellgrenze

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt. Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung bleiben laut Entwurf des Wachstumschancengesetzes zukünftig steuerfrei, sofern die Summe der Einnahmen im Veranlagungszeitraum insgesamt weniger als 1.000 € betragen hat. Mit dieser Steuerfreigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung soll eine bürokratieentlastende Regelung geschaffen werden wie z. B. bei der Vermietung an Messeteilnehmer oder über AirBnB.

Die Freigrenze gilt personenbezogen. Bei Miteigentum, z. B. bei Ehegatten, die beide gemeinschaftlich Eigentümer sind, sind daher die Einnahmen maßgebend, die jedem Beteiligten anteilig zuzurechnen sind. Das heißt, dass die gemeinschaftlich erzielten Einnahmen einschließlich der Sondereinnahmen entsprechend aufzuteilen sind.

Falls die Ausgaben (Werbungskosten), die mit den Einnahmen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, die Einnahmen übersteigen, entsteht ein Verlust, der auf Antrag als steuerpflichtig behandelt werden kann. Dieser Antrag ist durch Erklärung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Steuererklärung zu stellen.

Der Antrag wird für jeden Veranlagungszeitraum gesondert durch Erklärung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Steuererklärung gestellt. Er kann bis zur Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides gestellt oder zurückgenommen werden. Der Steuerbescheid ist entsprechend zu ändern.

Fazit: Bei Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung von weniger als 1.000 € im Jahr, kann der Steuerpflichtige in jedem Jahr neu entscheiden, ob er die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in seine Steuererklärung aufnimmt.

Quelle:Sonstige| Gesetzvorhaben| Artikel 5 des Wachstumschancengesetz, § 3 Nr. 74 EStG| 31-08-2023

1. September 2023 - Kommentare deaktiviert für Private Nutzung von E-Fahrzeugen: Verbesserung 

Private Nutzung von E-Fahrzeugen: Verbesserung 

Private Nutzung eines E-Fahrzeugs: Pauschale Regelung
Für die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50% betrieblich genutzt wird, ist für jeden Kalendermonat 1% des Bruttolistenpreises zuzüglich Sonderausstattung anzusetzen. Bei der privaten Nutzung von Elektrofahrzeugen ist der Bruttolistenpreis nur zu einem Viertel anzusetzen, wenn

  • es ab dem 1.1.2020 und vor dem 1.1.2024 angeschafft wurde bzw. wird und der Bruttolistenpreis des E-Fahrzeugs nicht mehr als 60.000 € beträgt und
  • es nach dem 31.12.2023 und vor dem 1.1.2031 angeschafft wird und der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 80.000 € beträgt.

Private Nutzung eines E-Fahrzeugs: Fahrtenbuch
Anstelle der pauschalen Regelung kann die private Nutzung mit den tatsächlichen Aufwendungen, die auf die Privatfahrten entfallen, angesetzt werden. Die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen sind durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachzuweisen. Bei der privaten Nutzung von Elektrofahrzeugen sind die insgesamt entstandenen Aufwendungen, die Abschreibung für das Kraftfahrzeug oder vergleichbare Aufwendungen (z.B. Leasingraten) nur zu einem Viertel zu berücksichtigen, wenn bei einer Anschaffung

  • ab dem 1.1.2020 und vor dem 1.1.2024 der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 60.000 € betragen hat bzw. beträgt und
  • nach dem 31.12.2023 und vor dem 1.1.2031 der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 80.000 € beträgt.

Fazit: Ab dem 1.1.2024 kann laut Entwurf des Wachstumschancengesetzes die sogenannten 0,25%-Regelung bei E-Fahrzeugen angewendet werden, wenn der Bruttolistenpreis zuzüglich Sonderausstattung nicht mehr als 80.000 € beträgt.

Quelle:Sonstige| Gesetzvorhaben| Artikel 4 des Wachstumschancengesetzes| 31-08-2023

25. August 2023 - Kommentare deaktiviert für Homeoffice: neue Pauschale

Homeoffice: neue Pauschale

Die neue Homeoffice-Pauschale wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 mit Wirkung ab 1.1.2023 verändert und gilt nunmehr unbefristet. Für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird und keine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, die außerhalb der häuslichen Wohnung liegt, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 € (Tagespauschale), höchstens 1.260 € im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden. In diesen Fällen kommt es für den Abzug nicht darauf an, ob dem Steuerpflichtigen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Eine Auswärtstätigkeit am selben Tag ist unschädlich, wenn der Steuerpflichtige an diesem Tag seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausübt. „Überwiegend“ heißt, dass mehr als die Hälfte der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit in der häuslichen Wohnung verbracht werden muss. Die Kalendertage, an denen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Tagespauschale erfüllt sind, müssen vom Steuerpflichtigen aufgezeichnet und in geeigneter Form glaubhaft gemacht werden.

Praxis-Beispiel:
Der angestellte Bauingenieur fährt an einem Tag erst zur Baustelle (Auswärtstätigkeit). Anschließend erledigt er die Büroarbeiten nicht am Arbeitsplatz des Arbeitgebers (erste Tätigkeitsstätte), sondern in der häuslichen Wohnung. Der Bauingenieur kann für diesen Tag sowohl Reisekosten für die Fahrt zur Baustelle als auch die Tagespauschale abziehen, wenn die Arbeit zeitlich überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird, d.h. die Arbeitszeit in der häuslichen Wohnung mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Tages beträgt.

Es steht dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung: Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung und wird der Steuerpflichtige auch in der häuslichen Wohnung tätig, ist ein Abzug der Tagespauschale auch dann zulässig, wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird. In diesen Fällen ist zwar ein Tätigwerden, aber kein zeitlich überwiegendes Tätigwerden in der häuslichen Wohnung im Sinne für den Abzug der Tagespauschale erforderlich. 

Praxis-Beispiel: 
Ein Lehrer unterrichtet täglich von 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr an der Schule und erledigt nachmittags von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr in der häuslichen Wohnung die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts und korrigiert Klassenarbeiten. Für die Unterrichtsvor- und -nachbereitung steht dem Lehrer in der Schule kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Der Lehrer kann neben der Entfernungspauschale für die Fahrten zur Schule (erste Tätigkeitsstätte) auch die Tagespauschale für die berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung abziehen. 

Anderer Arbeitsplatz ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Die konkreten Arbeitsbedingungen und Umstände, wie beispielsweise Lärmbelästigung oder Publikumsverkehr, sind grundsätzlich unbeachtlich. Ob ein anderer Arbeitsplatz vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Subjektive Erwägungen des Steuerpflichtigen zur Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes sind unbeachtlich.

Ein anderer Arbeitsplatz steht dem Steuerpflichtigen dann zur Verfügung, wenn dieser ihn in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Der Arbeitsplatz muss grundsätzlich so beschaffen sein, dass der Steuerpflichtige auf die häusliche Tätigkeit nicht angewiesen ist. Ein anderer Arbeitsplatz steht auch dann zur Verfügung, wenn dieser außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, wie z. B. am Wochenende oder in den Ferien, nicht zugänglich ist. Geht ein Steuerpflichtiger nur einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit nach, muss ein vorhandener anderer Arbeitsplatz auch tatsächlich für alle Aufgabenbereiche dieser Erwerbstätigkeit genutzt werden können. Der Steuerpflichtige ist auch dann auf die Betätigung in der häuslichen Wohnung angewiesen, wenn er dort einen nicht unerheblichen Teil seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit verrichten muss. Es genügt allerdings nicht, wenn er in der häuslichen Wohnung Arbeiten verrichtet, die er grundsätzlich auch an einem anderen Arbeitsplatz verrichten könnte.

Anwendung: Die Neuregelung ist für Tätigkeiten in der häuslichen Wohnung anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 ausgeübt werden.

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 6 - S 2145/19/10006 :027| 16-08-2023

25. August 2023 - Kommentare deaktiviert für Neues zum häuslichen Arbeitszimmer

Neues zum häuslichen Arbeitszimmer

Die ertragsteuerliche Berücksichtigung der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 mit Wirkung ab 1.1.2023 neu geregelt. Allerdings gelten die Begriffe des häuslichen Arbeitszimmers und des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung unverändert weiter. Das heißt, dass sich an der bisher geltenden Rechtslage insoweit nichts geändert hat. 

Einordnung als häusliches Arbeitszimmer:
Es handelt sich bei einem häuslichen Arbeitszimmer um einen Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist. Außerdem sollte er vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dienen und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt werden. Eine untergeordnete private Mitbenutzung von weniger als 10% ist unschädlich. Es muss sich nicht zwingend um Arbeiten büromäßiger Art handeln. Ein häusliches Arbeitszimmer kann auch bei geistiger, künstlerischer oder schriftstellerischer Betätigung gegeben sein. In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein als Arbeitszimmer genutzter Raum regelmäßig dann, wenn er zur privaten Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehört. Dies betrifft nicht nur die Wohnräume, sondern ebenso Zubehörräume.

Der Grundsatz, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abziehbar sind, gilt nach wie vor. Das Abzugsverbot gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Es gibt die folgenden Ausnahmen:

Unverändert gilt, dass die tatsächlichen Aufwendungen uneingeschränkt abgezogen werden können, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Ein häusliches Arbeitszimmer bildet den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen, wenn nach Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse und der Tätigkeitsmerkmale dort diejenigen Handlungen vorgenommen und Leistungen erbracht werden, die für die konkret ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit wesentlich und prägend sind. Bei der Gesamtbetrachtung sind nur solche Einkünfte zu berücksichtigen, die grundsätzlich ein Tätigwerden des Steuerpflichtigen im jeweiligen Veranlagungszeitraum erfordern; Versorgungsbezüge bleiben bei dieser Betrachtung daher außen vor. Der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen.

Neu ist, dass seit dem 1.1.2023 anstelle der tatsächlichen Aufwendungen ein Betrag von 1.260 € als Jahrespauschale für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden kann (= Wahlrecht). Entscheidend ist nur, dass das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Es kommt nicht darauf an, ob noch ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1.260 € um ein Zwölftel.

Anwendung: Die Neuregelung (Pauschale) ist für Tätigkeiten in der häuslichen Wohnung anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 ausgeübt werden.

Hinweis: Zum Thema häusliches Arbeitszimmer gibt es eine Vielzahl von BFH-Urteilen, auf die im BMF-Schreiben vom 15.8.2023 hingewiesen wird. In Zweifelsfällen ist es daher sinnvoll, sich hieran zu orientieren.

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 6 - S 2145/19/10006 :027| 16-08-2023

18. August 2023 - Kommentare deaktiviert für Verpflegungspauschale: geplante Erhöhung ab 2024 auf 30 €

Verpflegungspauschale: geplante Erhöhung ab 2024 auf 30 €

Wird ein Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit) kann er seine Mehraufwendungen für Verpflegung nur in Höhe der gesetzlich festgelegten Verpflegungspauschalen als Werbungskosten abziehen.

Die als Werbungskosten abzugsfähigen inländischen Verpflegungspauschalen werden nach dem Entwurf des Wachstumschancengesetzes ab 2024 für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, von 28 € auf 30 € angehoben. 

Die als Werbungskosten abzugsfähigen inländischen Verpflegungspauschalen für den An- oder Abreisetag werden von jeweils 14 € auf 15 € angehoben. 

Die inländischen Verpflegungspauschalen werden auch für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, von 14 € auf 15 € angehoben. 

Dies gilt entsprechend auch für Selbstständige und Unternehmer.

Quelle:Sonstige| Gesetzvorhaben| Artikel 4 des Entwurfs des Wachstumschancengesetzes| 17-08-2023

18. August 2023 - Kommentare deaktiviert für Privatschulbesuch: Keine außergewöhnliche Belastung

Privatschulbesuch: Keine außergewöhnliche Belastung

Die Aufwendungen für den Privatschulbesuch eines Kindes sind keine außergewöhnliche Belastung.

Praxis-Beispiel:
Die Steuerpflichtigen machten in ihrer Steuererklärung 2018 u.a. 37.713 € für ihr Kind als Krankheitskosten geltend. Das Finanzamt veranlagte die Steuerpflichtigen erklärungsgemäß. Das Finanzamt forderte die Steuerpflichtigen auf, eine detaillierte Begründung und Nachweise einzureichen, aus denen sich die geltend gemachten Krankheitskosten für ihr Kind ergeben. Die Amtsärztin traf hinsichtlich der Krankheitssymptome des Kindes folgende Feststellungen: Das Kind hat eine besondere Lernbegabung, das Gesamtergebnis einer erfolgten IQ-Testung liegt im Bereich einer sehr hohen Intelligenz. Die außerordentlichen intellektuellen Fähigkeiten erhielten in der Schule keine entsprechende Förderung. Durch die ständige schulische Unterforderung traten behandlungsbedürftige psychosomatische Beschwerden auf, die sich innerhalb eines Jahres zu einem Besorgnis erregenden gesundheitlichen Gesamtzustand entwickelten. Diese Beschwerden stehen im direkten Zusammenhang zur besonderen Lernbegabung. Es ist daher dringend erforderlich, an eine Schule mit individuellen, an die Hochbegabung angepassten Fördermöglichkeiten zu wechseln.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass geltend gemachten Kosten für den Schulbesuch mitsamt den Aufwendungen für Heileurythmie nicht als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen seien.

Das Finanzgericht vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass die Krankheitskosten für das Kind keine außergewöhnlichen Belastungen seien. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Kosten für den Schulbesuch des Kindes zwangsläufig entstanden sind. Aufwendungen für den Privatschulbesuch eines Kindes sind grundsätzlich auch dann nicht außergewöhnlich, wenn das Kind infolge einer Krankheit lernbehindert sei. Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung sei nur möglich, wenn es sich bei den Aufwendungen um unmittelbare Krankheitskosten handele. Erforderlich wäre danach, dass der Privatschulbesuch zum Zwecke der Heilbehandlung erfolge und dort eine spezielle, unter der Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals durchgeführte Heilbehandlung stattfinde. Dies sei hier nicht der Fall.

Fazit: Privatschulkosten gehören auch dann nicht zu den unmittelbaren Krankheitskosten, wenn der Besuch der Privatschule durch eine Krankheit des Kindes verursacht ist. Zudem ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass der Schulbesuch des Kindes auch im Hinblick auf dessen Hochbegabung erfolgt ist. Eine Hochbegabung als solches stellt aber keine Erkrankung dar.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Münster, 2 K 1045/22 E| 12-06-2023

18. August 2023 - Kommentare deaktiviert für Freigrenze bei Spekulationsgeschäften

Freigrenze bei Spekulationsgeschäften

Veräußerungsgeschäfte bei Wirtschaftsgütern, die keine Grundstücke und Rechte sind, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht) können der Besteuerung unterliegen, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Ausgenommen sind Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger Fremdwährungsbeträge ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Beträge zuerst veräußert wurden.

Gewinne aus derartigen privaten Veräußerungsgeschäften (Spekulationsgeschäften) bleiben steuerfrei, wenn der erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 600 € betragen hat. Diese Freigrenze von 600 € soll nach dem Entwurf des Wachstumschancengesetzes ab 2024 auf 1.000 € erhöht.

Quelle:Sonstige| Gesetzvorhaben| Artikel 4 des Entwurfs des Wachstumschancengesetzes| 17-08-2023

4. August 2023 - Kommentare deaktiviert für Photovoltaikanlagen: Prüfung der Höchstgrenzen

Photovoltaikanlagen: Prüfung der Höchstgrenzen

Neben der objektbezogenen Einschränkung gibt es eine personenbezogene Einschränkung. Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden, sind von der Ertragsteuer nur dann befreit, wenn keine der Höchstgrenzen überschritten wird. Eine Prüfung der Höchstgrenzen ist daher unverzichtbar.

Objektbezogene Höchstgrenze

Einfamilienhaus bis zu 30 kW (peak)
Zu Wohnzwecken dienendes Zwei- /Mehrfamilienhaus bis zu 15 kW (peak) je Wohneinheit
Gemischt genutzte Immobilie bis zu 15 kW (peak) je Wohn- und Gewerbeeinheit
Nicht zu Wohnzwecken dienendes Gebäude z. B. Gewerbeimmobilie mit einer Gewerbeeinheit, Garagengrundstück bis zu 30 kW (peak)
Gewerbeimmobilie mit mehreren Gewerbeeinheiten bis zu 15 kW (peak) je Gewerbeeinheit

Personenbezogene Höchstgrenze

Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob der 

  • jeweilige Steuerpflichtige oder
  • die jeweilige Mitunternehmerschaft 

insgesamt die 100 kW (peak)-Grenze einhält. Dabei sind die maßgeblichen Leistungen aller begünstigten Photovoltaikanlagen, die vom Steuerpflichtigen oder der Mitunternehmerschaft auf, an oder in Gebäuden betrieben werden, zu addieren. Wird die 100 kW (peak)-Grenze überschritten, entfällt die Steuerbefreiung. Addiert werden alle Anlagen, also sowohl Anlagen, die sich auf demselben Grundstück befinden, als auch Anlagen auf verschiedenen Grundstücken. Dabei ist es unerheblich, ob die Anlagen technisch voneinander getrennt sind.

Praxis-Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger betreibt zwei Anlagen mit einer maßgeblichen Leistung von 30 kW (peak) auf je einem Einfamilienhaus und eine Freiflächenphotovoltaikanlage mit einer maßgeblichen Leistung von 50 kW (peak). Die Freiflächenphotovoltaikanlage ist nicht in die Prüfung der 100 kW (peak)-Grenze einzubeziehen. Die beiden Anlagen auf den Einfamilienhäusern sind deshalb nach § 3 Nummer 72 Satz 1 Buchstabe a EStG begünstigt.

Abwandlung: Der Steuerpflichtige betreibt zusätzlich eine vierte Photovoltaikanlage mit einer maßgeblichen Leistung von 50 kW (peak) auf einem Haus mit zwei Wohneinheiten. Da die vierte Anlage bereits dem Grunde nach nicht steuerfrei ist, weil die maximale Leistung für diese Gebäudeart von 30 kW (peak) überschritten wird, ist diese Anlage ebenfalls nicht in die Ermittlung der 100 kW (peak)-Grenze einzubeziehen.

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 6 - S 2121/23/10001 :001| 16-07-2023

4. August 2023 - Kommentare deaktiviert für Steuerbegünstigte Baudenkmale: Objektverbrauch

Steuerbegünstigte Baudenkmale: Objektverbrauch

Liegen die Voraussetzungen für ein begünstigtes Baudenkmal (§ 7i EStG) vor, kann ein Steuerpflichtiger seine Aufwendungen im Kalenderjahr, in dem die Baumaßnahme abgeschlossen wurde, und in den neun folgenden Kalenderjahren jeweils bis zu 9% wie Sonderausgaben abziehen. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige das Gebäude in dem jeweiligen Kalenderjahr zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Außerdem ist die Inanspruchnahme der Begünstigung auf nur ein Objekt beschränkt (§ 10f Abs. 3 Satz 1 EStG).

Praxis-Beispiel:
Der Kläger hatte für Erhaltungsmaßnahmen, die er an seiner Wohnung (1. Wohnung) im Jahr 2006 durchführte, die Steuerbegünstigung für begünstigte Baudenkmäler in Anspruch genommen. Im Jahr 2013 zog er aus dieser Wohnung aus und zog in eine andere Wohnung (2. Wohnung), die zur Hälfte sein Eigentum war. Auch an dieser 2. Wohnung führte er Baumaßnahmen durch, die dem Grunde nach begünstigt waren. Das Finanzamt gewährt im Jahr 2015 zunächst den Sonderausgabenabzug, ließ ihn aber in einem geänderten Einkommensteuerbescheid außer Ansatz, da die Begünstigung nur für ein einziges Objekt in Anspruch genommen werden könne. Dies sei bereits bei der 1. Wohnung geschehen.

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Dem Kläger kann der geltend gemachte Sonderausgabenabzug nicht gewährt werden, weil die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug bei der 2. Wohnung nicht erfüllt sind. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass der Steuerpflichtige die Abzugsbeträge nur bei einem Gebäude in Anspruch nehmen kann (§ 10f Abs. 3 Satz 1 EStG). Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen für die Ehegattenbesteuerung vorliegen, können die Abzugsbeträge für insgesamt zwei Objekte abziehen. Sind mehrere Steuerpflichtige Eigentümer eines Objekts, so ist jeder Anteil an einem solchen Gebäude ein eigenes Objekt, sodass bei gemeinschaftlichem Eigentum von Ehegatten auch nur ein Gebäude begünstigt ist.

Fazit: Der Sonderausgabenabzug kann nur einmal im Leben für ein begünstigtes (nicht austauschbares) Baudenkmal in Anspruch genommen werden.

Quelle:BFH| Urteil| X R 22/20| 23-05-2023

4. August 2023 - Kommentare deaktiviert für Kindergeld für ein studierendes Kind im Ausland

Kindergeld für ein studierendes Kind im Ausland

Gibt ein Kind, für das ein Kindergeldanspruch besteht, seinen inländischen Wohnsitz auf, ohne einen gleichgestellten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der EU zu haben, entfällt der Kindergeldanspruch. Die Festsetzung des Kindergeldes ist ab dem Zeitpunkt aufzuheben oder zu ändern, zu dem sich die Verhältnisse geändert haben, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind.

Praxis-Beispiel:
Die Tochter wohnte im Haushalt ihrer Mutter (Klägerin) in Deutschland. Sie war kindergeldberechtigt. Die Tochter flog nach Australien und schrieb sich dort für ein Auslandsstudium ein. Im ersten Studienjahr verbrachte die Tochter die vorlesungsfreie Zeit in Australien, wo die Klägerin sie besuchte. Im Anschluss entschloss sich die Tochter zu einer Verlängerung ihres Auslandsstudiums. Die Familienkasse ging davon aus, dass die Tochter ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nach Australien verlegt habe, sodass die Klägerin deshalb keinen Kindergeldanspruch mehr habe und hob die Kindergeldfestsetzung auf. Die Familienkasse stellte die Kindergeldzahlung ab August 2003 ein und forderte das Kindergeld seit Juli 2002 von der Klägerin zurück.

Der BFH hat entschieden, dass der Klägerin das Kindergeld von Juli 2002 bis einschließlich Dezember 2003 zustand. Die Kindergeldfestsetzung für die Tochter war erst ab Januar 2004 aufzuheben.

Es gilt folgender Grundsatz: Ein Kind, das zu Ausbildungszwecken im Ausland untergebracht ist, behält seinen Inlandswohnsitz in der elterlichen Wohnung bei, wenn dem Kind dort weiterhin zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten jederzeit zur Verfügung stehen und erkennbar ist, dass das Kind die elterliche Wohnung nach wie vor auch als seine eigene betrachtet. Dazu muss das Kind die elterliche Wohnung mit einer gewissen Regelmäßigkeit (wenn auch in größeren Zeitabständen) aufsuchen. Sucht das Kind die elterliche Wohnung nur noch selten oder gar nicht mehr auf, fehlt es am "Innehaben" einer Wohnung. Das gilt selbst dann, wenn für das Kind weiterhin ein Zimmer in der elterlichen Wohnung zur jederzeitigen Nutzung bereitsteht.

Wenn ein Auslandsaufenthalt zunächst nur auf ein Jahr angelegt war und sich das Kind später entschließt, den Auslandsaufenthalt zu verlängern, gelten die Kriterien, die für einen mehrjährigen Aus-landsaufenthalt anzuwenden sind, erst ab dem Zeitpunkt, in dem sich das Kind zu einer Verlängerung entschließt. Bis dahin führt das Fehlen unterjähriger Inlandsaufenthalte nicht zur Aufgabe des Wohnsitzes.

Das ist wichtig, um die Frage beantworten zu können, wie häufig das Kind die elterliche Wohnung aufsuchen muss, um seine Wohnung beizubehalten. Hier ist zwischen einjährigen und mehrjährigen Auslandsaufenthalten zu Ausbildungs-, Schul- oder Studienzwecken zu unterscheiden.

  • Bei Auslandsaufenthalten zu Ausbildungs-, Schul- oder Studienzwecken bis zu einem Jahr führt das Fehlen unterjähriger Inlandsaufenthalte des Kindes regelmäßig nicht zu einer Aufgabe des Wohnsitzes.
  • Bei einem Auslandsaufenthalt, der auf mehr als ein Jahr angelegt ist, behält ein Kind seinen inländischen Wohnsitz in der elterlichen Wohnung regelmäßig nur dann bei, wenn es sich während der ausbildungsfreien Zeiten überwiegend im Inland aufhält und die Inlandsaufenthalte Rückschlüsse auf ein zwischenzeitliches Wohnen zulassen. Das ist der Fall, wenn das Kind während seines Inlandsaufenthalts die Wohnung nutzt. Kurze Unterbrechungen, wie z. B. zu Besuchszwecken oder wegen eines Krankenhausaufenthalts, sind unschädlich. Kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehung begründete Besuchsaufenthalte in der elterlichen Wohnung von zwei bis drei Wochen pro Jahr reichen allerdings nicht aus.

Bei der Berechnung, ob sich ein Kind in den ausbildungsfreien Zeiten überwiegend im Inland aufhält und (von kurzen Unterbrechungen abgesehen) die elterliche Wohnung nutzt, ist im Regelfall auf das Ausbildungs-, Schul- oder Studienjahr abzustellen.

Quelle:BFH| Urteil| III R 11/21| 20-06-2023

28. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Nachträgliche Anrechnung einer Unfallrente

Nachträgliche Anrechnung einer Unfallrente

Wird eine Witwenrente rückwirkend teilweise durch eine steuerfreie Unfallrente ersetzt, handelt es sich um ein Ereignis, das steuerlich auf das Jahr des Zuflusses zurückwirkt. Die entsprechende Korrektur des Steuerbescheids muss daher im Jahr des Zuflusses und nicht erst im Jahr der Verrechnung erfolgen.

Praxis-Beispiel:
Der Klägerin wurde 2020 eine Witwenrente bewilligt. Dem Finanzamt wurde die Höhe der Rentenzahlungen elektronisch mitgeteilt. Das Finanzamt berücksichtigte diese Rente mit ihrem steuerpflichtigen Teil als Leibrente bei den sonstigen Einkünften. Rückwirkend für die Zeit ab dem 31.12.2018 erhielt die Klägerin von der Berufsgenossenschaft eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Ihr wurde mitgeteilt, dass diese Rente auf die Witwenrente anzurechnen sei. 
Das Finanzamt lehnte eine entsprechende Berichtigung des Steuerbescheids für 2020 ab, weil die Änderung des Rechtsgrundes der Rentenzahlung (Unfall- statt Witwenrente) kein rückwirkendes Ereignis sei. Bei Rentenzahlungen gelte das Zu- und Abflussprinzip.

Der Erstattungsanspruch, der der Rentenkasse gegenüber der Berufsgenossenschaft zusteht, ist als steuerfreie Zahlung der Berufsgenossenschaft aus der gesetzlichen Unfallversicherung anzusehen. Der Erstattungsanspruch entsteht mit Bekanntgabe des Leistungsbescheides des erstattungspflichtigen Leistungsträgers an den Leistungsberechtigten (= Erfüllungsfiktion gemäß § 107 SGB X). Kraft dieser Erfüllungsfiktion gilt der Sozialleistungsanspruch des Berechtigten sowohl faktisch als auch rechtlich als erfüllt. Das heißt, der Berechtigte darf die Leistung behalten. Der Sozialversicherungsträger, der gezahlt hat, hat keinen Anspruch auf Rückforderung gegenüber dem Leistungsempfänger.

Die abweichende Annahme des Finanzamts, die Klägerin habe im Jahr 2021 durch Verrechnung Leistungen zurückgewährt, ist unzutreffend, weil die Klägerin zu keiner Rückzahlung verpflichtet war. Ihr Anspruch für die Jahre 2019 und 2020 auf Leistungen aus der Unfallrente war durch die in den Vorjahren erfolgten Zahlungen erfüllt und damit erloschen.

Konsequenz: Die Umqualifizierung der Leistungen ist im Veranlagungszeitraum 2020 zu berücksichtigen.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Düsseldorf, 12 K 2702/21 E| 14-09-2022

28. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Steuerfreie Photovoltaikanlagen: Höchstgrenzen

Steuerfreie Photovoltaikanlagen: Höchstgrenzen

Bei kleineren Photovoltaikanlagen ist für Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden, eine Befreiung bei der Ertragsteuer eingeführt worden. Diese Steuerbefreiung gilt im Zusammenhang mit dem Betrieb von Photovoltaikanlagen, wenn die Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister mit einer installierten Bruttoleistung von

  • bis zu 30 kW (peak) ausgestattet ist, wenn es sich um Anlagen handelt, die sich auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen und Carports und anderweitiger Nebengebäude) befinden
  • bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit, wenn es sich um Anlagen handelt, die sich auf, an oder in sonstigen Gebäuden befinden.

Neben der objektbezogenen Einschränkung gibt es eine personenbezogene Einschränkung, weil die Summe auf insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft oder Mitunternehmerschaft) begrenzt ist. 

Praxis-Beispiel 1:
Ehemann und die Ehefrau betreiben auf dem gemeinsam genutzten Einfamilienhaus jeweils eine eigenständige Photovoltaikanlage mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von jeweils 12,00 Kilowatt (peak). Die Steuerbefreiung gilt sowohl für den Ehemann als auch für die Ehefrau.

Praxis-Beispiel 2: 
Ehemann und Ehefrau betreiben auf dem gemeinsam genutzten Einfamilienhaus gemeinschaftlich (als Mitunternehmerschaft) eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von 24,00 Kilowatt (peak). Die Steuerbefreiung gilt für die Eheleute als Mitunternehmerschaft.

Keine begünstigte Photovoltaikanlage liegt z. B. in folgenden Fällen vor: 

  • Der Steuerpflichtige hat auf seinem Einfamilienhaus eine Anlage mit einer Leistung von 34,00 kW (peak) installiert.
  • Der Steuerpflichtige hat auf seinem Haus mit zwei Wohneinheiten und der dazugehörigen Garage jeweils eine Anlage mit einer maßgeblichen Leistung von 15,10 kW (peak). Beide Anlagen sind nicht begünstigt, da deren Leistung insgesamt mit 30,20 kW (peak) die zulässigen 30,00 kW (peak) überschreitet.
  • Zwei Personen sind Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses mit drei Wohneinheiten. Die erste Person betreibt auf dem Pultdach des Hauses eine Anlage mit 50,00 kW (peak) und die zweite Person auf den dazugehörigen Garagen eine Anlage mit 10,00 kW (peak). Die Anlage der ersten Person überschreitet die maßgebliche Leistung von 45,00 kW (peak) für das Mehrfamilienhaus einschließlich der Garagen und ist daher nicht begünstigt. Die Anlage der zweiten Person ist dagegen begünstigt.

Bei der Prüfung der Anzahl der Wohn-/Gewerbeeinheiten ist regelmäßig auf die selbständige und unabhängige Nutzbarkeit abzustellen. Es ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der Photovoltaikanlage auch Eigentümer des Gebäudes ist, auf, an oder in dem sich die Photovoltaikanlage befindet.

Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind unabhängig von ihrer Größe nicht begünstigt.

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 6 - S 2121/23/10001 :001| 16-07-2023

28. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Photovoltaikanlage: Investitionsabzugsbeträge

Photovoltaikanlage: Investitionsabzugsbeträge

Für Photovoltaikanlagen, die die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit (§ 3 Nr. 72 EStG) erfüllen, kann kein Investitionsabzugsbetrag mehr gebildet werden. Zu der Frage, was in den Fällen geschieht, in denen vor dem 1.1.2022 für die geplante Anschaffung einer Photovoltaikanlage ein Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen wurde aber eine Investition noch aussteht, hat das BMF nunmehr wie folgt Stellung genommen:

Die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen setzt eine betriebliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht (also mit prognostiziertem Totalgewinn) voraus. Werden Einnahmen und Entnahmen ausschließlich aus der Stromerzeugung von Photovoltaikanlagen erzielt, die nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG steuerfrei sind, gilt Folgendes:

  • Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 enden, scheidet die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen aus, da ein Gewinn nicht mehr zu ermitteln ist.
  • Investitionsabzugsbeträge für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2022 enden und die bis zum 31.12.2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden, sind rückgängig zu machen, wenn in begünstigte Photovoltaikanlagen investiert wurde (§ 7g Abs. 3 EStG).

Soweit die Photovoltaikanlage zum Betriebsvermögen eines Betriebes gehört, dessen Zweck nicht nur die Erzeugung von Strom aus Photovoltaikanlagen ist, sind die Regelungen zu den Investitionsabzugsbeträgen weiterhin anzuwenden.

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 6 - S 2121/23/10001 :001| 16-07-2023

21. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Kapitalanlage: Übernahme von Verfahrenskosten

Kapitalanlage: Übernahme von Verfahrenskosten

Wird im Rahmen eines Rechtsstreits um die Verzinsung einer Kapitalanlage ein Vergleich geschlossen, bei dem sich das Kreditinstitut unter anderem zur Übernahme der Verfahrenskosten bereit erklärt, handelt es sich bei den übernommenen

  • Anwaltskosten und
  • Gerichtskosten 

nicht um Einnahmen des Kapitalanlegers, die ihm im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen zufließen.
 

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 1 - S 2252/19/10003 :013| 10-07-2023

21. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung

Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die dem Steuerpflichtigen erstattet worden sind, sind auch dann zu verrechnen und dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen, wenn die Erstattung darauf beruht, dass ein Sozialversicherungsverhältnis rückabgewickelt oder rückwirkend umgestellt worden ist. Die Verrechnung und die Hinzurechnung gemäß § 10 Abs. 4b Sätze 2 und 3 EStG sind unabhängig davon vorzunehmen, ob im Erstattungsjahr noch eine Änderung der Bescheide der Zahlungsjahre möglich ist. Die Regelungen über die Verrechnung und Hinzurechnung erstatteter Sonderausgaben verstoßen nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot oder den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin erhielt im Streitjahr 2017 von der ihrer Krankenkasse eine Erstattung von Beiträgen zur Basis-Krankenversicherung und zur Basis-Pflegeversicherung der Jahre 2003 bis 2016 in Höhe von 39.509,40 €. Der Erstattung war ein sozialgerichtliches Verfahren vorausgegangen, in dessen Rahmen festgestellt worden war, dass die Klägerin für den genannten Zeitraum zu Unrecht zur freiwilligen Krankenversicherung herangezogen worden sei. Tatsächlich habe sie die Voraussetzungen der Pflichtversicherung erfüllt. Das Versicherungsverhältnis wurde in der Folge rückwirkend umgestellt. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr teilten die Kläger dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt) mit, dass die Erstattung der Krankenkasse nicht der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen sei. Es habe sich nicht um einen typischen Erstattungsfall nach § 10 Abs. 4b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehandelt; denn diese Regelung beziehe sich auf Beitragsrückerstattungen, die z. B. auf einer Nichtinanspruchnahme von Versicherungsleistungen beruhten, oder auf Bonuszahlungen etc., ohne dass sich der Versicherungsstatus ändere. In ihrem Fall hingegen beruhten die Erstattungen darauf, dass der Status der Klägerin neu geordnet worden sei.
Das Finanzamt folgte dieser Auffassung nicht. Es erfasste die Zahlung der Krankenkasse als erstattete Aufwendungen und verrechnete diese zunächst mit den Vorsorgeaufwendungen. Den verbleibenden Betrag von 37.719 € rechnete das Finanzamt dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzu.

Der BFH hat entschieden, dass die Vorgehensweise des Finanzamts der gesetzlichen Regelung entspricht. Danach ist ein Erstattungsüberhang mit anderen gleichartigen Aufwendungen zu verrechnen. Ein danach verbleibender Erstattungsüberhang ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Einzubeziehen sind alle Zahlungen, die der Steuerpflichtige als Rückfluss von Aufwendungen erhält, die er in zurückliegenden Jahren mit den dort jeweils genannten Sonderausgaben getätigt hat. Auf den Grund für den Rückfluss der Aufwendungen kommt es nicht an.

Quelle:BFH| Urteil| X R 27/21| 21-03-2023

14. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Haushaltnahe Dienstleistungen bei Mietern

Haushaltnahe Dienstleistungen bei Mietern

Mieter können Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen steuermindernd geltend machen, auch wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger wohnten in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Hierfür begehrten sie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Finanzamt und Finanzgericht lehnten dies ab.

Der BFH gab den Steuerpflichtigen Recht. Der Steuerermäßigung steht es nicht entgegen, dass Mieter die Verträge mit den jeweiligen Leistungserbringern, z. B. dem Reinigungsunternehmen und dem Handwerksbetrieb, regelmäßig nicht selbst abschließen. Für die Gewährung der Steuerermäßigung ist es ausreichend, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zugutekommen. Soweit das Gesetz zudem verlangt, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten haben muss und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist, genügt als Nachweis auch eine Abrechnung über die Wohnnebenkosten oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht. 

Fazit: Aus den Unterlagen müssen sich Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben. Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibt es dem Finanzamt oder im Klageverfahren dem Finanzgericht unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.

Hinweis: Diese Rechtsprechung gilt entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (regelmäßig vertreten durch deren Verwalter) erfolgt ist.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 24/20| 21-02-2023

14. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Kinderbetreuungskosten: Haushaltszugehörigkeit

Kinderbetreuungskosten: Haushaltszugehörigkeit

Kinderbetreuungskosten sind zu zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens bis 4.000 € je Kind als Sonderausgaben abziehbar. Es muss sich um Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes handeln, das zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört und das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Weitere Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers erfolgt ist.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist Vater einer Tochter. Die Mutter des Kindes ist mit dem Kläger nicht verheiratet und lebt zwischenzeitlich in einer eigenen Wohnung, die 4 Kilometer von der Wohnung des Vaters entfernt liegt. Der Kläger und die Mutter sind gemeinsam sorgeberechtigt und haben eine detaillierte Regelung zum Umgangsrecht vereinbart. Kindergeld wurde an die Kindesmutter gezahlt. Der Kläger erbrachte im Streitjahr Beiträge (ohne Essensgelder) in Höhe von 450 €. Ferner überwies er im Streitjahr weitere Beträge an die Kita. Im Klageverfahren wurden korrigierte, auf den Kläger ausgestellte Rechnungen vorgelegt. Ferner überwies der Kläger an die Kindesmutter im Streitjahr weitere Beträge für die Kita, welche die Kindesmutter ihrerseits weiterzahlte. Das Finanzamt lehnte eine steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten ab, weil die Tochter nicht zum Haushalt des Klägers gehört. Der Kläger beantragte, dass die Kinderbetreuungskosten in voller Höhe (ohne Quotelung und ohne Abzugsbegrenzung) bei ihm steuermindernd berücksichtigt werden.

Das Finanzgericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, weil die gesetzliche Voraussetzung, dass das Kind zum Haushalt des Klägers gehört, nicht erfüllt ist. Haushaltszugehörigkeit bedeutet, dass das Kind bei einheitlicher Wirtschaftsführung unter Leitung des Steuerpflichtigen dessen Wohnung teilt oder sich mit Einwilligung des Steuerpflichtigen vorübergehend außerhalb der Wohnung aufhält. Bei getrenntlebenden Eltern wird das Kind in der Regel zum Haushalt des Elternteils gehören, dem das Sorgerecht zusteht und der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Besuche des Kindes bei dem zum Barunterhalt verpflichteten Elternteil begründen keine auf Dauer angelegte Haushaltszugehörigkeit. Wenn das Sorgerecht den Eltern gemeinsam zusteht, ist das Kind im Regelfall dem Haushalt zuzuordnen, in dem es sich überwiegend aufhält und wo sich der Mittelpunkt seines Lebens befindet. 

In Ausnahmefällen kann jedoch auch eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Haushalten beider Elternteile bestehen, wenn das Kind tatsächlich zeitweise beim Vater und zeitweise bei der Mutter lebt und in beide Haushalte eingegliedert ist. Davon ausgehend kommt das Finanzgericht zur Überzeugung, dass das Kind im Streitjahr nicht zum Haushalt des Klägers zugehörig war. 

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen (Az. beim BFH: III R 8/23). Es ist sinnvoll in vergleichbaren Fällen unter Hinweis auf dieses Verfahren Einspruch einzulegen und eine Aussetzung des Einspruchsverfahrens bis zur Entscheidung durch den BFH zu beantragen.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Köln, 15 K 268/21| 18-01-2023

7. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Operative Fettabsaugung als außergewöhnliche Belastung

Operative Fettabsaugung als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für eine operative Fettabsaugung (= Liposuktion) zur Behandlung eines Lipödems sind regelmäßig ohne Vorlage eines vor den Operationen erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin litt seit Jahren an einem Lipödem (krankhafte Fettverteilungsstörung). Da konservative Behandlungen keine Besserung bewirkten, unterzog sie sich auf Anraten des behandelnden Arztes einer Liposuktion. Die Krankenkasse übernahm die Kosten der Operation nicht, da der Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen (trotz jahrelanger Prüfung) immer noch keine entsprechende Kostenübernahmeempfehlung ausgesprochen hatte. Die Klägerin machte den Aufwand als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab, weil es sich nicht um eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode handele und ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes Gutachten bzw. eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes nicht vorlagen.

Der Argumentation, die Liposuktion sei eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode, schloss sich das Finanzgericht nach umfangreicher Auswertung entsprechender medizinischer Fachbeiträge nicht an und gab der Klage statt.

Der BFH bestätigte nunmehr die Entscheidung des Finanzgerichts. Inzwischen (jedenfalls ab 2016) besteht über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der Liposuktion bei einem Lipödem unter den Medizinern kein nennenswerter Streit mehr. Zudem nenne das Gesetz als wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden beispielhaft die Frisch- und Trockenzellenbehandlung sowie die Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie. Damit ist die Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems nicht vergleichbar. Die fehlende Einbeziehung der Liposuktion in das Leistungsverzeichnis der Krankenkassen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen sei unerheblich, weil die bei der Klägerin durchgeführte Liposuktion nicht kosmetischen Zwecken gedient habe. Sie sei vielmehr medizinisch indiziert gewesen, sodass die Kosten als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen seien. Ebenso wie bei anderen Krankheitsaufwendungen ist keine Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich, das vor der Behandlung ausgestellt wurde.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 39/20| 22-03-2023

7. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Handwerkerleistung: Eigener Haushalt

Handwerkerleistung: Eigener Haushalt

Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen kann nur für Leistungen im eigenen Haushalt in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist das Führen eines Haushalts. Dazu können auch Räume in einem Haushalt gehören, die unentgeltlich überlassen wurden. Fazit: Der Steuerpflichtige kann die Steuermäßigung für Handwerkerleistungen auch dann in Anspruch nehmen, wenn er sich gegenüber einem Dritten verpflichtet hat, die Aufwendungen zu tragen.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist Eigentümer eines Hauses, in dem er mit seiner Ehefrau und seinen Kindern lebte. In 2017 meldete er einen Nebenwohnsitz in der Dachgeschosswohnung im Haus seiner Mutter an. Im April 2018 zog der Kläger wieder in das gemeinsame Haus seiner Familie um. In der Zeit, in der er in der Dachgeschosswohnung gemeldet war, beauftragte er einen Dachdecker mit der Dacheindeckung des Wohnhauses seiner Mutter. Er bezahlte die Rechnung des Dachdeckers, die an ihn gerichtet war. Für den Arbeitskostenanteil, der auf die Dachgeschosswohnung entfiel (44,35%) beantragte er die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen. Finanzamt und Finanzgericht lehnten die Berücksichtigung ab.

Der BFH hat entschieden, dass Finanzamt und Finanzgericht es zu Unrecht abgelehnt haben, 20% der vom Kläger aufgewandten Lohnkosten für die Dachsanierung als Handwerkerleistungen steuermindernd zu berücksichtigen. 

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts führte der Kläger nach seinem Umzug in die Dachgeschosswohnung dort einen eigenen Haushalt als Einzelperson. Entgegen der Ansicht des Finanzamts ist es nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige die Räumlichkeiten, in denen sich hauswirtschaftliches Leben entfaltet, als wirtschaftlicher Eigentümer bzw. Miteigentümer oder als Mieter nutzt. Das Gesetz verlangt neben der Führung eines Haushalts kein besonderes Nutzungsrecht des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige kann folglich auch in unentgeltlich überlassenen Räumlichkeiten einen Haushalt führen.

Unter einem Haushalt ist die Wirtschaftsführung mehrerer (in einer Familie) zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen, wobei die Wohnung der räumliche Bereich ist, in dem sich der Haushalt entfaltet. Der Begriff "im Haushalt" ist räumlich-funktional zu verstehen, sodass die Grenzen des Haushalts nicht ausnahmslos (unabhängig von den Eigentumsverhältnissen) durch die Grundstücksgrenzen bestimmt wird.

Fazit: Der Kläger hat die Aufwendungen getragen und die entsprechenden Zahlungen auf das Konto der Dachdeckerfirma getätigt. Es spielt keine Rolle, dass der Kläger gegenüber seiner Mutter nicht verpflichtet war, das Dach ihres Hauses sanieren zu lassen und die von ihm allein finanzierte Dachsanierung dem ganzen Haus zugutekam. Anders als das Finanzgericht meint, muss der Kläger auch nicht beweisen, auf welcher rechtlichen Vereinbarung mit seiner Mutter er die Dachsanierung veranlasst hat.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 23/21| 19-04-2023

30. Juni 2023 - Kommentare deaktiviert für Kapitalerträge bei einer Kaufpreisstundung

Kapitalerträge bei einer Kaufpreisstundung

Wird ein zum Privatvermögen gehörender Gegenstand veräußert und die Kaufpreisforderung langfristig - länger als ein Jahr - bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gestundet, so sind die geleisteten Zahlungen (Kaufpreisraten) in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil zu zerlegen.

Letzterer unterliegt als Ertrag aus sonstigen Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Einkommensteuer. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien Zinsen nicht vereinbart oder sogar ausdrücklich ausgeschlossen haben. Auch die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel ändert daran nichts.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Nach dem Tod der Mutter der Klägerin fiel das Grundstück, das mit einem Einfamilienhaus bebaut ist, in das Eigen-tum der Erbengemeinschaft, bestehend aus der Klägerin und ihrem Bruder. Mit notariellem Vertrag setzte sich die Erbengemeinschaft über den Grundbesitz auseinander. Dabei erwarb die Klägerin den hälftigen Anteil ihres Bruders an dem Grundstück. Sodann übertrug sie ½ Miteigentumsanteil auf den Kläger. In 2015 verkauften die Kläger das Objekt mit notariellem Kaufvertrag an ihren Sohn und dessen Ehefrau. Der Kaufpreis war in 258 monatlichen Raten zu zahlen. Zudem war eine Wertsicherungsklausel vereinbart.

Die Kläger erklärten einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung, den das Finanzamt nicht anerkannte. Es wies den Einspruch ab und änderte die Festsetzung der Einkommensteuer zu Ungunsten der Kläger, in dem es zusätzlich Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasste. Weil der Kaufpreis unverzinslich in Raten zu zahlen gewesen sei, sei er in einen Zins- und Tilgungsanteil aufzuteilen. Nachdem die Kläger dem Finanzamt die Grundstücksübertragung angezeigt hatten, erließ das Finanzamt gegen die Schwiegertochter einen Schenkungssteuerbescheid. Beim Sohn blieb der Vorgang schenkungssteuerfrei. Die Kläger vertreten die Ansicht, dass eine Schenkung des Zinsanteils vorgelegen habe, die eine Ertragsbesteuerung ausschließe. Sie hätten allein die finanzielle Unterstützung ihres Sohnes und der Schwiegertochter im Fokus gehabt. Würde ein und derselbe Sachverhalt sowohl bei der Einkommen- als auch bei der Schenkungsteuer erfasst, müsste die Ertragsbesteuerung zurücktreten.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliegt, wenn 

  • die Besteuerung eines Zinsanteils bei den Einkünften aus Kapitalvermögen Aufgrund einer langfristigen Stundung der Kaufpreiszahlung erfolgt, und
  • beim Erwerber insoweit gleichzeitig ein schenkungssteuerlicher Vorgang berücksichtigt wird.

Dass bei der Bemessung des Kaufpreises auf Ratenzahlungsbasis der Zinsanteil unberücksichtigt blieb, führte dazu, dass der Barwert des Kaufpreisanspruchs im Übertragungszeitpunkt unterhalb des Verkehrswerts des Grundstücks lag. Die Zuordnung zu einem steuerrechtlich entgeltlichen Geschäft ist jedoch unabhängig davon, ob die Vertragsparteien einen "marktgerechten" Preis vereinbart haben. Fazit: Auch bei einer teilentgeltlichen Übertragung sind die einzelnen Ratenzahlungen somit von Beginn an in steuerbare Zinszahlungen und Tilgungsanteile aufzuteilen.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Köln, 7 K 2233/20| 26-10-2022

2. Juni 2023 - Kommentare deaktiviert für Werbungskosten: Coronabedingter Umzug

Werbungskosten: Coronabedingter Umzug

Das Bewohnen einer Wohnung am Lebensmittelpunkt eines Steuerpflichtigen und seiner Familie ist dem privaten Lebensbereich zuzuordnen, sodass Aufwendungen für einen Umzug grundsätzlich steuerlich nicht abziehbar sind. Sie können aber als Werbungskosten abzugsfähig sein, wenn der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist, sodass private Gründe also eine allenfalls ganz untergeordnete Rolle spielen.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger sind ein Ehepaar. Der Ehemann war als angestellter Teil-Projektleiter für ein Unternehmen über deren Vermögen Anfang 2020 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Er wickelte dennoch weiterhin ein Projekt für seinen Arbeitgeber ab. Seine tägliche Arbeit erforderte dabei zu 60% Tätigkeiten mit Telefonaten/Meetings und zu 40% ruhigere Tätigkeiten (Lesen/Anfertigen von Berichten). Der Kläger arbeitete vor Mitte März 2020 nur in Ausnahmefällen zu Hause. Ab Januar 2020 nutzte er den privaten PKW und den öffentlichen Nahverkehr zu etwa gleichen Teilen. Zu Beginn der Corona-Maßnahmen im März 2020 musste der Kläger seine Arbeitsmaterialien aus dem Büro seines Arbeitgebers abholen und ab diesem Zeitpunkt zu Hause arbeiten. Das Büro des Arbeitgebers war gänzlich geschlossen. Dies blieb so, bis der Kläger zum 30.6.2020 das Unternehmen verließ. Im Juli 2020 begann der Kläger eine Tätigkeit bei seinem neuen Arbeitgeber, ohne dort einen festen Arbeitsplatz zu haben. Er arbeitete an vier Tagen in der Woche im Arbeitszimmer und einmal wöchentlich in den Räumen seines neuen Arbeitsgebers. 

Die Ehefrau arbeitet an vier Tagen in der Woche im Homeoffice und an einem Tag im Büro. Das Büro ihres Arbeitgebers blieb geöffnet, ein Betretungsverbot gab es nicht. Allerdings war Homeoffice aufgrund der Corona-Pandemie dringend empfohlen. Beide Kläger benötigten für ihre Tätigkeit einen großen Bildschirm. Mit Beginn des Homeoffices Mitte März 2020 nutzen die Kläger den Esstisch nicht nur als Esstisch der Familie, sondern zudem als Schreibtisch. Dort war indes nur Platz für einen großen Bildschirm. Auch sonst konnte ein solcher in der Wohnung nicht aufgestellt werden. Da die Klägerin in ihrer Arbeit zudem durch die vielen Telefonate des Klägers gestört wurde, wechselten sie sich nach Möglichkeit mit der Nutzung des Esstisches ab. Dies war nur möglich, weil beide in gewissem Maße die Arbeitszeit frei einteilen konnten. Die Kläger gingen davon aus, dass die Corona-bedingten Einschränkungen länger dauern würden, und suchten im April 2020 nach einer Wohnung, die es ihnen ermöglichen würde, zwei Arbeitszimmer einzurichten.

Die Kläger zogen im Juli 2020 in eine neue Wohnung um, die 110 m² groß ist (Wohn-/Esszimmer (28,15 m²), Küche (6,56 m²), zwei Arbeitszimmer (je 10,57 m²), Kinderzimmer (10,57 m²) und Schlafzimmer (15,29 m²). Das Finanzamt lehnte den Abzug der Umzugskosten als Werbungskosten ab.

Das Finanzgericht erkannte den Werbungskostenabzug an. Zwar reicht allein der Umstand, dass die neue Wohnung aufgrund der wesentlich großzügigeren Platzverhältnisse die Einrichtung eines Arbeitszimmers ermöglicht, nicht aus, um davon auszugehen, dass der Umzug aus nahezu ausschließlich beruflichen Gründen erfolgt ist. Aufgrund des natürlichen Bestrebens nach Verbesserung der Wohnqualität lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermitteln, ob die Einrichtung des Arbeitszimmers Anlass oder nur Folge des Umzugs in eine wesentlich größere Wohnung mit besseren Wohnbedingungen gewesen ist. Allein das Bestreben, ein abgeschlossenes Arbeitszimmer einzurichten, ist anders als bei einem Umzug aus einem konkreten beruflichen Anlass (Arbeitgeberwechsel, Umzug in neue Betriebsräume oder bei einer wesentlichen Fahrtzeitverkürzung) nicht beruflich veranlasst. 

Fazit: Entscheidend ist, ob objektiv Umstände festzustellen sind, die auf eine typische berufliche Veranlassung schließen lassen. Das ist hier der Fall, weil die Arbeitsbedingung, die der Gesetzgeber dem Arbeitsbereich zuordnet, den Klägern durch den Umzug erheblich erleichtert wurden.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Hamburg, 5 K 190/22| 22-02-2023

2. Juni 2023 - Kommentare deaktiviert für Fahrtkosten: Weiträumiges Tätigkeitsgebiet

Fahrtkosten: Weiträumiges Tätigkeitsgebiet

Ein Tätigwerden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers auszuüben hat.

Praxis-Beispiel:
Ein Hafenarbeiter ist im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei verschiedenen Hafeneinzelbetrieben im Hamburger Hafen tätig. Der Kläger erklärte im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung tätig zu werden. Danach verpflichtete er sich "nach Bedarf gegebenenfalls zu entsprechenden Arbeiten in einer anderen Abteilung, Betriebsstätte oder in einem Beteiligungsunternehmen des Arbeitgebers einsetzen zu lassen". Außerdem gab der Kläger "sein unwiderrufliches Einverständnis sich auf Weisung des Arbeitgebers in anderen Hafeneinzelbetrieben einsetzen zu lassen". In seiner Steuererklärung gab der Kläger Fahrten von seiner Wohnung zu dem Hafenzugang als Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an und begehrte den Ansatz der Entfernungspauschale von 2.509,20 €. Für die Fahrten innerhalb des Hafengeländes machte er die tatsächlichen Fahrtkosten in Höhe von (6.708 km x 0,30 €/km =) 2.013 € geltend. Das Finanzamt veranlagte den Kläger erklärungsgemäß. Er legte Einspruch ein und beantragte, dass für die Fahrten zwischen Wohnung und Hafenzufahrt anstelle der (ursprünglich beantragten) Entfernungspauschale die tatsächlichen Kosten in Höhe von 5.018,40 € anzusetzen seien, weil er im Hafengebiet keine erste Tätigkeitsstätte gehabt habe.

Für die Wege des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist grundsätzlich eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte anzusetzen. Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt ebenfalls die Entfernungspauschale für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend. Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiets sind die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten oder die pauschalen Kilometersätze anzusetzen, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.

Ein Tätigwerden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers auszuüben hat. Arbeitnehmer, die ihrer eigentlichen Tätigkeit in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung nachgehen, werden von der Vorschrift folglich nicht erfasst, auch wenn ihnen ein bestimmtes Tätigkeitsgebiet zugewiesen ist und sie dort in verschiedenen ortsfesten betrieblichen Einrichtungen tätig werden.

Fazit: Der Kläger wurde nicht auf einer festgelegten Fläche, sondern aufgrund (tagesaktueller) Weisungen in ortsfesten betrieblichen Einrichtungen von (vier) Kunden seines Arbeitgebers tätig. Somit liegt kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet vor. Darauf, dass sich alle Einsatzorte des Klägers auf dem Gebiet des Hamburger Hafens befinden, kommt es insoweit nicht an.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 4/21| 14-02-2023

12. Mai 2023 - Kommentare deaktiviert für Reisekosten: Orts- oder Kurtaxe

Reisekosten: Orts- oder Kurtaxe

Die Orts- oder Kurtaxe ist eine Tourismus- oder Fremdenverkehrsabgabe. Dabei handelt es sich um eine Abgabe, die in der Regel von den Kommunen erhoben wird. Die Abgabe wird regelmäßig auf Gemeindeebene je Person und entgeltlicher Übernachtung in einem Gemeindegebiet erhoben. Die Ortstaxe wird vom Beherbergungsbetrieb zusammen mit den Übernachtungskosten erhoben und gesondert auf der Rechnung ausgewiesen. Der Beherbergungsbetrieb treibt also im Auftrag der Gemeinde die Kurtaxe bei den auswärtigen Übernachtungsgästen ein und reicht diese dann an die Gemeinde weiter.

Bei der Ortstaxe, die Hotelbetriebe für die Kommunen einbehalten und weiterleiten müssen, handelt es sich um durchlaufende Posten. Durchlaufende Posten sind Beträge, die ein Unternehmer

  • im Namen und
  • für Rechnung

eines anderen einnimmt und ausgibt, was bei der Orts- bzw. Kurtaxe offensichtlich der Fall ist. In der Buchführung ist eine klare Trennung von den Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben erforderlich. Durchlaufende Posten dürfen sich nicht auf den Gewinn auswirken. Orts- oder Kurtaxen unterliegen beim Beherbergungsbetrieb nicht der Umsatzsteuer, weil es sich nicht um eine Leistung handelt, die der Unternehmer gegenüber seinen Kunden erbringt. 

Fazit: Die Orts- oder Kurtaxen, die an die Gemeinden zu entrichten sind, werden von den Beherbergungsbetrieben im Auftrag der Gemeinde von auswärtigen Übernachtungsgästen erhoben. Bei der Abrechnung von Reisekosten sind sie sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern wegen der Abhängigkeit von der Übernachtung steuerlich als Übernachtungskosten zu buchen (ohne Umsatzsteuer).

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| III C 3 - S 7015/22/10001 :001| 10-01-2023

12. Mai 2023 - Kommentare deaktiviert für Versorgungsausgleich: Übertragung von Anrechten

Versorgungsausgleich: Übertragung von Anrechten

Bei einer ehelichen Scheidung wird ein Versorgungsausgleich durchgeführt. Ziel des Versorgungsausgleichs ist die gerechte Teilung der in der Ehe erworbenen Rentenanrechte zwischen beiden Ehegatten. Dafür werden sämtliche während der Ehe erworbenen Anrechte auf eine Versorgung im Alter oder bei Invalidität hälftig geteilt. Der Versorgungsausgleich wirkt sich regelmäßig zugunsten desjenigen Ehegatten aus, der sich keine oder nur eine geringere eigenständige Altersversorgung aufbauen konnte.

Übertragung von Anrechten im Wege der internen Teilung
Zur Durchführung des Versorgungsausgleichs werden Versorgungsanrechte mit allen Rechten und Pflichten von einer ausgleichspflichtigen auf eine ausgleichsberechtigte Person übertragen. Die Übertragung der Anrechte der internen Teilung ist regelmäßig steuerfrei. 

Die Besteuerung der Leistungen aus den Anrechten erfolgt sowohl für die

  • ausgleichspflichtige Person und die
  • ausgleichberechtigte Person erst während der Auszahlungsphase, sofern kein früherer Besteuerungstatbestand ausgelöst wird, z. B. durch eine vorzeitige Kündigung.

Die konkrete Besteuerung der zugeflossenen Leistungen richtet sich bei jeder Person nach dem jeweiligen individuellen Sachverhalt. Das heißt: Wird aufgrund der internen Teilung ein Anrecht in Form eines Versicherungsvertrags zugunsten der ausgleichsberechtigten Person begründet, so gilt dieser Vertrag insoweit zu demselben Zeitpunkt als abgeschlossen wie derjenige der ausgleichspflichtigen Person.

Die ausgleichsberechtigte Person bezieht die Leistungen aus eigenem Anrecht. Bei ihr gehören die Leistungen zu den Einkünften, zu denen sie bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte. Anders als beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich können die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person nicht als Sonderausgaben abgezogen werden. Die Leistungen, die der ausgleichspflichtigen Person zuzurechnen sind, sind bereits durch die Teilung der Versorgungsanwartschaften gemindert. Dies gilt sowohl für den Fall der internen als auch der externen Teilung.

Übertragung von Anrechten im Wege der externen Teilung
Die externe Teilung ist mit einem Wechsel des Versorgungsträgers verbunden. Im Regelfall ist die Übertragung der Anrechte an den neuen Versorgungsträger steuerfrei. Die Besteuerung der Leistungen aus den Anrechten erfolgt sowohl für die ausgleichspflichtige als auch für die ausgleichsberechtigte Person erst während der Auszahlungsphase, sofern kein früherer Besteuerungstatbestand ausgelöst wurde, z. B. durch eine vorzeitige Kündigung. Die Steuerfreiheit gilt nicht, soweit Leistungen bei der ausgleichsberechtigten Person zu Kapitaleinkünften führen (§ 20 Absatz 1 Nr. 6 oder § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG) und damit nicht der nachgelagerten Besteuerung unterliegen würden.

Wird aufgrund der externen Teilung ein Anrecht in Form eines Versicherungsvertrags zugunsten der ausgleichsberechtigten Person begründet, so gilt dieser Vertrag insoweit zum selben Zeitpunkt als abgeschlossen wie bei der ausgleichspflichtigen Person.

Praxis-Beispiel:
Das Familiengericht spricht einem in Scheidung befindlichen Ehegatten, einen Ausgleichsanspruch von 25% (= 25.000 €) auf seinem Basisrentenvertrag angesparten Kapitals zu. Es wird eine externe Teilung vereinbart.

1. Variante: Die Anrechte werden auf die bereits bestehende betriebliche Altersversorgung (Pensionskasse) des Ehegatten übertragen. Da die Leistungen aus dem Basisrentenvertrag zu sonstigen Einkünften führen würden, ist die Übertragung der Anrechte steuerfrei. Die (zukünftigen) Leistungen aus der Pensionskasse unterliegen in der Folge in vollem Umfang der nachgelagerten Besteuerung. 

2. Variante: Die Anrechte werden auf den bereits bestehenden, nicht geförderten, privaten Rentenversicherungsvertrag (ohne Kapitalwahlrecht) des Ehegatten übertragen. Die Leistungen aus der Rentenversicherung unterliegen der Besteuerung als sonstige Einkünfte. Die Ausnahme des § 3 Nr. 55b Satz 2 EStG greift. Beim berechtigten Ehegatten führt der Zufluss von Leistungen aus seinem Basisrentenversicherungsvertrag im Zeitpunkt der Übertragung in Höhe des geleisteten Ausgleichswerts zu (25.000 €).

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 3 - S 2221/19/10035 :001| 11-05-2023

5. Mai 2023 - Kommentare deaktiviert für Haushaltsnahe Dienstleistung: Notrufsystem

Haushaltsnahe Dienstleistung: Notrufsystem

Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen von 20% der Aufwendungen kann für ein Hausnotrufsystem nicht in Anspruch genommen werden, wenn das System im Notfall lediglich den Kontakt zu einer 24 Stunden-Servicezentrale herstellt. Ein Notrufsystem ohne Soforthilfe ist somit nicht begünstigt.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin hatte ihre Wohnung mit einem Hausnotrufsystem ausgestattet. Der mit dem Anbieter geschlossene Vertrag beinhaltete jedoch lediglich die Bereitstellung des Hausnotruf-Geräts und einen 24 Stunden-Bereitschaftsservice. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen für das Hausnotrufsystem nicht als haushaltsnahe Dienstleistung.

Der BFH hat entschieden, dass die Steuerermäßigung nach § 35a EStG nur für haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden kann, die im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Denn die Klägerin zahlte im Wesentlichen für die vom Anbieter des Hausnotrufsystems eingerichtete Rufbereitschaft sowie für die Entgegennahme eines eventuellen Notrufs. Die Rufbereitschaft und die Entgegennahme von eingehenden Notrufen in der Servicezentrale sowie gegebenenfalls die Verständigung Dritter, damit diese vor Ort Hilfe leisten, erfolgt jedoch außerhalb der Wohnung der Klägerin und damit nicht in ihrem Haushalt.

Fazit: Ein Notrufsystem ohne Soforthilfe ist anders zu behandeln als ein Notrufsystem in einer Seniorenresidenz. Denn dort erfolgt der Notruf über einen sogenannten Piepser unmittelbar an eine Pflegekraft, die sodann die erforderliche Notfall-Soforthilfe übernimmt.

Quelle:BFH| Urteil| VI R7/21| 14-02-2023

5. Mai 2023 - Kommentare deaktiviert für Ferienwohnung: gewerbliche oder private Vermietung

Ferienwohnung: gewerbliche oder private Vermietung

Der Vermieter einer Ferienwohnung erzielt keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn der von ihm mit der treuhänderischen Vermietung beauftragte Vermittler diese hotelmäßig anbietet, aber ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Treuhandstellung hat, insbesondere weil er hoteltypische Zusatzleistungen auf eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter erbringt.

Praxis-Beispiel:
Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft, an der die Eheleute zu je 50% beteiligt sind. Die Klägerin kaufte insgesamt drei Eigentumswohnungen in einem Feriengebiet. Die Wohnungen sind neben vielen anderen Wohnungen bzw. Hotelzimmern belegen. Die Appartements werden teilweise von den Eigentümern selbst genutzt, teilweise dauervermietet und teilweise als Ferienwohnungen von verschiedenen Vermietungsgesellschaften vermietet. In dieser Anlage befindet sich auch ein Hotel.

Die Klägerin schloss mit einer GmbH einen Vertrag "über die Vermietung von Ferienwohnungen", wonach diese für den Eigentümer dessen Wohnungseinheiten, einschließlich Mobiliar und Inventar, ganzjährig als Ferienwohnung an Feriengäste vermietet. Der Vermietungsservice der GmbH beinhaltet sämtliche Leistungen, die im Zusammenhang mit der Vermietung einer Ferienwohnung stehen. Dieses umfasst insbesondere werbliche Maßnahmen, Abschluss entsprechender Mietverträge und die Betreuung der Feriengäste vor Ort, treuhänderische Entgegennahme der Mieteinnahmen, regelmäßige Berichterstattung über die Auslastungssituation sowie die Erstellung einer ordnungsgemäßen Jahresabrechnung.

Die Wohnungen der Klägerin wurden über die großen Online-Portale in der Regel als Hotelzimmer mit Frühstück angeboten, beworben und tatsächlich nahezu ausschließlich mit Hotelservice vermietet. Die Schlüsselübergabe an die Gäste erfolgte über die ständig besetzte Rezeption im Hotel. Der ca. 800 m² große Wellnessbereich des Hotels kann von den Gästen der Klägerin mitbenutzt werden. Im Hotel selbst befindet sich ein hauseigenes Restaurant mit kleiner Hotelbar. Im dortigen Restaurant wird u.a. das Frühstück eingenommen. Die GmbH stellte den Gästen unter eigenem Namen und Kontaktdaten jeweils die Kosten für den Hotelaufenthalt inklusive Frühstück zuzüglich Nebenleistungen (z. B. Kurtaxe, PKW-Stellplatz, Haustiere etc.) in Rechnung. Sie rechnete auch jeweils die Kommissionen mit den Buchungsportalen ab. Gegenüber der Klägerin erstellte die GmbH regelmäßig viertel-jährliche Abrechnungen. Im Ergebnis kehrte sie an die Klägerin die um den "Anteil Wäsche", den "Anteil Endreinigung/Hotelservice" bereinigten Beträge abzüglich Provision aus.

Die Klägerin behandelte die Einkünfte aus der Vermietung der Wohnungen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Demgegenüber stellte das Finanzamt die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheide) Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück.

In seinem nachträglich veröffentlichten Urteil hat der BFH die Mieteinnahmen den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugeordnet. Es ist zwar zutreffend, dass die Ferienwohnungen der Klägerin hotelmäßig angeboten wurden. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts hat die Klägerin die Wohnungen aber nicht selbst gewerblich vermietet, da ihr die gewerblichen Tätigkeiten der Vermittlungsgesellschaften nicht als eigene zugerechnet werden können. Die Zwischenschaltung eines gewerblichen Vermittlers führt nicht zwangsläufig dazu, dass deshalb auch der Vermieter eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Entscheidend ist vielmehr, inwieweit in der Person des Vermieters die Vermietung einer Ferienwohnung im Hinblick auf die Art des vermieteten Objekts und die Art der Vermietung einem gewerblichen Beherbergungsbetrieb vergleichbar ist.

Fazit: Das Finanzgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin aus der Vermietung ihrer Wohnungen gewerbliche Einkünfte erzielt hat, weil die Vermittlungsgesellschaft bei Abschluss der Verträge weder als Stellvertreter der Klägerin noch aufgrund eines Treuhandverhältnisses aufgetreten ist. Die Zurechnung beim Treugeber setzt voraus, dass der Treuhänder ausschließlich auf Rechnung und Gefahr des Treugebers handelt. Das war hier nicht der Fall.

Quelle:BFH| Urteil| IV R 10/18| 27-05-2020

28. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Doppelte Haushaltsführung: Kostenbeteiligung

Doppelte Haushaltsführung: Kostenbeteiligung

Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung darf nicht erkennbar unzureichend sein. Ob dies der Fall ist, bedarf einer Prüfung des Einzelfalls. Eine bestimmte betragliche Grenze sieht das Gesetz nicht vor, ebenso wenig ist eine laufende Beteiligung erforderlich.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er unterhielt eine angemietete Wohnung, von der er täglich zu seiner Arbeitsstelle fuhr. Diese Wohnung wurde vom Kläger allein bewohnt und bestand aus zwei Zimmern sowie Küche und Bad. Zudem bewohnt der Kläger gemeinsam mit seinem Bruder eine Wohnung im Obergeschoss seines Elternhauses. Diese Wohnung besteht aus zwei Schlafzimmern, einem Wohnzimmer, einem Büro, einem kleinen Zimmer mit Sportgeräten sowie Küche und Bad. In dieser Wohnung verbringt der Kläger seine Wochenenden sowie in der Regel seinen Jahresurlaub. Er ist Mitglied der freiwilligen Feuerwehr und seit dem 1.2.2007 Mitglied im offiziellen Fanclub X. Im Streitjahr erwarb der Kläger für sich und seinen Bruder Lebensmittel und Getränke für 1.240,97 €. Im Dezember 2015 überwies er zudem 1.200 € mit dem Verwendungszweck "Nebenkosten/Telekommunikation" sowie 550 € mit dem Verwendungszweck "Anteil neue Fenster in 2015" auf ein Konto seines Vaters. Mit Beginn des Jahres 2016 richtete die Familie ein "Haushaltskonto" ein, auf das der Kläger und sein Bruder monatlich 100 € bzw. 150 € überweisen. Die Eltern zahlen monatlich 200 bis 250 € ein.

Mit der Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung von 6.746 € sowie Kosten für 47 Familienheimfahrten in Höhe von 1.199 € als Werbungskosten. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Beträge auch im Einspruchsverfahren nicht als Werbungskosten, da eine ausreichende finanzielle Beteiligung am gemeinsamen Haushalt (Eltern und Brüder) nicht nachgewiesen worden sei.

Steuerlich liegt eine doppelte Haushaltsführung nur vor, wenn eine Beteiligung am Haushalt vorliegt. Es ist daher nach wie vor entscheidend, dass sich der Steuerpflichtige in dem betreffenden Haushalt, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufhält. Allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist insoweit nicht ausreichend. Der Steuerpflichtige muss des Weiteren als die Haushaltsführung wesentlich bestimmender bzw. mitbestimmender Teil anzusehen sein. Er darf nicht lediglich in einen anderen Hausstand eingegliedert sein, wie es regelmäßig bei jungen Arbeitnehmern der Fall ist, die nach Beendigung der Ausbildung weiterhin im elterlichen Haushalt ihr Zimmer bewohnen. Die elterliche Wohnung kann in einem dieser häufigen Fälle zwar, auch wenn das Kind am Beschäftigungsort eine Unterkunft bezogen hat, wie bisher der Mittelpunkt der Lebensinteressen sein, sie ist aber nicht ein von dem Kind unterhaltener eigener Hausstand.

Der Steuerpflichtige kann einen eigenen Hausstand auch dann unterhalten, wenn der Erst- oder Haupthausstand gemeinsam mit den Eltern oder einem Elternteil geführt wird. Bei älteren, wirtschaftlich selbständigen, berufstätigen Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt leben, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen, so dass ihnen dieser Hausstand als "eigener" zugerechnet werden kann. Diese Regelvermutung gilt insbesondere, wenn die Wohnung am Beschäftigungsort dem Arbeitnehmer im Wesentlichen nur als Schlafstätte dient. Denn dort ist regelmäßig weder der Haupthausstand noch der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen zu verorten.

Das Vorliegen eines eigenen Hausstands erfordert des Weiteren eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung. Bei der Kostenbeteiligung sieht das Gesetz keine bestimmte betragsmäßige Grenze vor. Es muss sich - entgegen der Meinung des Finanzamts - auch nicht um eine laufende Beteiligung im Sinne einer mietgleichen Zahlung handeln. Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich ein derartiges Erfordernis nicht. Deshalb kann sich der Steuerpflichtige dem Grunde nach auch durch Einmalzahlungen an den Kosten der Haushaltsführung finanziell beteiligen, sodass im vorliegenden Fall eine doppelte Haushaltsführung steuerlich anzuerkennen ist.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 39/19| 11-01-2023

21. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Eine Mutter, die ganzjährig alleinstehend ist und nicht mit ihrem Ehemann zusammenlebt, erfüllt nicht die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung und hat Anspruch auf einen Entlastungsbetrag, wenn sie keine Haushaltsgemeinschaft mit einer volljährigen Person bildet.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin erzielte 2016 neben ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin ist Mutter zweier Kinder, die in den Jahren 1995 und 1998 geboren wurden und die sich im Jahr 2016 in der Berufsausbildung bzw. im Studium befanden. Die Klägerin wohnte mit ihren beiden Kindern in einem Einfamilienhaus, in dem die beiden Kinder auch gemeldet waren. Eigentümer des Einfamilienhauses mit 133,67 m², waren die Klägerin und ihr früherer Ehemann. Der frühere Ehemann wohnte nicht mehr in dem Einfamilienhaus.

Ab dem 1.8.2016 vermietete die Klägerin zwei in dem Einfamilienhaus befindliche Zimmer mit einer Größe von jeweils 11 m² an zwei syrische Brüder, die zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig waren. Nach den beiden Mietverträgen durften beide Syrer das Bad, die Küche und das Wohnzimmer mitbenutzen. Die monatliche Miete betrug jeweils € 197,76 €. Die beiden Syrer erhielten Sozialleistungen nach dem SGB II; das Gericht nimmt auf die entsprechenden Bewilligungsbescheide vom 20.10.2016 und 16.12.2016 Bezug. Die Klägerin erhielt für die beiden Syrer kein Kindergeld. Die Klägerin erklärte für 2016 einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.502 €, der auf der Vermietung der beiden Zimmer an die syrischen Brüder beruhte. Ferner beantragte sie einen Entlastungsbetrag für Alleinerzieher für die zwei eigenen Kinder.

Das Finanzamt erkannte den Verlust aus den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an, berücksichtigte aber nicht den Entlastungsbetrag für Alleinerzieher, weil noch eine weitere volljährige Person im Haushalt gewohnt und eine Haushaltsgemeinschaft mit der Klägerin begründet habe. 

Zum Haushalt der Klägerin gehörten zwei (eigene) Kinder und damit mindestens ein Kind im Sinne der Vorschrift. Die Klägerin wohnte nämlich mit ihren beiden im Jahr 1995 bzw. 1998 geborenen Kindern im selben Haushalt. Der Klägerin stand für die beiden Kinder Kindergeld zu, da sich ihre Kinder in der Ausbildung bzw. im Studium befanden. Die Zugehörigkeit der Kinder der Klägerin zu ihrem Haushalt steht fest, da die Kinder zusammen mit ihr das Einfamilienhaus bewohnten und dort auch gemeldet waren.

Sie unterhielt mit dem volljährigen Syrer keine Haushaltsgemeinschaft. Die Klägerin hat diese gesetzliche Vermutung aber widerlegt, weil sie glaubhaft gemacht oder zweifelsfrei versichert hat, dass keine Haushaltsgemeinschaft besteht. Die gesetzliche Vermutung wird bereits dadurch widerlegt, dass der volljährige Syrer als Mieter im Haushalt wohnte. Er zahlte damit eine Miete an die Klägerin und war als Mieter typischerweise nicht an der Haushaltsführung beteiligt und typischerweise auch nicht verpflichtet, über seine Miete hinaus finanzielle Beiträge zum Haushalt der Klägerin zu leisten. Ein gemeinsames Wirtschaften, sodass der Volljährige zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts beitrug, war nicht vorhanden.

Der Steuerpflichtige hätte hiervon profitiert, indem seine Kosten durch eine finanzielle Beteiligung des Volljährigen reduziert würden oder indem sein Arbeitsaufwand durch eine Beteiligung des Volljährigen an den Hausarbeiten entlastet würde. Beides ist hier nicht der Fall.

Zu Recht weist die Klägerin auf den Widerspruch hin, der sich daraus ergibt, dass die Finanzverwaltung die Aufnahme volljähriger Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nicht als steuerlich schädlich hinsichtlich des Alleinerzieher-Entlastungsbetrags ansieht, zumal es bei Ukrainern nicht auf die Stellung als Mieter ankommen soll. Deshalb kann auch bei Flüchtlingen aus Syrien nichts anderes gelten.

Quelle:Finanzgerichte| Entscheidung| FG Berlin-Brandenburg, 6 K 6205/19| 27-02-2023

21. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Keine Werbungskosten bei Erstausbildung

Keine Werbungskosten bei Erstausbildung

Aufwendungen für eine Berufsausbildung sind ohne den vorherigen Abschluss einer Erstausbildung nicht als Werbungskosten abzugsfähig, auch wenn der Steuerpflichtige zuvor langjährig Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit erzielt hat.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger absolvierte in den Jahren 2001 bis 2003 ein Praktikum, das 20 Monate dauerte. Die Firma stellte ihm nach Ende des Praktikums ein Arbeitszeugnis aus, nach welchem er im Rahmen dieses Praktikums das Berufsfeld der Veranstaltungstechnik und des -managements kennengelernt habe. Der Kläger nutzte im Anschluss an das Praktikum die erworbenen Kenntnisse, um ein eigenes Gewerbe im Bereich der Veranstaltungs- und Showtechnik zu betreiben. Bereits im Februar 2005 hatte der Kläger eine Privatpilotenlizenz für einmotorige Flugzeuge nach Sichtflugregeln erworben. Im Jahr 2011 erlangte er die Nachtflugberechtigung. Im September 2016 begann er dann auf der Grundlage eines Ausbildungsvertrags bei einer Flugschule mit einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer, die er im Jahr 2017 erfolgreich abschloss. Im Anschluss war er bei verschiedenen Airlines als Verkehrspilot angestellt.
Er machte die Aufwendungen von 8.789,87 € (2016) bzw. 21.310,63 € (2017) als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte den Werbungskostenabzug ab und ließ nur den deutlich geringeren Sonderausgabenanzug zu.

Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer ist eine Berufsausbildung. Unter Berufsausbildung ist die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. 

Steuerrechtlich kommt es für den Begriff der Berufsausbildung nicht darauf an, ob diese als berufliche Umschulung (unter Umständen nach einer langjährigen gewerblichen Tätigkeit) einzuordnen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es daher unerheblich, dass er zuvor ein 20 Monate dauerndes Praktikum absolviert und infolge der dabei erworbenen Kenntnisse ein entsprechendes Gewerbe langjährig betrieben hat.

Fazit: Der Kläger hat vor Beginn seiner Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer keine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen. Somit hat das Finanzgericht zu Recht entschieden, dass das von dem Kläger in den Jahren 2001 bis 2003 absolvierte Praktikum den gesetzlichen Anforderungen an eine Erstausbildung nicht entspricht. Der Kläger hat mit dem Praktikum keine geordnete Ausbildung durchlaufen, noch hat er eine Abschlussprüfung absolviert. Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer ist somit eine Berufsausbildung, sodass in diesem Fall nur der Sonderausgabenabzug in Betracht kommt.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 22/21| 14-02-2023

14. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Spekulationsgewinn bei Verkauf nach Scheidung

Spekulationsgewinn bei Verkauf nach Scheidung

Veräußert der geschiedene Ehegatte im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Ehescheidung seinen Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Einfamilienhaus an den früheren Ehepartner, kann der Verkauf als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung unterfallen. 

Praxis-Beispiel:
Der Kläger hatte zusammen mit seiner früheren Ehefrau im Jahr 2008 ein Einfamilienhaus erworben und dieses mit ihrem gemeinsamen Kind bewohnt. Nachdem die Ehe in die Krise geriet, zog der Ehemann 2015 aus dem Objekt aus. Die Ehefrau verblieb mit dem gemeinsamen Kind in der Immobilie. Anschließend wurde die Ehe geschieden.
Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung kam es zwischen den getrenntlebenden Ehepartnern zum Streit über die Immobilie. Nachdem die Ehefrau dem Kläger die Versteigerung angedroht hatte, veräußerte der Ehemann im Jahr 2017 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an die Ehefrau. Diese nutzte die Immobilie weiterhin mit dem gemeinsamen Kind zu eigenen Wohnzwecken. Das Finanzamt unterwarf den Gewinn aus der Veräußerung des Miteigentumsanteils der Einkommensteuer. Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab.

Der BFH bestätigte das Urteil des Finanzgerichts. Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft liegt vor, wenn eine Immobilie innerhalb von 10 Jahren angeschafft und wieder veräußert wird. Dies gilt auch für einen hälftigen Miteigentumsanteil, der im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach einer Ehescheidung von einem Miteigentümer an den anderen veräußert wird.

Zwar ist die Veräußerung einer Immobilie dann nicht steuerbar, wenn die Immobilie durchgängig zwischen Anschaffung und Veräußerung oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Ein in Scheidung befindlicher Ehegatte nutzt das in seinem Miteigentum stehende Immobilienobjekt aber nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken, wenn er ausgezogen ist und nur noch sein geschiedener Ehegatte und das gemeinsame Kind weiterhin dort wohnen.

Auch das Vorliegen einer Zwangslage, wie z. B. bei einer Enteignung oder einer Zwangsversteigerung, lag nicht vor. Zwar hatte die geschiedene Ehefrau ihren Ex-Partner erheblich unter Druck gesetzt. Letztlich hat dieser aber seinen Anteil an dem Einfamilienhaus an seine geschiedene Frau freiwillig veräußert.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 11/21| 13-02-2023

14. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Bonuszinsen: Zeitpunkt des Zuflusses

Bonuszinsen: Zeitpunkt des Zuflusses

Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag fließen dem Steuerpflichtigen erst bei Auszahlung des Bausparguthabens zu, wenn darüber nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügt werden kann.

Praxis-Beispiel:
Der Steuerpflichtige schloss mit der Bausparkasse einen Bausparvertrag ab mit dem unterschiedliche Ziele erreicht und ggf. bis zur Auszahlung geändert werden konnten. Alle Wahlmöglichkeiten standen somit rückwirkend bis zur Zuteilung offen. Der Bausparer erhielt nur dann einen Bonus, wenn die Voraussetzungen, die im Einzelnen festgelegt waren, erfüllt wurden. Hierdurch erhöht sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens auf 4,75 % jährlich.

In der Steuerbescheinigung 2013 wurden dem Kläger Kapitalerträge von insgesamt 25.725,77 € bescheinigt. Aufgrund einer vom Kläger vorgelegten Nichtveranlagungsbescheinigung behielt die Bausparkasse keine Kapitalertragsteuer ein. Das Finanzamt erhielt eine Kontrollmitteilung und erfasste die Zinseinnahmen von 25.725,77 € im Jahr 2013. Der Steuerpflichtige vertrat die Auffassung, dass Zinsen entsprechend der Mitteilung der Bausparkasse auf die gesamte Laufzeit zu verteilen sei.

Der BFH hat entschieden, dass ein jährlicher Ausweis der Zinsen auf einem von der Bausparkasse geführten Bonuskonto nicht zu einem Zufluss führt, wenn der Anspruch auf die Bonuszinsen erst nach einem endgültigen Verzicht auf das Bauspardarlehen entsteht. Der Bausparer erhielt einen Bonus nur, sofern er vor der ersten Auszahlung aus dem zugeteilten Bausparvertrag auf das Bauspardarlehen verzichtet und der Bausparvertrag zwei Bewertungsstichtage vor Zuteilung mindestens ein Guthaben von 50% der Bausparsumme und einen Sparverdienst von dem Vierzigfachen des durch die Bausparsumme geteilten Bausparguthabens aufweist.

Fazit: Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein jährlicher Zufluss der Bonuszinsen auch nicht aus der vereinbarten Verzinsung ableiten. Denn auch diese Verzinsung sollte erst im Falle eines Darlehensverzichts zum Tragen kommen. Die Ausgestaltung der Verzinsung als eine auf den Vertragsbeginn rückbezogene Erhöhung der Guthabenzinsen lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass dem Kläger die Bonuszinsen auch bereits seit Vertragsschluss zustanden.

Quelle:BFH| Urteil| VIII R 18/20| 14-11-2022

14. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Spekulationsgeschäft: Überlassung an Mutter

Spekulationsgeschäft: Überlassung an Mutter

Der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist steuerpflichtig, wenn er innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt. Bei selbstgenutztem Wohneigentum ist der Veräußerungsgewinn allerdings steuerfrei, wenn die Immobilie

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. 

Keine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger erwarben 2009 eine noch zu errichtende Eigentumswohnung. Diese Eigentumswohnung überließen sie nach Fertigstellung der Mutter der Klägerin bis zu ihrem Tod in 2016 unentgeltlich zur Nutzung. Danach verkauften die Kläger die Wohnung am 9.11.2017. Die Kläger machten geltend, dass der Veräußerungsgewinn nicht steuerbar sei, da die Klägerin durch die unentgeltliche Überlassung an ihre zwischenzeitlich verstorbene Mutter eine Unterhaltsleistung erbracht habe. Die Überlassung stelle eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar. Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Der Begriff der „Nutzung zu Wohnzwecken“ ist entsprechend dem Zweck der Ausnahmeregelung, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes (z. B. wegen eines Arbeitsplatzwechsels) zu vermeiden, weit ausgelegt. Danach setzt das Merkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. 

Keine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen. Überlässt der Steuerpflichtige die Wohnung nicht ausschließlich einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind (oder mehreren einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindern) unentgeltlich zur Nutzung, sondern zugleich einem Dritten, liegt keine begünstigte Nutzung des Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken vor.

Fazit: Eine Begünstigung der Wohnungsüberlassung an andere unterhaltsberechtigte Angehörige, wie z. B. der Mutter, sieht die Rechtsprechung nicht vor. Denn für diesen Personenkreis kann eine Unterhaltspflicht und das Entstehen von Aufwendungen nicht unterstellt werden.

Quelle:Finanzgerichte| Entscheidung| FG Düsseldorf, 14 K 1525/19 E,F| 01-03-2023