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2. Juni 2023 - Kommentare deaktiviert für Fahrtkosten: Weiträumiges Tätigkeitsgebiet

Fahrtkosten: Weiträumiges Tätigkeitsgebiet

Ein Tätigwerden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers auszuüben hat.

Praxis-Beispiel:
Ein Hafenarbeiter ist im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei verschiedenen Hafeneinzelbetrieben im Hamburger Hafen tätig. Der Kläger erklärte im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung tätig zu werden. Danach verpflichtete er sich "nach Bedarf gegebenenfalls zu entsprechenden Arbeiten in einer anderen Abteilung, Betriebsstätte oder in einem Beteiligungsunternehmen des Arbeitgebers einsetzen zu lassen". Außerdem gab der Kläger "sein unwiderrufliches Einverständnis sich auf Weisung des Arbeitgebers in anderen Hafeneinzelbetrieben einsetzen zu lassen". In seiner Steuererklärung gab der Kläger Fahrten von seiner Wohnung zu dem Hafenzugang als Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an und begehrte den Ansatz der Entfernungspauschale von 2.509,20 €. Für die Fahrten innerhalb des Hafengeländes machte er die tatsächlichen Fahrtkosten in Höhe von (6.708 km x 0,30 €/km =) 2.013 € geltend. Das Finanzamt veranlagte den Kläger erklärungsgemäß. Er legte Einspruch ein und beantragte, dass für die Fahrten zwischen Wohnung und Hafenzufahrt anstelle der (ursprünglich beantragten) Entfernungspauschale die tatsächlichen Kosten in Höhe von 5.018,40 € anzusetzen seien, weil er im Hafengebiet keine erste Tätigkeitsstätte gehabt habe.

Für die Wege des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist grundsätzlich eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte anzusetzen. Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt ebenfalls die Entfernungspauschale für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend. Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiets sind die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten oder die pauschalen Kilometersätze anzusetzen, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.

Ein Tätigwerden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers auszuüben hat. Arbeitnehmer, die ihrer eigentlichen Tätigkeit in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung nachgehen, werden von der Vorschrift folglich nicht erfasst, auch wenn ihnen ein bestimmtes Tätigkeitsgebiet zugewiesen ist und sie dort in verschiedenen ortsfesten betrieblichen Einrichtungen tätig werden.

Fazit: Der Kläger wurde nicht auf einer festgelegten Fläche, sondern aufgrund (tagesaktueller) Weisungen in ortsfesten betrieblichen Einrichtungen von (vier) Kunden seines Arbeitgebers tätig. Somit liegt kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet vor. Darauf, dass sich alle Einsatzorte des Klägers auf dem Gebiet des Hamburger Hafens befinden, kommt es insoweit nicht an.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 4/21| 14-02-2023

2. Juni 2023 - Kommentare deaktiviert für Werbungskosten: Coronabedingter Umzug

Werbungskosten: Coronabedingter Umzug

Das Bewohnen einer Wohnung am Lebensmittelpunkt eines Steuerpflichtigen und seiner Familie ist dem privaten Lebensbereich zuzuordnen, sodass Aufwendungen für einen Umzug grundsätzlich steuerlich nicht abziehbar sind. Sie können aber als Werbungskosten abzugsfähig sein, wenn der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist, sodass private Gründe also eine allenfalls ganz untergeordnete Rolle spielen.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger sind ein Ehepaar. Der Ehemann war als angestellter Teil-Projektleiter für ein Unternehmen über deren Vermögen Anfang 2020 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Er wickelte dennoch weiterhin ein Projekt für seinen Arbeitgeber ab. Seine tägliche Arbeit erforderte dabei zu 60% Tätigkeiten mit Telefonaten/Meetings und zu 40% ruhigere Tätigkeiten (Lesen/Anfertigen von Berichten). Der Kläger arbeitete vor Mitte März 2020 nur in Ausnahmefällen zu Hause. Ab Januar 2020 nutzte er den privaten PKW und den öffentlichen Nahverkehr zu etwa gleichen Teilen. Zu Beginn der Corona-Maßnahmen im März 2020 musste der Kläger seine Arbeitsmaterialien aus dem Büro seines Arbeitgebers abholen und ab diesem Zeitpunkt zu Hause arbeiten. Das Büro des Arbeitgebers war gänzlich geschlossen. Dies blieb so, bis der Kläger zum 30.6.2020 das Unternehmen verließ. Im Juli 2020 begann der Kläger eine Tätigkeit bei seinem neuen Arbeitgeber, ohne dort einen festen Arbeitsplatz zu haben. Er arbeitete an vier Tagen in der Woche im Arbeitszimmer und einmal wöchentlich in den Räumen seines neuen Arbeitsgebers. 

Die Ehefrau arbeitet an vier Tagen in der Woche im Homeoffice und an einem Tag im Büro. Das Büro ihres Arbeitgebers blieb geöffnet, ein Betretungsverbot gab es nicht. Allerdings war Homeoffice aufgrund der Corona-Pandemie dringend empfohlen. Beide Kläger benötigten für ihre Tätigkeit einen großen Bildschirm. Mit Beginn des Homeoffices Mitte März 2020 nutzen die Kläger den Esstisch nicht nur als Esstisch der Familie, sondern zudem als Schreibtisch. Dort war indes nur Platz für einen großen Bildschirm. Auch sonst konnte ein solcher in der Wohnung nicht aufgestellt werden. Da die Klägerin in ihrer Arbeit zudem durch die vielen Telefonate des Klägers gestört wurde, wechselten sie sich nach Möglichkeit mit der Nutzung des Esstisches ab. Dies war nur möglich, weil beide in gewissem Maße die Arbeitszeit frei einteilen konnten. Die Kläger gingen davon aus, dass die Corona-bedingten Einschränkungen länger dauern würden, und suchten im April 2020 nach einer Wohnung, die es ihnen ermöglichen würde, zwei Arbeitszimmer einzurichten.

Die Kläger zogen im Juli 2020 in eine neue Wohnung um, die 110 m² groß ist (Wohn-/Esszimmer (28,15 m²), Küche (6,56 m²), zwei Arbeitszimmer (je 10,57 m²), Kinderzimmer (10,57 m²) und Schlafzimmer (15,29 m²). Das Finanzamt lehnte den Abzug der Umzugskosten als Werbungskosten ab.

Das Finanzgericht erkannte den Werbungskostenabzug an. Zwar reicht allein der Umstand, dass die neue Wohnung aufgrund der wesentlich großzügigeren Platzverhältnisse die Einrichtung eines Arbeitszimmers ermöglicht, nicht aus, um davon auszugehen, dass der Umzug aus nahezu ausschließlich beruflichen Gründen erfolgt ist. Aufgrund des natürlichen Bestrebens nach Verbesserung der Wohnqualität lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermitteln, ob die Einrichtung des Arbeitszimmers Anlass oder nur Folge des Umzugs in eine wesentlich größere Wohnung mit besseren Wohnbedingungen gewesen ist. Allein das Bestreben, ein abgeschlossenes Arbeitszimmer einzurichten, ist anders als bei einem Umzug aus einem konkreten beruflichen Anlass (Arbeitgeberwechsel, Umzug in neue Betriebsräume oder bei einer wesentlichen Fahrtzeitverkürzung) nicht beruflich veranlasst. 

Fazit: Entscheidend ist, ob objektiv Umstände festzustellen sind, die auf eine typische berufliche Veranlassung schließen lassen. Das ist hier der Fall, weil die Arbeitsbedingung, die der Gesetzgeber dem Arbeitsbereich zuordnet, den Klägern durch den Umzug erheblich erleichtert wurden.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Hamburg, 5 K 190/22| 22-02-2023

12. Mai 2023 - Kommentare deaktiviert für Reisekosten: Orts- oder Kurtaxe

Reisekosten: Orts- oder Kurtaxe

Die Orts- oder Kurtaxe ist eine Tourismus- oder Fremdenverkehrsabgabe. Dabei handelt es sich um eine Abgabe, die in der Regel von den Kommunen erhoben wird. Die Abgabe wird regelmäßig auf Gemeindeebene je Person und entgeltlicher Übernachtung in einem Gemeindegebiet erhoben. Die Ortstaxe wird vom Beherbergungsbetrieb zusammen mit den Übernachtungskosten erhoben und gesondert auf der Rechnung ausgewiesen. Der Beherbergungsbetrieb treibt also im Auftrag der Gemeinde die Kurtaxe bei den auswärtigen Übernachtungsgästen ein und reicht diese dann an die Gemeinde weiter.

Bei der Ortstaxe, die Hotelbetriebe für die Kommunen einbehalten und weiterleiten müssen, handelt es sich um durchlaufende Posten. Durchlaufende Posten sind Beträge, die ein Unternehmer

  • im Namen und
  • für Rechnung

eines anderen einnimmt und ausgibt, was bei der Orts- bzw. Kurtaxe offensichtlich der Fall ist. In der Buchführung ist eine klare Trennung von den Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben erforderlich. Durchlaufende Posten dürfen sich nicht auf den Gewinn auswirken. Orts- oder Kurtaxen unterliegen beim Beherbergungsbetrieb nicht der Umsatzsteuer, weil es sich nicht um eine Leistung handelt, die der Unternehmer gegenüber seinen Kunden erbringt. 

Fazit: Die Orts- oder Kurtaxen, die an die Gemeinden zu entrichten sind, werden von den Beherbergungsbetrieben im Auftrag der Gemeinde von auswärtigen Übernachtungsgästen erhoben. Bei der Abrechnung von Reisekosten sind sie sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern wegen der Abhängigkeit von der Übernachtung steuerlich als Übernachtungskosten zu buchen (ohne Umsatzsteuer).

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| III C 3 - S 7015/22/10001 :001| 10-01-2023

12. Mai 2023 - Kommentare deaktiviert für Versorgungsausgleich: Übertragung von Anrechten

Versorgungsausgleich: Übertragung von Anrechten

Bei einer ehelichen Scheidung wird ein Versorgungsausgleich durchgeführt. Ziel des Versorgungsausgleichs ist die gerechte Teilung der in der Ehe erworbenen Rentenanrechte zwischen beiden Ehegatten. Dafür werden sämtliche während der Ehe erworbenen Anrechte auf eine Versorgung im Alter oder bei Invalidität hälftig geteilt. Der Versorgungsausgleich wirkt sich regelmäßig zugunsten desjenigen Ehegatten aus, der sich keine oder nur eine geringere eigenständige Altersversorgung aufbauen konnte.

Übertragung von Anrechten im Wege der internen Teilung
Zur Durchführung des Versorgungsausgleichs werden Versorgungsanrechte mit allen Rechten und Pflichten von einer ausgleichspflichtigen auf eine ausgleichsberechtigte Person übertragen. Die Übertragung der Anrechte der internen Teilung ist regelmäßig steuerfrei. 

Die Besteuerung der Leistungen aus den Anrechten erfolgt sowohl für die

  • ausgleichspflichtige Person und die
  • ausgleichberechtigte Person erst während der Auszahlungsphase, sofern kein früherer Besteuerungstatbestand ausgelöst wird, z. B. durch eine vorzeitige Kündigung.

Die konkrete Besteuerung der zugeflossenen Leistungen richtet sich bei jeder Person nach dem jeweiligen individuellen Sachverhalt. Das heißt: Wird aufgrund der internen Teilung ein Anrecht in Form eines Versicherungsvertrags zugunsten der ausgleichsberechtigten Person begründet, so gilt dieser Vertrag insoweit zu demselben Zeitpunkt als abgeschlossen wie derjenige der ausgleichspflichtigen Person.

Die ausgleichsberechtigte Person bezieht die Leistungen aus eigenem Anrecht. Bei ihr gehören die Leistungen zu den Einkünften, zu denen sie bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte. Anders als beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich können die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person nicht als Sonderausgaben abgezogen werden. Die Leistungen, die der ausgleichspflichtigen Person zuzurechnen sind, sind bereits durch die Teilung der Versorgungsanwartschaften gemindert. Dies gilt sowohl für den Fall der internen als auch der externen Teilung.

Übertragung von Anrechten im Wege der externen Teilung
Die externe Teilung ist mit einem Wechsel des Versorgungsträgers verbunden. Im Regelfall ist die Übertragung der Anrechte an den neuen Versorgungsträger steuerfrei. Die Besteuerung der Leistungen aus den Anrechten erfolgt sowohl für die ausgleichspflichtige als auch für die ausgleichsberechtigte Person erst während der Auszahlungsphase, sofern kein früherer Besteuerungstatbestand ausgelöst wurde, z. B. durch eine vorzeitige Kündigung. Die Steuerfreiheit gilt nicht, soweit Leistungen bei der ausgleichsberechtigten Person zu Kapitaleinkünften führen (§ 20 Absatz 1 Nr. 6 oder § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG) und damit nicht der nachgelagerten Besteuerung unterliegen würden.

Wird aufgrund der externen Teilung ein Anrecht in Form eines Versicherungsvertrags zugunsten der ausgleichsberechtigten Person begründet, so gilt dieser Vertrag insoweit zum selben Zeitpunkt als abgeschlossen wie bei der ausgleichspflichtigen Person.

Praxis-Beispiel:
Das Familiengericht spricht einem in Scheidung befindlichen Ehegatten, einen Ausgleichsanspruch von 25% (= 25.000 €) auf seinem Basisrentenvertrag angesparten Kapitals zu. Es wird eine externe Teilung vereinbart.

1. Variante: Die Anrechte werden auf die bereits bestehende betriebliche Altersversorgung (Pensionskasse) des Ehegatten übertragen. Da die Leistungen aus dem Basisrentenvertrag zu sonstigen Einkünften führen würden, ist die Übertragung der Anrechte steuerfrei. Die (zukünftigen) Leistungen aus der Pensionskasse unterliegen in der Folge in vollem Umfang der nachgelagerten Besteuerung. 

2. Variante: Die Anrechte werden auf den bereits bestehenden, nicht geförderten, privaten Rentenversicherungsvertrag (ohne Kapitalwahlrecht) des Ehegatten übertragen. Die Leistungen aus der Rentenversicherung unterliegen der Besteuerung als sonstige Einkünfte. Die Ausnahme des § 3 Nr. 55b Satz 2 EStG greift. Beim berechtigten Ehegatten führt der Zufluss von Leistungen aus seinem Basisrentenversicherungsvertrag im Zeitpunkt der Übertragung in Höhe des geleisteten Ausgleichswerts zu (25.000 €).

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 3 - S 2221/19/10035 :001| 11-05-2023

5. Mai 2023 - Kommentare deaktiviert für Haushaltsnahe Dienstleistung: Notrufsystem

Haushaltsnahe Dienstleistung: Notrufsystem

Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen von 20% der Aufwendungen kann für ein Hausnotrufsystem nicht in Anspruch genommen werden, wenn das System im Notfall lediglich den Kontakt zu einer 24 Stunden-Servicezentrale herstellt. Ein Notrufsystem ohne Soforthilfe ist somit nicht begünstigt.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin hatte ihre Wohnung mit einem Hausnotrufsystem ausgestattet. Der mit dem Anbieter geschlossene Vertrag beinhaltete jedoch lediglich die Bereitstellung des Hausnotruf-Geräts und einen 24 Stunden-Bereitschaftsservice. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen für das Hausnotrufsystem nicht als haushaltsnahe Dienstleistung.

Der BFH hat entschieden, dass die Steuerermäßigung nach § 35a EStG nur für haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden kann, die im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Denn die Klägerin zahlte im Wesentlichen für die vom Anbieter des Hausnotrufsystems eingerichtete Rufbereitschaft sowie für die Entgegennahme eines eventuellen Notrufs. Die Rufbereitschaft und die Entgegennahme von eingehenden Notrufen in der Servicezentrale sowie gegebenenfalls die Verständigung Dritter, damit diese vor Ort Hilfe leisten, erfolgt jedoch außerhalb der Wohnung der Klägerin und damit nicht in ihrem Haushalt.

Fazit: Ein Notrufsystem ohne Soforthilfe ist anders zu behandeln als ein Notrufsystem in einer Seniorenresidenz. Denn dort erfolgt der Notruf über einen sogenannten Piepser unmittelbar an eine Pflegekraft, die sodann die erforderliche Notfall-Soforthilfe übernimmt.

Quelle:BFH| Urteil| VI R7/21| 14-02-2023

5. Mai 2023 - Kommentare deaktiviert für Ferienwohnung: gewerbliche oder private Vermietung

Ferienwohnung: gewerbliche oder private Vermietung

Der Vermieter einer Ferienwohnung erzielt keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn der von ihm mit der treuhänderischen Vermietung beauftragte Vermittler diese hotelmäßig anbietet, aber ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Treuhandstellung hat, insbesondere weil er hoteltypische Zusatzleistungen auf eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter erbringt.

Praxis-Beispiel:
Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft, an der die Eheleute zu je 50% beteiligt sind. Die Klägerin kaufte insgesamt drei Eigentumswohnungen in einem Feriengebiet. Die Wohnungen sind neben vielen anderen Wohnungen bzw. Hotelzimmern belegen. Die Appartements werden teilweise von den Eigentümern selbst genutzt, teilweise dauervermietet und teilweise als Ferienwohnungen von verschiedenen Vermietungsgesellschaften vermietet. In dieser Anlage befindet sich auch ein Hotel.

Die Klägerin schloss mit einer GmbH einen Vertrag "über die Vermietung von Ferienwohnungen", wonach diese für den Eigentümer dessen Wohnungseinheiten, einschließlich Mobiliar und Inventar, ganzjährig als Ferienwohnung an Feriengäste vermietet. Der Vermietungsservice der GmbH beinhaltet sämtliche Leistungen, die im Zusammenhang mit der Vermietung einer Ferienwohnung stehen. Dieses umfasst insbesondere werbliche Maßnahmen, Abschluss entsprechender Mietverträge und die Betreuung der Feriengäste vor Ort, treuhänderische Entgegennahme der Mieteinnahmen, regelmäßige Berichterstattung über die Auslastungssituation sowie die Erstellung einer ordnungsgemäßen Jahresabrechnung.

Die Wohnungen der Klägerin wurden über die großen Online-Portale in der Regel als Hotelzimmer mit Frühstück angeboten, beworben und tatsächlich nahezu ausschließlich mit Hotelservice vermietet. Die Schlüsselübergabe an die Gäste erfolgte über die ständig besetzte Rezeption im Hotel. Der ca. 800 m² große Wellnessbereich des Hotels kann von den Gästen der Klägerin mitbenutzt werden. Im Hotel selbst befindet sich ein hauseigenes Restaurant mit kleiner Hotelbar. Im dortigen Restaurant wird u.a. das Frühstück eingenommen. Die GmbH stellte den Gästen unter eigenem Namen und Kontaktdaten jeweils die Kosten für den Hotelaufenthalt inklusive Frühstück zuzüglich Nebenleistungen (z. B. Kurtaxe, PKW-Stellplatz, Haustiere etc.) in Rechnung. Sie rechnete auch jeweils die Kommissionen mit den Buchungsportalen ab. Gegenüber der Klägerin erstellte die GmbH regelmäßig viertel-jährliche Abrechnungen. Im Ergebnis kehrte sie an die Klägerin die um den "Anteil Wäsche", den "Anteil Endreinigung/Hotelservice" bereinigten Beträge abzüglich Provision aus.

Die Klägerin behandelte die Einkünfte aus der Vermietung der Wohnungen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Demgegenüber stellte das Finanzamt die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheide) Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück.

In seinem nachträglich veröffentlichten Urteil hat der BFH die Mieteinnahmen den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugeordnet. Es ist zwar zutreffend, dass die Ferienwohnungen der Klägerin hotelmäßig angeboten wurden. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts hat die Klägerin die Wohnungen aber nicht selbst gewerblich vermietet, da ihr die gewerblichen Tätigkeiten der Vermittlungsgesellschaften nicht als eigene zugerechnet werden können. Die Zwischenschaltung eines gewerblichen Vermittlers führt nicht zwangsläufig dazu, dass deshalb auch der Vermieter eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Entscheidend ist vielmehr, inwieweit in der Person des Vermieters die Vermietung einer Ferienwohnung im Hinblick auf die Art des vermieteten Objekts und die Art der Vermietung einem gewerblichen Beherbergungsbetrieb vergleichbar ist.

Fazit: Das Finanzgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin aus der Vermietung ihrer Wohnungen gewerbliche Einkünfte erzielt hat, weil die Vermittlungsgesellschaft bei Abschluss der Verträge weder als Stellvertreter der Klägerin noch aufgrund eines Treuhandverhältnisses aufgetreten ist. Die Zurechnung beim Treugeber setzt voraus, dass der Treuhänder ausschließlich auf Rechnung und Gefahr des Treugebers handelt. Das war hier nicht der Fall.

Quelle:BFH| Urteil| IV R 10/18| 27-05-2020

28. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Doppelte Haushaltsführung: Kostenbeteiligung

Doppelte Haushaltsführung: Kostenbeteiligung

Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung darf nicht erkennbar unzureichend sein. Ob dies der Fall ist, bedarf einer Prüfung des Einzelfalls. Eine bestimmte betragliche Grenze sieht das Gesetz nicht vor, ebenso wenig ist eine laufende Beteiligung erforderlich.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er unterhielt eine angemietete Wohnung, von der er täglich zu seiner Arbeitsstelle fuhr. Diese Wohnung wurde vom Kläger allein bewohnt und bestand aus zwei Zimmern sowie Küche und Bad. Zudem bewohnt der Kläger gemeinsam mit seinem Bruder eine Wohnung im Obergeschoss seines Elternhauses. Diese Wohnung besteht aus zwei Schlafzimmern, einem Wohnzimmer, einem Büro, einem kleinen Zimmer mit Sportgeräten sowie Küche und Bad. In dieser Wohnung verbringt der Kläger seine Wochenenden sowie in der Regel seinen Jahresurlaub. Er ist Mitglied der freiwilligen Feuerwehr und seit dem 1.2.2007 Mitglied im offiziellen Fanclub X. Im Streitjahr erwarb der Kläger für sich und seinen Bruder Lebensmittel und Getränke für 1.240,97 €. Im Dezember 2015 überwies er zudem 1.200 € mit dem Verwendungszweck "Nebenkosten/Telekommunikation" sowie 550 € mit dem Verwendungszweck "Anteil neue Fenster in 2015" auf ein Konto seines Vaters. Mit Beginn des Jahres 2016 richtete die Familie ein "Haushaltskonto" ein, auf das der Kläger und sein Bruder monatlich 100 € bzw. 150 € überweisen. Die Eltern zahlen monatlich 200 bis 250 € ein.

Mit der Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung von 6.746 € sowie Kosten für 47 Familienheimfahrten in Höhe von 1.199 € als Werbungskosten. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Beträge auch im Einspruchsverfahren nicht als Werbungskosten, da eine ausreichende finanzielle Beteiligung am gemeinsamen Haushalt (Eltern und Brüder) nicht nachgewiesen worden sei.

Steuerlich liegt eine doppelte Haushaltsführung nur vor, wenn eine Beteiligung am Haushalt vorliegt. Es ist daher nach wie vor entscheidend, dass sich der Steuerpflichtige in dem betreffenden Haushalt, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufhält. Allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist insoweit nicht ausreichend. Der Steuerpflichtige muss des Weiteren als die Haushaltsführung wesentlich bestimmender bzw. mitbestimmender Teil anzusehen sein. Er darf nicht lediglich in einen anderen Hausstand eingegliedert sein, wie es regelmäßig bei jungen Arbeitnehmern der Fall ist, die nach Beendigung der Ausbildung weiterhin im elterlichen Haushalt ihr Zimmer bewohnen. Die elterliche Wohnung kann in einem dieser häufigen Fälle zwar, auch wenn das Kind am Beschäftigungsort eine Unterkunft bezogen hat, wie bisher der Mittelpunkt der Lebensinteressen sein, sie ist aber nicht ein von dem Kind unterhaltener eigener Hausstand.

Der Steuerpflichtige kann einen eigenen Hausstand auch dann unterhalten, wenn der Erst- oder Haupthausstand gemeinsam mit den Eltern oder einem Elternteil geführt wird. Bei älteren, wirtschaftlich selbständigen, berufstätigen Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt leben, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen, so dass ihnen dieser Hausstand als "eigener" zugerechnet werden kann. Diese Regelvermutung gilt insbesondere, wenn die Wohnung am Beschäftigungsort dem Arbeitnehmer im Wesentlichen nur als Schlafstätte dient. Denn dort ist regelmäßig weder der Haupthausstand noch der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen zu verorten.

Das Vorliegen eines eigenen Hausstands erfordert des Weiteren eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung. Bei der Kostenbeteiligung sieht das Gesetz keine bestimmte betragsmäßige Grenze vor. Es muss sich - entgegen der Meinung des Finanzamts - auch nicht um eine laufende Beteiligung im Sinne einer mietgleichen Zahlung handeln. Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich ein derartiges Erfordernis nicht. Deshalb kann sich der Steuerpflichtige dem Grunde nach auch durch Einmalzahlungen an den Kosten der Haushaltsführung finanziell beteiligen, sodass im vorliegenden Fall eine doppelte Haushaltsführung steuerlich anzuerkennen ist.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 39/19| 11-01-2023

21. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Eine Mutter, die ganzjährig alleinstehend ist und nicht mit ihrem Ehemann zusammenlebt, erfüllt nicht die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung und hat Anspruch auf einen Entlastungsbetrag, wenn sie keine Haushaltsgemeinschaft mit einer volljährigen Person bildet.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin erzielte 2016 neben ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin ist Mutter zweier Kinder, die in den Jahren 1995 und 1998 geboren wurden und die sich im Jahr 2016 in der Berufsausbildung bzw. im Studium befanden. Die Klägerin wohnte mit ihren beiden Kindern in einem Einfamilienhaus, in dem die beiden Kinder auch gemeldet waren. Eigentümer des Einfamilienhauses mit 133,67 m², waren die Klägerin und ihr früherer Ehemann. Der frühere Ehemann wohnte nicht mehr in dem Einfamilienhaus.

Ab dem 1.8.2016 vermietete die Klägerin zwei in dem Einfamilienhaus befindliche Zimmer mit einer Größe von jeweils 11 m² an zwei syrische Brüder, die zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig waren. Nach den beiden Mietverträgen durften beide Syrer das Bad, die Küche und das Wohnzimmer mitbenutzen. Die monatliche Miete betrug jeweils € 197,76 €. Die beiden Syrer erhielten Sozialleistungen nach dem SGB II; das Gericht nimmt auf die entsprechenden Bewilligungsbescheide vom 20.10.2016 und 16.12.2016 Bezug. Die Klägerin erhielt für die beiden Syrer kein Kindergeld. Die Klägerin erklärte für 2016 einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.502 €, der auf der Vermietung der beiden Zimmer an die syrischen Brüder beruhte. Ferner beantragte sie einen Entlastungsbetrag für Alleinerzieher für die zwei eigenen Kinder.

Das Finanzamt erkannte den Verlust aus den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an, berücksichtigte aber nicht den Entlastungsbetrag für Alleinerzieher, weil noch eine weitere volljährige Person im Haushalt gewohnt und eine Haushaltsgemeinschaft mit der Klägerin begründet habe. 

Zum Haushalt der Klägerin gehörten zwei (eigene) Kinder und damit mindestens ein Kind im Sinne der Vorschrift. Die Klägerin wohnte nämlich mit ihren beiden im Jahr 1995 bzw. 1998 geborenen Kindern im selben Haushalt. Der Klägerin stand für die beiden Kinder Kindergeld zu, da sich ihre Kinder in der Ausbildung bzw. im Studium befanden. Die Zugehörigkeit der Kinder der Klägerin zu ihrem Haushalt steht fest, da die Kinder zusammen mit ihr das Einfamilienhaus bewohnten und dort auch gemeldet waren.

Sie unterhielt mit dem volljährigen Syrer keine Haushaltsgemeinschaft. Die Klägerin hat diese gesetzliche Vermutung aber widerlegt, weil sie glaubhaft gemacht oder zweifelsfrei versichert hat, dass keine Haushaltsgemeinschaft besteht. Die gesetzliche Vermutung wird bereits dadurch widerlegt, dass der volljährige Syrer als Mieter im Haushalt wohnte. Er zahlte damit eine Miete an die Klägerin und war als Mieter typischerweise nicht an der Haushaltsführung beteiligt und typischerweise auch nicht verpflichtet, über seine Miete hinaus finanzielle Beiträge zum Haushalt der Klägerin zu leisten. Ein gemeinsames Wirtschaften, sodass der Volljährige zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts beitrug, war nicht vorhanden.

Der Steuerpflichtige hätte hiervon profitiert, indem seine Kosten durch eine finanzielle Beteiligung des Volljährigen reduziert würden oder indem sein Arbeitsaufwand durch eine Beteiligung des Volljährigen an den Hausarbeiten entlastet würde. Beides ist hier nicht der Fall.

Zu Recht weist die Klägerin auf den Widerspruch hin, der sich daraus ergibt, dass die Finanzverwaltung die Aufnahme volljähriger Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nicht als steuerlich schädlich hinsichtlich des Alleinerzieher-Entlastungsbetrags ansieht, zumal es bei Ukrainern nicht auf die Stellung als Mieter ankommen soll. Deshalb kann auch bei Flüchtlingen aus Syrien nichts anderes gelten.

Quelle:Finanzgerichte| Entscheidung| FG Berlin-Brandenburg, 6 K 6205/19| 27-02-2023

21. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Keine Werbungskosten bei Erstausbildung

Keine Werbungskosten bei Erstausbildung

Aufwendungen für eine Berufsausbildung sind ohne den vorherigen Abschluss einer Erstausbildung nicht als Werbungskosten abzugsfähig, auch wenn der Steuerpflichtige zuvor langjährig Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit erzielt hat.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger absolvierte in den Jahren 2001 bis 2003 ein Praktikum, das 20 Monate dauerte. Die Firma stellte ihm nach Ende des Praktikums ein Arbeitszeugnis aus, nach welchem er im Rahmen dieses Praktikums das Berufsfeld der Veranstaltungstechnik und des -managements kennengelernt habe. Der Kläger nutzte im Anschluss an das Praktikum die erworbenen Kenntnisse, um ein eigenes Gewerbe im Bereich der Veranstaltungs- und Showtechnik zu betreiben. Bereits im Februar 2005 hatte der Kläger eine Privatpilotenlizenz für einmotorige Flugzeuge nach Sichtflugregeln erworben. Im Jahr 2011 erlangte er die Nachtflugberechtigung. Im September 2016 begann er dann auf der Grundlage eines Ausbildungsvertrags bei einer Flugschule mit einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer, die er im Jahr 2017 erfolgreich abschloss. Im Anschluss war er bei verschiedenen Airlines als Verkehrspilot angestellt.
Er machte die Aufwendungen von 8.789,87 € (2016) bzw. 21.310,63 € (2017) als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte den Werbungskostenabzug ab und ließ nur den deutlich geringeren Sonderausgabenanzug zu.

Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer ist eine Berufsausbildung. Unter Berufsausbildung ist die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. 

Steuerrechtlich kommt es für den Begriff der Berufsausbildung nicht darauf an, ob diese als berufliche Umschulung (unter Umständen nach einer langjährigen gewerblichen Tätigkeit) einzuordnen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es daher unerheblich, dass er zuvor ein 20 Monate dauerndes Praktikum absolviert und infolge der dabei erworbenen Kenntnisse ein entsprechendes Gewerbe langjährig betrieben hat.

Fazit: Der Kläger hat vor Beginn seiner Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer keine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen. Somit hat das Finanzgericht zu Recht entschieden, dass das von dem Kläger in den Jahren 2001 bis 2003 absolvierte Praktikum den gesetzlichen Anforderungen an eine Erstausbildung nicht entspricht. Der Kläger hat mit dem Praktikum keine geordnete Ausbildung durchlaufen, noch hat er eine Abschlussprüfung absolviert. Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer ist somit eine Berufsausbildung, sodass in diesem Fall nur der Sonderausgabenabzug in Betracht kommt.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 22/21| 14-02-2023

14. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Spekulationsgewinn bei Verkauf nach Scheidung

Spekulationsgewinn bei Verkauf nach Scheidung

Veräußert der geschiedene Ehegatte im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Ehescheidung seinen Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Einfamilienhaus an den früheren Ehepartner, kann der Verkauf als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung unterfallen. 

Praxis-Beispiel:
Der Kläger hatte zusammen mit seiner früheren Ehefrau im Jahr 2008 ein Einfamilienhaus erworben und dieses mit ihrem gemeinsamen Kind bewohnt. Nachdem die Ehe in die Krise geriet, zog der Ehemann 2015 aus dem Objekt aus. Die Ehefrau verblieb mit dem gemeinsamen Kind in der Immobilie. Anschließend wurde die Ehe geschieden.
Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung kam es zwischen den getrenntlebenden Ehepartnern zum Streit über die Immobilie. Nachdem die Ehefrau dem Kläger die Versteigerung angedroht hatte, veräußerte der Ehemann im Jahr 2017 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an die Ehefrau. Diese nutzte die Immobilie weiterhin mit dem gemeinsamen Kind zu eigenen Wohnzwecken. Das Finanzamt unterwarf den Gewinn aus der Veräußerung des Miteigentumsanteils der Einkommensteuer. Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab.

Der BFH bestätigte das Urteil des Finanzgerichts. Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft liegt vor, wenn eine Immobilie innerhalb von 10 Jahren angeschafft und wieder veräußert wird. Dies gilt auch für einen hälftigen Miteigentumsanteil, der im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach einer Ehescheidung von einem Miteigentümer an den anderen veräußert wird.

Zwar ist die Veräußerung einer Immobilie dann nicht steuerbar, wenn die Immobilie durchgängig zwischen Anschaffung und Veräußerung oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Ein in Scheidung befindlicher Ehegatte nutzt das in seinem Miteigentum stehende Immobilienobjekt aber nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken, wenn er ausgezogen ist und nur noch sein geschiedener Ehegatte und das gemeinsame Kind weiterhin dort wohnen.

Auch das Vorliegen einer Zwangslage, wie z. B. bei einer Enteignung oder einer Zwangsversteigerung, lag nicht vor. Zwar hatte die geschiedene Ehefrau ihren Ex-Partner erheblich unter Druck gesetzt. Letztlich hat dieser aber seinen Anteil an dem Einfamilienhaus an seine geschiedene Frau freiwillig veräußert.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 11/21| 13-02-2023

14. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Bonuszinsen: Zeitpunkt des Zuflusses

Bonuszinsen: Zeitpunkt des Zuflusses

Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag fließen dem Steuerpflichtigen erst bei Auszahlung des Bausparguthabens zu, wenn darüber nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügt werden kann.

Praxis-Beispiel:
Der Steuerpflichtige schloss mit der Bausparkasse einen Bausparvertrag ab mit dem unterschiedliche Ziele erreicht und ggf. bis zur Auszahlung geändert werden konnten. Alle Wahlmöglichkeiten standen somit rückwirkend bis zur Zuteilung offen. Der Bausparer erhielt nur dann einen Bonus, wenn die Voraussetzungen, die im Einzelnen festgelegt waren, erfüllt wurden. Hierdurch erhöht sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens auf 4,75 % jährlich.

In der Steuerbescheinigung 2013 wurden dem Kläger Kapitalerträge von insgesamt 25.725,77 € bescheinigt. Aufgrund einer vom Kläger vorgelegten Nichtveranlagungsbescheinigung behielt die Bausparkasse keine Kapitalertragsteuer ein. Das Finanzamt erhielt eine Kontrollmitteilung und erfasste die Zinseinnahmen von 25.725,77 € im Jahr 2013. Der Steuerpflichtige vertrat die Auffassung, dass Zinsen entsprechend der Mitteilung der Bausparkasse auf die gesamte Laufzeit zu verteilen sei.

Der BFH hat entschieden, dass ein jährlicher Ausweis der Zinsen auf einem von der Bausparkasse geführten Bonuskonto nicht zu einem Zufluss führt, wenn der Anspruch auf die Bonuszinsen erst nach einem endgültigen Verzicht auf das Bauspardarlehen entsteht. Der Bausparer erhielt einen Bonus nur, sofern er vor der ersten Auszahlung aus dem zugeteilten Bausparvertrag auf das Bauspardarlehen verzichtet und der Bausparvertrag zwei Bewertungsstichtage vor Zuteilung mindestens ein Guthaben von 50% der Bausparsumme und einen Sparverdienst von dem Vierzigfachen des durch die Bausparsumme geteilten Bausparguthabens aufweist.

Fazit: Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein jährlicher Zufluss der Bonuszinsen auch nicht aus der vereinbarten Verzinsung ableiten. Denn auch diese Verzinsung sollte erst im Falle eines Darlehensverzichts zum Tragen kommen. Die Ausgestaltung der Verzinsung als eine auf den Vertragsbeginn rückbezogene Erhöhung der Guthabenzinsen lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass dem Kläger die Bonuszinsen auch bereits seit Vertragsschluss zustanden.

Quelle:BFH| Urteil| VIII R 18/20| 14-11-2022

14. April 2023 - Kommentare deaktiviert für Spekulationsgeschäft: Überlassung an Mutter

Spekulationsgeschäft: Überlassung an Mutter

Der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist steuerpflichtig, wenn er innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt. Bei selbstgenutztem Wohneigentum ist der Veräußerungsgewinn allerdings steuerfrei, wenn die Immobilie

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. 

Keine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger erwarben 2009 eine noch zu errichtende Eigentumswohnung. Diese Eigentumswohnung überließen sie nach Fertigstellung der Mutter der Klägerin bis zu ihrem Tod in 2016 unentgeltlich zur Nutzung. Danach verkauften die Kläger die Wohnung am 9.11.2017. Die Kläger machten geltend, dass der Veräußerungsgewinn nicht steuerbar sei, da die Klägerin durch die unentgeltliche Überlassung an ihre zwischenzeitlich verstorbene Mutter eine Unterhaltsleistung erbracht habe. Die Überlassung stelle eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar. Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Der Begriff der „Nutzung zu Wohnzwecken“ ist entsprechend dem Zweck der Ausnahmeregelung, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes (z. B. wegen eines Arbeitsplatzwechsels) zu vermeiden, weit ausgelegt. Danach setzt das Merkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. 

Keine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen. Überlässt der Steuerpflichtige die Wohnung nicht ausschließlich einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind (oder mehreren einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindern) unentgeltlich zur Nutzung, sondern zugleich einem Dritten, liegt keine begünstigte Nutzung des Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken vor.

Fazit: Eine Begünstigung der Wohnungsüberlassung an andere unterhaltsberechtigte Angehörige, wie z. B. der Mutter, sieht die Rechtsprechung nicht vor. Denn für diesen Personenkreis kann eine Unterhaltspflicht und das Entstehen von Aufwendungen nicht unterstellt werden.

Quelle:Finanzgerichte| Entscheidung| FG Düsseldorf, 14 K 1525/19 E,F| 01-03-2023

31. März 2023 - Kommentare deaktiviert für Werbungskosten: Kosten einer Abschiedsfeier

Werbungskosten: Kosten einer Abschiedsfeier

Veranstaltet ein ehemaliger Geschäftsführer (und GmbH-Gesellschafter) eine Abschiedsfeier an einem besonderen Ort (ehemaliges Rittergut) mit aufwändigem und umfangreichem Unterhaltungsprogramm, sind die dafür anfallenden Aufwendungen als unangemessene Repräsentationsaufwendungen nicht als Werbungskosten abziehbar. Als Maßstab kann der Freibetrag von 110 € pro Person für Betriebsveranstaltungen herangezogen werden.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger war als Geschäftsführer der GmbH tätig, an der er seit 1999 auch zu ¼ als Gesellschafter beteiligt war. Zum 31.12.2014 endete die Gesellschafterstellung und das Amt des Geschäftsführers wurde zum 11.2.2015 aufgegeben. Streitig ist, ob die im Zusammenhang mit der Abschiedsfeier des Klägers geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen sind. Der Kläger legte die Rechnung des Eventbüros vom 25.6.2015 über einen Betrag von 94.980 € sowie eine Gästeliste und eine Speisenkarte vor. Nach Angaben des Klägers wurden insgesamt 162 Gäste bewirtet, was über 586 € pro Person entspricht. Im Einspruchsverfahren lehnte das Finanzamt den Abzug der Aufwendungen insgesamt ab.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass das Finanzamt zurecht den Werbungskostenabzug der Aufwendungen versagt hat. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Die Aufwendungen müssen objektiv durch die besonderen beruflichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen veranlasst sein und subjektiv zur Förderung seines Berufs getätigt werden. Eine Verabschiedung in den Ruhestand kann im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles als letzter Akt des aktiven Dienstes ganz überwiegend beruflichen Charakter haben.

Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen dürfen den Gewinn nicht mindern. (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG). Diese Abzugsbeschränkung gilt sinngemäß auch für den Werbungskostenabzug. Zu den Aufwendungen für „ähnliche Zwecke" fallen Aufwendungen für die sportliche Betätigung, Unterhaltung von Geschäftsfreunden, Freizeitgestaltung oder Kosten, die der Repräsentation des Steuerpflichtigen dienen. Es spielt keine Rolle, ob es sich um eigene oder gepachtete Einrichtungen handelt. Auch Aufwendungen für die Nutzung fremder Anlagen oder Wirtschaftsgüter fallen unter das Abzugsverbot.

Unübliche Aufwendungen setzen voraus, dass hinsichtlich des Ortes der Veranstaltung oder der Art und Weise der Unterhaltung der Gäste besondere Umstände erkennbar sind, die die Veranstaltung von einer gewöhnlichen Feierlichkeit abheben. Trotz ihrer beruflichen Veranlassung dürfen die Aufwendungen bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abzugsverbots nicht berücksichtigt werden. Die Aufwendungen pro Person in Höhe von 586,30 € übersteigen erheblich die finanziellen Aufwendungen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen. Sie liegen auch weit über dem Freibetrag von 110 € für Betriebsveranstaltungen, der hinsichtlich der Höhe der Aufwendungen als Maßstab herangezogen werden kann.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Nürnberg, 3 K 51/22| 18-10-2022

24. März 2023 - Kommentare deaktiviert für Berufsausbildung oder voll abziehbare Fortbildung?

Berufsausbildung oder voll abziehbare Fortbildung?

Eine Ausbildung, z. B. zum Rettungshelfer, ist eine Berufsausbildung. Die Aufwendungen für eine nachfolgende (teure) Ausbildung, z. B. zum Verkehrsflugzeugführer, sind daher als (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger nahm in der Zeit vom 9.7.2007 bis zum 24.8.2007 im Rahmen seines Zivildienstes bei einer Feuer- und Rettungswache an einem Lehrgang zur Erlangung der Qualifikation als Rettungshelfer teil. Der Lehrgang, der an der Landesfeuerwehrschule stattfand, umfasste insgesamt 320 praktische und theoretische Stunden. Der Kläger erlangte hierdurch die Qualifikation als "Rettungshelfer" und erhielt eine entsprechende Teilnahmebescheinigung. Nach Beendigung der Zivildienstzeit im März 2008 arbeitete der Kläger zunächst als Aushilfe in einem Modehaus.

Von Januar 2009 bis Oktober 2010 absolvierte der Kläger eine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer. Für diese Ausbildung machte er in seinen beim Finanzamt zusammen mit den Erklärungen zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre (2009 und 2010) Aufwendungen in Höhe von 79.589 € (2009) bzw. 7.913 € (2010) als vorweggenommene Werbungskosten geltend. Das Finanzamt berücksichtigte für 2009 und für 2010 jeweils 4.000 € als Sonderausgaben.

Unter den Begriff der Berufsausbildung ist die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Eine Berufsausbildung setzt gemäß § 9 Abs. 6 EStG weder voraus, dass sie in einem Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz stattfindet, noch, dass sie eine zeitliche Mindestausbildungsdauer aufweist. Ferner ist es unerheblich, ob eine Ausbildung während einer Zivildienstzeit durchlaufen wird. Eine Berufsausbildung liegt nicht nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige sich auf einen Beruf vorbereitet, den er auch tatsächlich auszuüben beabsichtigt. Sie muss auch keine bestimmten qualitativen Anforderungen erfüllen oder mit einer Prüfung abschließen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Ausbildung den Steuerpflichtigen befähigt, aus der (angestrebten) Tätigkeit Einkünfte zu erzielen. Konsequenz: Die Ausbildung zum Rettungshelfer ist eine Berufsausbildung.

Das bedeutet, dass es sich bei der Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer um eine Fortbildung handelt. Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer gehören zu den vorweggenommenen Werbungskosten, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen.

Das Finanzgericht hat somit den Abzug der Aufwendungen des Klägers für seine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer zu Unrecht abgelehnt. Da es an Feststellungen zur Höhe der im Einzelnen abziehbaren Aufwendungen fehlt, hat der BFH die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 41/20| 11-01-2023

17. März 2023 - Kommentare deaktiviert für Kindergeld für volljähriges behindertes Kind

Kindergeld für volljähriges behindertes Kind

Für ein behindertes Kind wird Kindergeld gewährt, wenn die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahrs eingetreten ist und das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Ein behindertes Kind ist dann außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann. Zur Überprüfung sind zwei Bezugsgrößen heranzuziehen: 

  1. der gesamte existenzielle Lebensbedarf des Kindes, der aus Grundbedarf und dem behinderungsbedingten Mehrbedarf besteht und 
  2. die finanziellen Mittel, die ihm zur Verfügung stehen.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin ist Mutter einer im März 1987 geborenen Tochter, deren Schwerbehindertenausweis einen Grad der Behinderung von 70 und das Merkzeichen G aufweist. Die Tochter ist verheiratet und hatte mit ihrem Ehemann einen im Jahr 2017 geborenen Sohn (Enkel der Klägerin). Der Ehemann ist zudem Vater eines weiteren Kindes aus einer früheren Beziehung, für das er Unterhalt in Höhe von monatlich 305 € zahlt. Nach Eingang angeforderter Belege über die finanzielle Situation der Familie hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes ab November 2018 auf. 

Der BFH hat Folgendes entschieden: 

  • Die außergewöhnlichen Belastungen, die mit einer Behinderung zusammenhängen, können einzeln nachgewiesen werden oder mit dem maßgeblichen Pauschbetrag gem. § 33b EStG angesetzt werden. Wird Pflegegeld gezahlt, welches den Behinderten-Pauschbetrag übersteigt, ist zu vermuten, dass mindestens ein Mehrbedarf in Höhe des gezahlten Pflegegeldes besteht.
  • Das Pflegegeld, das für ein behindertes Kind gezahlt wird, ist bei den finanziellen Mitteln, die dem Kind zur Verfügung stehen, als Bezug zu berücksichtigen. 
  • Bei der Prüfung, ob dem behinderten Kind gegenüber seinem Ehegatten ein Unterhaltsanspruch zusteht, mindern die vom Ehegatten auf sein Einkommen geleisteten Steuern (Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer) und Sozialversicherungsbeiträge das für Unterhaltsleistungen zur Verfügung stehende Einkommen.
  • Der vom Ehegatten des behinderten Kindes an ein (gemeinsames oder nicht gemeinsames) minderjähriges Kind geleistete Unterhalt mindert die Mittel, die für den Ehegattenunterhalt zur Verfügung stehen.
Quelle:BFH| Urteil| III R 13/21| 19-10-2022

17. März 2023 - Kommentare deaktiviert für Spekulationsgeschäft nach Grundstücksteilung

Spekulationsgeschäft nach Grundstücksteilung

Wird bei einer Immobilie mit einer großen Gartenfläche, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, ein Teil flurmäßig abgetrennt und anschließend als unbebaute Teilfläche veräußert, liegt innerhalb der 10-Jahres-Frist ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vor. Der privilegierte Tatbestand einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) kann nicht beansprucht werden, wenn das unbebaute Flurstück nicht mehr in einem Nutzen- und Funktionszusammenhang zum bewohnten Objekt steht.

Praxis-Beispiel:
Die Eheleute (Kläger) erwarben 2014 zu je ½ ein bebautes Grundstück mit einer Größe von 3.863 m2. Der Kaufpreis für „Gebäude, Freifläche und Landwirtschaftsfläche“ hat 123.000 € betragen. Nachfolgend sanierten die Kläger das Gebäude umfassend und bezogen es 2015 zusammen mit ihrem Sohn. Die Außenflächen des gesamten Grundstücks nutzten die Kläger als Garten. Aufgrund der von den Klägern gestellten Bauvoranfrage erteilte der zuständige Landkreis 2018 einen Bauvorbescheid für die Bebaubarkeit mit einem Einfamilienhaus. Die Kläger veranlassten die Teilung des Flurstücks in zeitlichem Zusammenhang mit Verkaufsgesprächen. Im Mai 2019 erfolgte die Bekanntgabe im Liegenschaftskataster. Am 21.6.2019 veräußerten die Kläger das Flurstück mit einer Fläche von 1.000 m2 zu einem Kaufpreis von 90.000 €.

Das Finanzamt ging davon aus, dass ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vorliegt und erfasste den Veräußerungsgewinn als sonstige Einkünfte. Die Kläger wandten dagegen ein, dass das von ihnen erworbene Grundstück als zusammenhängender Garten angelegt worden sei und deshalb ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang für eigene Wohnzwecke bestanden habe.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vorliegt und die Kläger mit der Veräußerung des Flurstücks sonstige Einkünfte von insgesamt 58.160 € erzielt haben.

Von der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft sind die Wirtschaftsgüter ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Diese gesetzliche Freistellung dient dem Zweck, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes (z. B. wegen Arbeitsplatzwechsels) zu vermeiden. Bei einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude ist der „dazugehörige Grund und Boden“ in die Begünstigung mit einzubeziehen, weil die Veräußerung eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wirtschaftsguts regelmäßig auch den anteiligen Grund und Boden umfasst. Der Zweck der Ausnahmeregelung würde verfehlt, wenn man den zugehörigen Grund und Boden abweichend von dem zu Wohnzwecken genutzten Gebäude der Besteuerung unterwirft.

Die Grenze zieht der BFH aber unter Berücksichtigung des Normzwecks des Befreiungstatbestands. So sah er in einem Fall, in dem der Steuerpflichtige das bisher als Garten genutzte Nachbargrundstück veräußerte, während er auf dem anderen Grundstück wohnen blieb, den Zweck der Steuerbegünstigung, einen Umzug insbesondere infolge eines Arbeitsplatzwechsels nicht zu erschweren, nicht als erfüllt an und beurteilte die Veräußerung als steuerbar.

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen (Az. beim BFH: IX R 14/22).

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Niedersachsen, 4 K 88/21| 19-07-2022

3. März 2023 - Kommentare deaktiviert für Erste Tätigkeitsstätte: Bereitschafts- und Ruhezeiten

Erste Tätigkeitsstätte: Bereitschafts- und Ruhezeiten

Die Feuerwache, der ein Feuerwehrmann zugeordnet ist, ist dessen erste Tätigkeitsstätte, wenn er aufgrund der Weisung seines Arbeitgebers dort auf Dauer eingesetzt ist. Zu den Einsatzzeiten gehört auch das Ableisten von Bereitschafts- und Ruhezeiten in der Feuerwache.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist Feuerwehrmann. Nach seinem Arbeitsvertrag war der Arbeitgeber berechtigt, ihn aufgrund arbeitstäglicher Weisung an 4 verschiedenen Einsatzstellen in 3 Gemeinden einzusetzen. Im Jahr 2016 war er an 112 Tagen in einer bestimmten Feuerwache eingesetzt. Er machte in seiner Einkommensteuererklärung Fahrtkosten in Höhe von 1.008 € nach Reisekostengrundsätzen geltend, weil er der Auffassung war, dass er im Streitjahr nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügt habe.

Das Finanzamt setzte jedoch nur die Entfernungspauschale in Höhe von 504 € an. Das Finanzgericht hat eine (dauerhafte) Zuordnung des Klägers zur Feuerwache allein mit der Begründung verneint, dass der Kläger nach seinem Arbeitsvertrag verpflichtet sei, nach entsprechender Einzelanweisung seinen Dienst an vier verschiedenen Einsatzstellen zu leisten.

Eine erste Tätigkeitsstätte ist nach der Rechtsprechung des BFH eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines von ihm bestimmten Dritten, wenn der Arbeitnehmer dieser dauerhaft zugeordnet ist. Um eine (dauerhafte) Zuordnung des Klägers zu verneinen, reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber laut Arbeitsvertrag nach entsprechender Einzelanweisung die Möglichkeit hat, seinen Arbeitnehmer an vier verschiedenen Einsatzstellen einzusetzen. Der vom Finanzgericht gezogene (Umkehr-)Schluss, der Kläger sei keiner dieser betrieblichen Einrichtungen zugeordnet worden, lässt sich einer solchen Bestimmung nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer auf Weisung seines Arbeitgebers in unterschiedlichen betrieblichen Einrichtungen tätig werden soll, steht seiner Zuordnung zu einer dieser betrieblichen Einrichtungen durch den Arbeitgeber nicht entgegen.

Der BFH hat deshalb das angefochtene Urteil aufgehoben und an das Finanzgericht zurückverwiesen. Es wird im zweiten Rechtsgang feststellen müssen, ob der Kläger aus vorausschauender Sicht einer bestimmten Feuerwache zugeordnet war. Die vom Kläger vorgelegten Dienstpläne können allenfalls als Indiz für die Annahme einer dauerhaften Zuordnung des Arbeitgebers herangezogen werden. Es kann ebenfalls nicht ohne Weiteres auf die Rechtsprechung des BFH zurückgegriffen werden, wonach es regelmäßig der Lebenswirklichkeit entspricht, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll.

Ob von vornherein eine Zuordnung zu einer bestimmten Feuerwache vorlag oder ob eine zunächst fehlende dauerhafte Zuordnung in späteren Jahren geändert worden ist, wird das Finanzgericht insbesondere durch Zeugenbefragung festzustellen haben.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 48/20| 25-10-2022

3. März 2023 - Kommentare deaktiviert für Kürzere Nutzungsdauer bei Abschreibung von Gebäuden

Kürzere Nutzungsdauer bei Abschreibung von Gebäuden

Die Prozentsätze für die lineare Abschreibung von Gebäuden sind gesetzlich festgelegt. Dadurch wird auch die Nutzungsdauer vorgegeben. Das Jahressteuergesetz 2022 sieht vor, dass Gebäude, die nach dem 31.12.2022 fertiggestellt werden, mit 3% abzuschreiben sind, was einer Nutzungsdauer von rund 33 Jahren entspricht. Nach dieser Gesetzesänderung sind dann die folgenden Abschreibungssätze anzuwenden:

  • 3%, wenn es sich um ein Gebäude handelt, das zum Betriebsvermögen gehört und nicht Wohnzwecken dient und für das der Bauantrag nach dem 31.3.1985 gestellt worden ist. Das gilt auch, wenn das Gebäude nicht selbst gebaut wird, sondern neu oder gebraucht gekauft wird.
  • 3% für Gebäude die nicht unter die vorherige Regelung fallen und nach dem 31.12.2022 fertiggestellt werden.
  • 2% bei allen anderen Gebäuden, die nach dem 31.12.1924 und bis zum 31.12.2022 fertiggestellt gestellt worden sind.
  • 2,5% für Gebäude, die vor dem 1.1.1925 hergestellt worden sind.

Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG darf ein Gebäude nach der tatsächlichen Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Entscheidend ist, ob das Gebäude vor Ablauf des Abschreibungs-Zeitraums, der sich aus den vorgegebenen Prozentsätzen der Abschreibung ergibt, objektiv betrachtet technisch oder wirtschaftlich verbraucht ist. Für die Bemessung der linearen Gebäude-Abschreibung nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer bedarf es einer konkreten Rechtfertigung auf Grund von objektiven Gegebenheiten. 

Ist die tatsächliche Nutzungsdauer geringer als die gesetzlich bestimmte Nutzungsdauer, muss der Steuerpflichtige dies nachweisen. Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen zu erbringen, die von einer akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm (DIN EN ISO/IEC 17024) zertifiziert worden sind.

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 3 - S 2196/22/10006 :005| 21-02-2023

3. März 2023 - Kommentare deaktiviert für Kryptowährungen: Veräußerungsgewinne steuerpflichtig

Kryptowährungen: Veräußerungsgewinne steuerpflichtig

Veräußerungsgewinne, die ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Jahres aus dem Verkauf oder dem Tausch von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Monero erzielt, unterliegen als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger hatte verschiedene Kryptowährungen erworben, getauscht und wieder veräußert. Im Einzelnen handelte es sich um Geschäfte mit Bitcoins, Ethereum und Monero, die der Steuerpflichtige privat tätigte. Im Streitjahr 2017 erzielte er daraus einen Gewinn in Höhe von insgesamt 3,4 Millionen Euro. Das Finanzamt unterwarf den Gewinn aus der Veräußerung und dem Tausch von Kryptowährungen der Einkommensteuer. Die vom Steuerpflichtigen erhobene Klage wies das Finanzgericht zurück.

Der BFH hat die Steuerpflicht der Veräußerungsgewinne aus Bitcoin, Ethereum und Monero bejaht. Bei Kryptowährungen handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die bei einer Anschaffung und Veräußerung innerhalb eines Jahres als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung unterliegen.

Virtuelle Währungen (Currency Token, Payment Token) stellen nach Auffassung des BFH ein "anderes Wirtschaftsgut" im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar. Der Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen. Er umfasst neben Sachen und Rechten auch tatsächliche Zustände sowie konkrete Möglichkeiten und Vorteile, deren Erlangung sich ein Steuerpflichtiger etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer gesonderten selbständigen Bewertung zugänglich sind.

Diese Voraussetzungen sind bei virtuellen Währungen gegeben. Bitcoin, Ethereum und Monero sind wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel anzusehen. Sie werden auf Handelsplattformen und Börsen gehandelt, haben einen Kurswert und können für direkt zwischen Beteiligten abzuwickelnde Zahlungsvorgänge Verwendung finden. Technische Details virtueller Währungen sind für die Eigenschaft als Wirtschaftsgut nicht von Bedeutung. Gewinne oder Verluste unterliegen der Besteuerung, wenn Anschaffung und Veräußerung oder Tausch der Token innerhalb eines Jahres erfolgen.

Das ist nach Ansicht des BFH auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil keine Anhaltspunkte vorliegen, dass seitens der Finanzverwaltung Gewinne und Verluste aus Geschäften mit Kryptowährungen nicht ermittelt und erfasst werden können. Dass es Steuerpflichtigen in Einzelfällen trotz aller Ermittlungsmaßnahmen der Finanzbehörden (z. B. in Form von Sammelauskunftsersuchen) beim Handel mit Kryptowährungen gelingt, sich der Besteuerung zu entziehen, kann ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht begründen.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 3/22| 13-02-2023

24. Februar 2023 - Kommentare deaktiviert für Behindertengerechter Gartenumbau

Behindertengerechter Gartenumbau

Aufwendungen für einen behindertengerechten Umbau des Gartens, der zum selbst bewohnten Einfamilienhaus gehört, sind keine außergewöhnlichen Belastungen.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin litt an einem Post-Polio-Syndrom, aufgrund dessen sie auf einen Rollstuhl angewiesen war. Um die vor dem Haus gelegenen Pflanzenbeete weiter erreichen zu können, ließen die Kläger den Weg vor ihrem Haus in eine gepflasterte Fläche ausbauen und Hochbeete anlegen. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Als außergewöhnliche Belastungen können Aufwendungen nur anerkannt werden, wenn sie dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Daher werden etwa Krankheitskosten und ebenfalls Aufwendungen zur Befriedigung des existenznotwendigen Wohnbedarfs als außergewöhnliche Belastungen anerkannt.

Die Umbaumaßnahme im Garten sei zwar auch eine Folge der Verschlechterung des Gesundheitszustands der Klägerin gewesen. Die Aufwendungen sind jedoch nicht zwangsläufig entstanden, weil der Gartenumbau vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet war, sondern in erster Linie die Folge eines frei gewählten Freizeitverhaltens. Aber! Die Klägerin kann für die Lohnaufwendungen, die in den Umbaukosten enthalten waren, eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG erhalten.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 25/20| 25-10-2022

24. Februar 2023 - Kommentare deaktiviert für Steuerfreiheit für ältere Photovoltaikanlagen

Steuerfreiheit für ältere Photovoltaikanlagen

Die Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen bei der Einkommensteuer gilt für Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt bzw. getätigt wurden bzw. werden (§ 3 Nr. 72 EStG). Es wird also nur darauf abgestellt, wann Einnahmen zufließen bzw. die Entnahmen erfolgt sind. Es kommt somit nicht darauf an, in welchem Jahr die Anlage ursprünglich in Betrieb genommen wurde.

Begünstigt sind Photovoltaikanlagen auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder auf nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden, wenn die installierte Bruttoleistung der vorhandenen Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister bis zu 30 kW (peak) beträgt.

Praxis-Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger hatte im Jahr 2011 auf einem Gebäude eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 29 kWp, installieren lassen. Da das Gebäude nicht Wohnzwecken dient, sind die Einnahmen und Entnahmen ab 2022 steuerfrei. Eine Gewinnermittlung ist somit ab 2022 nicht mehr erforderlich.

Derselbe Steuerpflichtige lässt sich im Februar 2023 auf seinem Einfamilienhaus eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von nicht mehr als 30 kWp installieren. Diese Anlage erfüllt somit ebenfalls die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung bei der Einkommensteuer.

Ergebnis: Beide Anlagen erfüllen einzeln und auch in der Summe die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung bei der Einkommensteuer, weil der Grenzwert pro Steuerpflichtigen von „insgesamt höchstens 100 kW (peak)“ nicht überschritten wird.

Hinweis zur Umsatzsteuer: Der Steuerpflichtige hat bei der ersten Photovoltaikanlage, die im Jahr 2011 installiert wurde, zur Umsatzsteuer optiert und die Vorsteuerbeträge vom Finanzamt erstattet bekommen. Die zweite Anlage wird in 2023 mit dem Nullsteuersatz geliefert. Er kann jetzt (falls noch nicht geschehen) beantragen, als Kleinunternehmer behandelt zu werden. Da der Korrekturzeitraum abgelaufen ist, findet eine Vorsteuerkorrektur für die im Jahr 2011 installierte Photovoltaikanlage nicht statt. Für die Einnahmen bzw. Entnahmen beider Photovoltaikanlagen fällt somit keine Umsatzsteuer an.

Quelle:EStG| Gesetzliche Regelung| § 3 Nr. 72 und § 52 Abs. 4| 23-02-2023

24. Februar 2023 - Kommentare deaktiviert für Kinderbetreuungskosten: Sonderausgabenabzug

Kinderbetreuungskosten: Sonderausgabenabzug

Kinderbetreuungskosten sind Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Begünstigt sind nur Aufwendungen für 

  • Kinder, die im ersten Grad mit dem Begünstigten verwandt sind (= leibliche oder adoptierte Kinder) und
  • Pflegekinder (= Kinder, mit denen der Begünstigte durch ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Band verbunden ist, sofern das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr besteht).

Des Weiteren ist erforderlich, dass das Kind zum eigenen Haushalt gehört. Maßgebend ist, wo das Kind gemeldet ist. Dann spielt es keine Rolle, wenn es z. B. über längere Zeiträume bei den Großeltern lebt oder im Internat untergebracht ist.

Begünstigt ist nur die behütende oder beaufsichtigende Kinderbetreuung. Hierzu gehört z. B. die

  • Unterbringung von Kindern in Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorten, Kinderheimen, Kinderkrippen
  • Betreuung durch Tages- und Wochenmütter sowie in Ganztagspflegestellen
  • Beschäftigung von Kinderpflegerinnen, Erzieherinnen und Kinderschwestern
  • Beschäftigung von Hilfen im Haushalt, soweit ein Kind betreut wird
  • Beaufsichtigung des Kindes bei der Erledigung von häuslichen Schulaufgaben (nicht aber die spezielle Hilfe bei den Hausarbeiten; sog. Pauk-Studio)
  • Erstattung von Fahrtkosten und anderen Kosten an die Betreuungsperson
  • Leistung eines Au-Pairs, wenn und soweit Kinderbetreuung vereinbart ist (ohne Aufteilungsschlüssel 50%)

Hinweis: Die Abgrenzung zwischen behütender oder beaufsichtigender Kinderbetreuung und nicht begünstigten Aufwendungen ist im Einzelfall fließend. Nachhilfeunterricht ist nicht begünstigt, wohl aber die Unterstützung bei den Schularbeiten während der behütenden Betreuung.

Die Eltern müssen ein einheitliches Entgelt für unterschiedliche Leistungen aufteilen (ggf. durch Schätzung). Elternbeiträge für eine Nachmittagsbetreuung dürfen nicht durch Schätzung aufgeteilt werden. Hier muss der Betreuer selbst den Aufteilungsschlüssel (schriftlich) vorgeben, weil ansonsten keine Kinderbetreuungskosten abgezogen werden dürfen.

Umfang der abziehbaren Aufwendungen: Für Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, dürfen 2/3 der tatsächlichen Kinderbetreuungskosten, maximal 4.000 € je Kind, als Sonderausgaben abgezogen werden. Bei verheirateten Eltern, die eine gemeinsame Steuererklärung abgeben, spielt es keine Rolle, wer von beiden die Aufwendungen für Kinderbetreuung getragen hat. Beim Sonderausgabenabzug werden die Aufwendungen zusammengerechnet. Ansonsten gilt der Grundsatz, dass derjenige die Aufwendungen abziehen kann, der sie bezahlt hat. Wenn von den nicht miteinander verheirateten Eltern eines Kindes, die zusammen in einem Haushalt leben, nur einer den Vertrag mit der Kindertagesstätte abschließt und das Entgelt von seinem Konto zahlt, kann auch nur dieser Elternteil die Aufwendungen geltend machen.

Abgrenzung der Kinderbetreuungskosten von den haushaltsnahen Dienstleistungen
Kinderbetreuungskosten können dann als haushaltsnahe Dienstleistung geltend gemacht werden, wenn die Betreuung des Kindes im eigenen Haushalt stattfindet. Es besteht insoweit aber kein Wahlrecht. Der Abzug als haushaltsnahe Dienstleistung kommt nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht vorliegen, z. B. wenn das Kind das 14. Lebensjahr vollendet hat.

Nachweis der Kinderbetreuungskosten/Zahlungsweg
Die Kinderbetreuungskosten müssen nachgewiesen werden. Es muss ersichtlich sein, welche Kosten entstanden sind. Außerdem ist nachzuweisen, dass die Kinderbetreuungskosten auf das Konto des Leistungserbringers eingezahlt worden sind. Dieser Nachweis ist nicht nur durch eine Einzelüberweisung möglich, sondern auch durch einen Dauerauftrag, eine Einzugsermächtigung oder eine Onlineüberweisung. Alle Unterlagen, z. B. Überweisungsträger und Bestätigungen, sind aufzubewahren, um sie zusammen mit dem Kontoauszug vorlegen zu können. Hieraus ergeben sich die erforderlichen Angaben, um die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers nachzuweisen. Barzahlungen und Barschecks werden nicht anerkannt.

Quelle:EStG| Gesetzliche Regelung| § 10 Abs. 1 Nr. 5| 23-02-2023

17. Februar 2023 - Kommentare deaktiviert für Wassergymnastik als außergewöhnliche Belastung

Wassergymnastik als außergewöhnliche Belastung

Entscheidet sich ein Steuerpflichtiger, ein ärztlich verordnetes Funktionstraining (z. B. Wassergymnastik) in einem näher zu seinem Wohnort gelegenen Fitnessstudio durchzuführen, stellen die Mitgliedsbeiträge keine außergewöhnlichen Belastungen dar, wenn mit dem Mitgliedsbeitrag auch weitere Leistungen abgegolten werden (wie z. B. Saunanutzung, Aqua Fitnesskurse). Gleiches gilt, wenn derartige Leistungen nicht nur von kranken, sondern auch von gesunden Menschen in Anspruch genommen werden. Ist eine Aufteilung nach objektiven Kriterien nicht möglich, können die Mitgliedsbeiträge nicht berücksichtigt werden.

Praxis-Beispiel:
Aufgrund ihrer zunehmend schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und zur funktionellen Verbesserung und Schmerzreduktion wurde der Klägerin ein Funktionstraining (= Wassergymnastik) ärztlich verordnet. Die Klägerin ließ die Wassergymnastik im Fitnessstudio durchzuführen. Dort finden spezielle Kurse statt, an welchen nur solche Personen teilnehmen können, die aus Krankheitsgründen eine entsprechende Verordnung erhalten haben. Die Kurse wurden von qualifizierten Übungsleitern mit einer gültigen Übungsleiterlizenz für den Rehabilitationssport durchgeführt. Die Klägerin meldete sich in diesem Fitnessstudio als Mitglied an, was zwangsläufig erfolgen musste. Sie musste dann auch den Baustein "Wasserwelt" (Modul „Wellness und Spa“) buchen. Die Krankenkasse der Klägerin rechnete die Kurskosten direkt mit dem Fitnessstudio ab. Bei der Klägerin verblieb letztlich ein Wochengesamtbeitrag für die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio für den gewählten Baustein "Wellness und Spa" in Höhe von 13,10 € zuzüglich eines Betrags von 1,25 € für die Mitgliedschaft im Verein, der das Funktionstraining durchführte. Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen an.

Das Finanzgericht erkannte die Fahrtkosten in Zusammenhang mit der Teilnahme an den ärztlich verordneten Wassergymnastikkursen und die wöchentlichen Mitgliedsbeiträge für den Verein an, der das Funktionstraining durchführte. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet zurück. Die Aufwendungen für das Fitnessstudio entstehen nicht zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige auch die Möglichkeit hat, die ärztlich verordneten Kurse außerhalb eines Fitnessstudios durchführen zu können. Allein die räumliche Nähe des Fitnessstudios zum Wohnort, die Einsparung von Park- und Fahrtkosten sowie die größere zeitliche Flexibilität führen nicht dazu, dass die Mitgliedsbeiträge für das Fitnessstudio zwangsläufig entstehen.

Da Leistungen eines Fitnessstudios nicht nur von kranken, sondern auch gesunden Menschen in Anspruch genommen werden, ist eine Aufteilung der Beiträge nach objektiven Kriterien nicht möglich. Konsequenz ist, dass die Mitgliedsbeiträge nicht berücksichtigt werden können.

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Damit erhält der BFH die Gelegenheit, höchstrichterlich zu klären, ob und ggf. inwieweit bei medizinischer Indikation der Behandlung die Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio (gerade auch in den Fällen, in denen wie im Streitfall mindestens ein auf die Behandlung zugeschnittenes Grundmodul für die Ableistung der Kurse gebucht werden muss) außergewöhnliche Belastungen sein können.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Niedersachsen, 9 K 17/21| 13-12-2022

17. Februar 2023 - Kommentare deaktiviert für Steuerpflicht: tarifvertragliche Zuschüsse

Steuerpflicht: tarifvertragliche Zuschüsse

Tarifvertragliche Zuschüsse einer Rundfunkanstalt an eine selbständige Journalistin anlässlich ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft sind nicht steuerfrei, weil sie nicht auf der Grundlage des MuSchG an die Klägerin als Arbeitnehmerin der jeweiligen Rundfunkanstalt gewährt wurde. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG kann auch nicht analog angewendet werden.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin ist überwiegend als freiberufliche Journalistin für Rundfunkanstalten beschäftigt. Sie erzielte somit Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG. Aufgrund ihrer Schwangerschaft und der Geburt ihrer zweiten Tochter erhielt die Klägerin im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeiten Zahlungen von „Mutterschaftsgeld“. Grundlage der Zahlungen waren geltende Tarifverträge, die im Fall des Nachweises einer Schwangerschaft jeweils Ansprüche auf Zuschusszahlungen für die Dauer von sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen nach der Geburt vorsahen. 

Der BFH hat entschieden, dass steuerbare Einnahmen vorliegen. Dass mit den Zuschusszahlungen keine journalistischen Leistungen der Klägerin vergütet wurden, steht dem nicht entgegen. Ihr standen laut Tarifvertrag nur aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeiten für die Rundfunkanstalten die tarifvertraglichen Zuschüsse aufgrund ihrer Schwangerschaft zu. Somit liegt die Veranlassung der Zuschusszahlungen durch ihre selbständigen journalistischen Tätigkeiten als freie Mitarbeiterin der Rundfunkanstalten (d.h. nicht durch eine abhängige Beschäftigung bei diesen) vor, was als erforderlicher Bezug zu dem freiberuflichen Betrieb der Klägerin ausreicht.

Betriebseinnahmen sind nämlich alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine Zuwendung ist betrieblich veranlasst, wenn insoweit ein nicht nur äußerlicher, sondern auch ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist. Für die Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs kommt es nicht auf die zivilrechtliche Rechtsgrundlage der Leistung an. Als betrieblich veranlasst sind nicht nur die Einnahmen zu werten, die Entgelt für betriebliche Leistungen darstellen. Es ist weder erforderlich, dass der Vermögenszuwachs im Betrieb erwirtschaftet wurde noch, dass der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch auf die Einnahme hat.

Betriebseinnahmen können somit auch vorliegen, wenn der Betriebsinhaber unentgeltliche Zuwendungen erhält, mit denen weder ein Rechtsanspruch erfüllt noch eine erbrachte Leistung vergütet werden soll. Erforderlich ist nur, dass die Zuwendung einen wirtschaftlichen Bezug zum Betrieb aufweist.

Quelle:BFH| Urteil| VIII R 39/19| 27-09-2022

17. Februar 2023 - Kommentare deaktiviert für Besteuerung eines Promotionsstipendiums

Besteuerung eines Promotionsstipendiums

Leistungen aus einem Promotionsstipendium können der Einkommensteuer unterliegen, wenn der Stipendiat eine wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat und keine Steuerbefreiungsvorschrift eingreift.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin promovierte an einer Universität. Zur Förderung von akademischen Nachwuchskräften wurde Sie aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) mit monatlich 800 € unterstützt. Entsprechend den Vergabebedingungen beteiligte sich ein privatwirtschaftliches Unternehmen in gleicher Höhe an der Finanzierung des Promotionsvorhabens und zahlte der Klägerin somit ebenfalls 800 € im Monat. Die Klägerin war verpflichtet, ihre Arbeitskraft ausschließlich der Promotion zu widmen und hierüber Nachweise zu erbringen. Zudem unterlag sie hinsichtlich der Ergebnisse ihres Promotionsprojekts einer fünfjährigen Ausübungs- und Verwertungspflicht. Das Finanzamt besteuerte den aus Mitteln des ESF gezahlten Teil des Stipendiums nicht. Die Zuwendungen, die das privatwirtschaftliche Unternehmen zahlte, sah das Finanzamt als steuerbare und steuerpflichtige sonstige Einkünfte an.

Der BFH hob die Entscheidung des Finanzgerichts auf, weil die Feststellungen des Finanzgerichts nicht ausreichten, um abschließend darüber zu entscheiden, ob die gesamten (miteinander verknüpften) Leistungen Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen sein können. Andere Einkunftsarten scheiden in diesem Zusammenhang aus. Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen setzten jedoch voraus, dass die Klägerin für die Gewährung der Leistungen aus dem Stipendium eine (wie auch immer geartete) wirtschaftliche Gegenleistung hätte erbringen müssen.

Der BFH stellt klar, dass die Arbeitszeit, die die Klägerin für die Promotion aufgewandt hat, keine relevante Gegenleistung gewesen ist. Das Finanzgericht hat daher festzustellen, ob die im Zusammenhang mit der Förderung von Promotionen jedenfalls nicht allgemeinübliche Pflicht, die wissenschaftlichen Erkenntnisse innerhalb einer bestimmten Frist ausschließlich im Geber-Bundesland beruflich zu verwerten, als 

  • wirtschaftliche Gegenleistung oder
  • als bloße Erwartungshaltung 

einzustufen ist. Davon hängt ab, ob insoweit eine Steuerpflicht eintritt.

Eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 44 EStG kann nur hinsichtlich des Teils des Stipendiums gewährt werden, der aus dem ESF finanziert wird. Soweit der Klägerin in gleicher Höhe von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen Zahlungen zugeflossen sind, handele es sich nicht um öffentliche Mittel im Sinne dieser Vorschrift.

Quelle:BFH| Urteil| X R 21/20| 27-09-2022

27. Januar 2023 - Kommentare deaktiviert für Online-Plattformen: Private Händler müssen gemeldet werden

Online-Plattformen: Private Händler müssen gemeldet werden

Betreiber digitaler Plattformen sind seit dem 1.1.2023 verpflichtet, den Finanzbehörden Informationen über Einkünfte zu melden, die von Anbietern auf diesen Plattformen erzielt worden sind. Um auch ausländische Anbieter zu erfassen, wird es einen automatischen Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedsländern der Europäischen Union geben. Das bedeutet, das seit dem 1.1.2023 auch private Verkäufe und Verkäufer an die Finanzbehörden gemeldet werden müssen. Wer auf diesen Plattformen verkauft, muss damit rechnen, dass das Finanzamt bei ihm nachfragen wird.

Folgende Tätigkeiten müssen gemeldet werden, wenn sie gegen eine Vergütung erbracht werden:

  • die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichem Vermögen (z. B. Vermietung einer Ferienwohnung über AirBnB und ähnliche Anbieter),
  • die Erbringung persönlicher Dienstleistungen (z. B. Handwerkertätigkeiten, Reinigung, Lieferdienst usw.),
  • der Verkauf von Waren (z. B. gebrauchte Kinderkleidung, Bücher, selbst hergestellte Waren usw.),
  • die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln (z. B. die Vermietung des eigenen Wohnmobils an andere Urlauber).

In Bagatellfällen sind freigestellte Anbieter nicht zu melden (§ 4 Abs. 5 Nr. 4 PStTG). Ein freigestellter Anbieter ist jeder Anbieter, der im Meldezeitraum unter Inanspruchnahme derselben Plattform in weniger als 30 Fällen relevante Tätigkeiten erbracht und dadurch insgesamt weniger als 2.000 € als Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben bekommen hat.

Gemeldet werden müssen also alle Verkäufer bzw. Anbieter, die pro Jahr auf einer Plattform

  • mindestens 30 Verkaufsabschlüsse machen und
  • mindestens 2.000 € damit einnehmen.

Unklar ist, ob beide oder nur einer der Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Die Betreiber von Online-Plattformen werden im Zweifel eine Meldung vornehmen, wenn einer der Grenzwerte zutrifft.

Die Plattformbetreiber melden die Dienstleistungs- und Veräußerungsgeschäfte ihrer Nutzer an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Dieses leitet die Daten an die jeweils zuständigen Finanzbehörden der Länder weiter. Die Länderfinanzbehörden leiten die Daten dann automatisiert an die jeweiligen Finanzämter weiter. Das Finanzamt prüft dann, ob der gemeldete Verkäufer die Transaktionen bzw. die Verkaufserlöse in seiner Steuererklärung angegeben hat.

Kleinstverkäufer mit wenigen Transaktionen und geringen Umsätzen werden die Finanzämter dabei vermutlich eher nicht überprüfen. Ziel ist es, Vielverkäufer zu finden und sichergehen, dass diese ihre Einnahmen korrekt versteuern und ggf. eine gewerbliche Tätigkeit anmelden.

Folgende Daten werden an das Finanzamt weitergeleitet:

  • Name
  • Geburtsdatum
  • Steueridentifikationsnummer
  • Postanschrift
  • Bankverbindung
  • alle relevanten Transaktionen
  • Verkaufserlöse
  • alle für die Nutzung der Plattform angefallenen Gebühren und
  • falls vorhanden: die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Händlers bzw. Anbieters

Unproblematisch ist der gelegentliche Verkauf von Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Sinnvoll ist es jedoch zu notieren, wann welcher Gegenstand wo und für wie viel verkauft wurde. Falls Belege über den Einkauf und/oder Verkauf vorhanden sind, sollten diese aufgehoben werden. So ist man auf der sicheren Seite, falls das Finanzamt nachfragt.

Hinweis: Online-Plattformen müssen diese Meldungen jeweils nach Ablauf eines Jahres an das Bundeszentralamt für Steuern übermitteln - erstmalig Anfang 2024 für 2023.

Quelle:Sonstige| Gesetzliche Regelung| Plattformen-Steuertransparenzgesetz - PStTG| 26-01-2023

20. Januar 2023 - Kommentare deaktiviert für Unterhalt: Anrechnung eigener Einkünfte

Unterhalt: Anrechnung eigener Einkünfte

Besteht kein Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibeträge, können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung gegenüber einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person entstehen, bis zur Höhe des tariflichen Grundfreibetrags im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Diese Regelung tritt rückwirkend zum 1.1.2022 in Kraft. Das bedeutet, dass sich mit jeder Erhöhung des tariflichen Grundfreibetrags automatisch auch der Abzugsbetrag für Unterhaltesaufwendungen erhöht. Somit können im Jahr
2022 maximal 10.347 €,
2023 maximal 10.908 €,
2024 maximal 11.604 €
abgezogen werden.

Zusätzlich abziehbar sind die im jeweiligen Veranlagungszeitraum geleisteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, soweit sie nicht als Sonderausgaben abgezogen werden.

Einkünfte der unterhaltenen Person sind anzurechnen. Bei der Anrechnung unterscheidet das Einkommensteuergesetz zwischen Einkünften und Bezügen sowie Ausbildungszuschüssen. Einkünfte und Bezüge sind auf den Unterhaltshöchstbetrag anzurechnen, soweit sie den Betrag von 624 € im Jahr überschreiten. Die anrechenbaren Einkünfte sind nach den einkommensteuerlichen Vorschriften zu ermitteln. Ausbildungszuschüsse sind dagegen ohne Einschränkung und damit in voller Höhe anzurechnen. Negative Einkünfte der unterhaltenen Person mindern nicht die anrechenbaren Ausbildungshilfen (BAföG-Zuschüsse).

Quelle:UStG| Gesetzliche Regelung| § 33 a Abs. 1 UStG i.d.F. des Inflationsausgleichsgesetzes| 19-01-2023

20. Januar 2023 - Kommentare deaktiviert für Spekulationsgewinn bei einem selbstgenutzten Haus

Spekulationsgewinn bei einem selbstgenutzten Haus

Der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist steuerpflichtig, wenn er innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt. Bei selbstgenutztem Wohneigentum ist der Veräußerungsgewinn allerdings steuerfrei, wenn die Immobilie

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). 

Der BFH hat (anders als das Niedersächsische Finanzgericht) entschieden, dass der Gewinn aus dem Verkauf einer selbstgenutzten Wohnung teilweise steuerpflichtig ist, auch wenn nur einzelne Räume des Gebäudes lediglich an einzelnen Tagen vermietet wurden.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger sind verheiratet und schlossen 2011 einen Kaufvertrag über ein Reihenhaus (ca. 150 qm Wohnfläche)ab, das sie zu einem Kaufpreis von 141.000 € erwarben. In den Jahren 2012 bis 2017 vermieteten sie einzelne Zimmer im Dachgeschoss des Hauses tageweise an Messegäste und erzielten daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Mit notariellem Vertrag vom 16.11.2017 verkauften die Kläger die Immobilie zu einem Kaufpreis von 294.500€. Das Finanzamt ging hinsichtlich der zeitweise vermieteten Räume im Dachgeschoss von einem privaten Veräußerungsgeschäft aus. Einzubeziehen sei das gesamte Dachgeschoss (2 Zimmer zur Alleinnutzung sowie Flur und Bad zur Mitnutzung), weil diese zeitweise vermietet worden sind.

Der BFH hat den Ausdruck "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" entsprechend dem Zweck, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes zu vermeiden, stets sehr weit gefasst und eigenständig ausgelegt. Ausreichend ist, dass der Steuerpflichtige das Gebäude zumindest auch selbst bewohnt. Unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Erfasst sind daher auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden. Ist die Nutzung auf Dauer angelegt, kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige noch eine (oder mehrere) weitere Wohnung(en) hat und wie oft er sich darin aufhält. Auch eine geringfügige Nutzung zu eigenen Wohnzwecken reicht aus. Auch ein häusliches Arbeitszimmer wird zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Eine Nutzung zu "eigenen“ Wohnzwecken liegt jedoch nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen bzw. bewohnen zu können.

Konsequenz: Die vorübergehende Vermietung einzelner Zimmer einer Wohnung schließt die "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" aus, weil der Mieter die vermieteten Räume unter Ausschluss des Vermieters nutzt. Mit der vertraglichen Verpflichtung, die Räume dem Mieter zur ausschließlichen Nutzung vorübergehend zu überlassen, schließt der Vermieter der Möglichkeit aus, die Räume (auch) selbst zu nutzen, d.h., eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist insoweit ausgeschlossen. Eine räumliche oder zeitliche Bagatellgrenze für eine unschädliche Vermietung an Dritte sieht das Gesetz nicht vor.

Nur insoweit, als das Merkmal "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ ausgeschlossen ist, liegt ein steuerbares Veräußerungsgeschäft vor. Unschädlich ist hingegen die Überlassung von Bad und Flur zur Mitbenutzung durch die Mieter, weil hier die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht ausgeschlossen ist. Bei Flur und Badezimmer, die in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind, bleibt jedenfalls eine geringfügige Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch während der Zeit der Vermietung bestehen. 

Das Finanzgericht hat nunmehr den steuerpflichtigen Teil des Veräußerungsgewinns zu ermitteln. Dazu muss es den Anteil der Wohnfläche (zwei Räume im Dachgeschoss) ermitteln, die zur Alleinnutzung überlassen wurden, und diesen ins Verhältnis zur Gesamtwohnfläche setzen.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 20/21| 18-07-2022

13. Januar 2023 - Kommentare deaktiviert für Mieterabfindung als Werbungskosten

Mieterabfindung als Werbungskosten

Abfindungen, die der Steuerpflichtige für die vorzeitige Kündigung des Mietvertrags und die Räumung der Wohnung an seinen Mieter zahlt, um das Gebäude umfangreich renovieren zu können, sind als Werbungskosten sofort abziehbar und nicht als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu behandeln.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin (eine GbR) erwarb eine umfassend vermietete Immobilie mit vier Wohneinheiten zum Kaufpreis von 1.200.000 €. Sie renovierte das unter Denkmalschutz stehende Objekt für rund 615.000 €. Um die Mieter zur Beendigung der Mietverträge und zur Räumung ihrer Wohnungen zu bewegen und die Renovierungsarbeiten durchführen zu können, zahlte die Klägerin Abfindungen in Höhe von insgesamt 35.000 €. Die GbR machte die Mieterabfindungen für das Streitjahr 2017 als sofort abziehbare Werbungskosten geltend. Hingegen ging das Finanzamt davon aus, dass die im sachlichen Zusammenhang mit den Baumaßnahmen stehenden Aufwendungen als Herstellungs-kosten zu qualifizieren seien. Das Finanzamt minderte deshalb die Werbungskosten um 35.000 €. 

Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15% der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (= anschaffungsnahe Herstellungskosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Diese Aufwendungen erhöhen die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung. Die Beurteilung als anschaffungsnahe Herstellungskosten ist auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt. Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen lediglich mitveranlasst sind, fallen nicht darunter. Aufwendungen, die nicht Teil derartiger Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen sind, müssen ohnehin einer getrennten steuerrechtlichen Würdigung unterzogen werden.

Die Regelung zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten beruht auf der Annahme, dass der Kaufpreis gerade im Hinblick auf die notwendigen Erhaltungsaufwendungen niedriger kalkuliert worden ist, so dass die Nachholung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Teil des Kaufpreises ist. Diese Erwägung gilt aber nur für Baumaßnahmen (Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen), nicht jedoch für Mieterabfindungen. Sie spiegeln sich nicht typischerweise in einer dauerhaften Erhöhung des Gebäudewerts wider, so dass der Käufer regelmäßig auch keine Veranlassung haben wird, sie dem Verkäufer über einen höheren Kaufpreis zu entgelten.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 29/21| 19-09-2022

13. Januar 2023 - Kommentare deaktiviert für Verzicht auf ein Wohnrecht = Werbungskosten

Verzicht auf ein Wohnrecht = Werbungskosten

Vorab entstandene Werbungskosten liegen vor, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzunehmen ist. Das ist der Fall, wenn der Berechtigte eines Erbbaugrundstücks dem Inhaber eines Wohnrechts ein Entgelt dafür zahlt, dass dieser der Löschung seines Wohnrechts zustimmt und das Gebäude räumt. Nur so war es erreichbar, das Wohngebäude zu vermieten und Einkünfte daraus zu erzielen.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger hatte im Jahr 2012 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge das Erbbaurecht für ein Grundstück erworben. Auf dem Grundstück befindet sich ein Wohngebäude (Doppelhaushälfte). Das Erbbaurecht war mit einem Wohnrecht belastet. Der Kläger machte die Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe des Wohnrechts (40.000 €) und die Notarkosten für die Beurkundung des Verzichts auf das Wohnrecht (3.591,89 €) als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt wertete die Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe des Wohnrechts und die damit im Zusammenhang stehenden Beurkundungskosten nicht als Werbungskosten, sondern als Anschaffungskosten des Wohngebäudes und berücksichtigte diesen Aufwand durch die Erhöhung der Abschreibung.

Der Kläger war der Auffassung, dass die Ausgleichsentschädigung für das Wohnrecht und die dafür angefallenen Beurkundungskosten in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind, weil nur dadurch die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Doppelhaushälfte möglich war.

Der BFH hat entschieden, dass Finanzamt und Finanzgericht zu Unrecht davon ausgegangen sind, dass der Kläger die Ausgleichsentschädigung für das gelöschte Wohnrecht und die in diesem Zusammenhang angefallenen Beurkundungskosten nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen kann. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen an, bevor damit Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht.

Der Kläger war nur deshalb in der Lage, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, weil er die unentgeltliche Überlassung aufgrund des Wohnrechts durch eine entgeltliche Nutzungsüberlassung ersetzt hat. Erst dadurch war er in der Lage, an Dritte vermieten können. Konsequenz: Der Aufwand für die Ablösung des Wohnrechts steht in einem ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen aus der Vermietung. Der Aufwand kann somit als (vorab entstandene) Werbungskosten berücksichtigt werden. Die Grundstücksnutzung nach Ablösung des Wohnrechts stellt den Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung her. Ohne Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, dass der Verzicht auf das Wohnrecht nicht nur schuldrechtlich vereinbart wurde, sondern das dingliche Recht im Erbbaugrundbuch gelöscht wurde.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 9/21| 19-09-2022

6. Januar 2023 - Kommentare deaktiviert für Sonderabschreibung für den Bau neuer Mietwohnungen

Sonderabschreibung für den Bau neuer Mietwohnungen

Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus wurde ein neuer § 7b EStG eingeführt. Die bisherigen Regelungen wurden durch das Jahressteuergesetz 2022 verlängert und ergänzt. Unverändert gilt, dass für die Anschaffung und Herstellung neuer Wohnungen neben der linearen Abschreibung eine Sonderabschreibung beansprucht werden kann. Die Sonderabschreibung beträgt im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden drei Jahren jährlich bis zu 5% der Bemessungsgrundlage. Anschaffungen sind nur begünstigt, wenn eine Wohnung neu ist. Das ist bei einer Anschaffung nur dann der Fall, wenn sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wird. Die Sonderabschreibung kann außerdem nur vom Anschaffenden in Anspruch genommen werden.

Die Sonderabschreibungen können nur beansprucht werden, wenn der Bauantrag 

  • nach dem 31.8.2018 bis zum 31.12.2021 und
  • ab dem 1.1.2023 bis zum 31.12.2026 

gestellt wird oder aufgrund einer Bauanzeige, die in diesem Zeitraum gestellt wird, neuer Wohnraum in einem Gebäude geschaffen wird, der bisher nicht vorhanden war und der für die entgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken geeignet ist. Die Voraussetzungen des § 181 Abs. 9 des BewG müssen erfüllt sein, sodass auch Nebenräume, die zu einer Wohnung gehören, einzubeziehen sind. 

Die Wohnung muss im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen. Wohnungen dienen nicht Wohnzwecken, soweit sie zur vorübergehenden Beherbergung von Personen genutzt werden. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dürfen für Wohnungen, 

  1. die aufgrund eines nach dem 31.8.2018 und bis zum 31.12.2021 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellt werden, 3.000 € je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen,
  2. die aufgrund eines ab dem 1.1.2023 und bis zum 31.12.2026 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellt werden, 4.800 € je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen.

Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung wird daran gekoppelt, dass das Gebäude, in dem die neue Wohnung hergestellt wird, die Kriterien für ein "Effizienzhaus 40" mit Nachhaltigkeitsklasse/Effizienzgebäude-Stufe 40 erfüllt und dies durch Qualitätssiegel „Nachhaltiges Gebäude“ nachgewiesen wird.

Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der begünstigten und förderfähigen Wohnung, jedoch

  • maximal 2.000 € je m² Wohnfläche.
  • maximal 2.500 € je m² für Wohnungen, die aufgrund eines nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.1.2027 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellt werden.

Die in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen sind rückgängig zu machen, soweit 

  • die Wohnung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren nicht der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dient,
  • die Wohnung oder ein Gebäude mit begünstigten Wohnungen im Jahr der Anschaffung oder der Herstellung und in den folgenden neun Jahren veräußert wird und der Veräußerungsgewinn nicht der Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuer unterliegt oder
  • die Baukostenobergrenze innerhalb der ersten drei Jahre nach Anschaffung oder Herstellung der neuen Wohnung durch nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten überschritten wird. 

Die Sonderabschreibungen werden für Anspruchsberechtigte mit Einkünften im Sinne der §§ 13, 15 und 18 EStG nur gewährt, soweit die Voraussetzungen der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis Beihilfen (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 1) (De-minimis-Verordnung) in der jeweils geltenden Fassung eingehalten werden. Danach darf unter anderem die De-minimis-Beihilfe, die einem einzigen Unternehmen innerhalb von 3 Veranlagungszeiträumen gewährt wird, 200.000 € nicht übersteigen. Hierbei sind auch andere in diesem Zeitraum an das Unternehmen gewährte De-minimis-Beihilfen gleich welcher Art und Zielsetzung zu berücksichtigen.

Quelle:EStG| Gesetzliche Regelung| § 7b EStG i.d.F. des Jahressteuergesetz 2022| 05-01-2023

23. Dezember 2022 - Kommentare deaktiviert für Avalprovisionen: Keine Schuldzinsen

Avalprovisionen: Keine Schuldzinsen

Alle Leistungen, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital zu erbringen hat, sind ertragsteuerlich als Schuldzinsen zu beurteilen, die bei der Ermittlung von Über- und Unterentnahmen zu berücksichtigen sind (§ 4 Abs. 4a Satz 1 EStG). Der Vertrag über einen Avalkredit ist, ebenso wie die klassische Bürgschaft, kein Darlehen in diesem Sinne.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger führt als Einzelunternehmer eine Tankstelle, die er von einem Mineralölunternehmen gepachtet hatte. Das Mineralölunternehmen verpflichtete den Kläger, zur Sicherung aller Forderungen aus der Geschäftsverbindung und der Bereitstellung des Agenturbestands an Waren eine Bankbürgschaft zu stellen. Der Kläger schloss aufgrund dessen mit einer Bank einen "Kreditvertrag für Avalkredite" ab. Für den Avalkredit hatte der Kläger Provisionen und Kontoführungsgebühren zu zahlen, ebenso für die Ausfallbürgschaft. Das Finanzamt berücksichtigte die gewinnmindernden Aufwendungen bei der Ermittlung der Über- und Unterentnahmen, sodass der Abzug der Schuldzinsen dadurch eingeschränkt wurde. Der Kläger machte geltend, dass es sich bei den Provisionen nicht um Schuldzinsen gehandelt habe, weil sie nicht für die zeitlich begrenzte Überlassung von Kapital gezahlt worden seien. 

Der BFH hat entschieden, dass der ertragssteuerrechtliche Begriff „Schuldzinsen“ nicht auf Avalprovisionen zutrifft (entgegen der Auffassung des Finanzamts). Der Avalgeber stellt (anders als ein Darlehensgeber) kein Kapital zur Verfügung. Vielmehr ist es so, dass es sich um eine Bankbürgschaft handelt, die lediglich die Forderung des Gläubigers absichert. Ein Liquiditätseinsatz (also die Gewährung eines Darlehens) wird erst dann geschuldet, wenn die Bank vom Gläubiger des Schuldners in Anspruch genommen wird. 

Fazit: Der Vertrag über einen Avalkredit ist genauso zu behandeln, wie eine klassische Bürgschaft. Die Provisionen und Kontoführungsgebühren sind somit nicht zur Nutzung von überlassenem Kapital gezahlt worden.

Quelle:BFH| Urteil| X R 15/21| 30-08-2022

16. Dezember 2022 - Kommentare deaktiviert für Photovoltaikanlagen: Was sich ändert

Photovoltaikanlagen: Was sich ändert

Die Anschaffung von Photovoltaikanlagen wird in den Artikel 1 und 16 des Jahressteuergesetzes 2022 sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich neu geregelt. 

Steuerfrei bei der Einkommensteuer
Für kleinere Photovoltaikanlagen wird eine Befreiung bei der Ertragsteuer eingeführt. Die Steuerbefreiung gilt für die Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden. Die Steuerbefreiung gilt im Zusammenhang mit dem Betrieb von Photovoltaikanlagen, die sich

  • auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen und Carports und anderweitiger Nebengebäude) oder nicht zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden befinden, wenn die Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 30 kW (peak) ausgestattet ist und
  • auf, an oder in sonstigen Gebäuden befinden, wenn die Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit ausgestattet ist.

Die Summe ist auf insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft) oder Mitunternehmerschaft begrenzt. 

Wenn die Einnahmen aus dieser Tätigkeit insgesamt steuerfrei sind, ist kein Gewinn zu ermitteln. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften (z. B. bei einer Vermietungs-GbR) führt der Betrieb von Photovoltaikanlagen, die die begünstigten Anlagengrößen nicht überschreiten, nicht zu einer gewerblichen Infektion der Vermietungseinkünfte. Damit können auch vermögensverwaltende Personengesellschaften künftig auf ihren Mietobjekten Photovoltaikanlagen von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- und Gewerbeeinheit (max. 100 kW (peak)) installieren und ihre Mieter mit selbst produziertem Strom versorgen, ohne steuerliche Nachteile befürchten zu müssen.

Hinweis zum Marktstammdatenregister (MaStR), das von der Bundesnetzagentur geführt wird: Alle Akteure des Strom- und Gasmarktes sind verpflichtet, sich selbst mit ihren Anlagen registrieren zu lassen. Das heißt, dass jedem Beteiligten bekannt sein muss, wie hoch die Bruttoleistung tatsächlich ist.

Nullsteuersatz bei der Umsatzsteuer
Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes ab 2023 ist, dass die Photovoltaikanlage auf und in der Nähe von 

  • Privatwohnungen,
  • Wohnungen sowie
  • öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden,

installiert wird. Der Nullsteuersatz ist mit EU-Recht vereinbar (Artikel 98 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III Nr. 10c der Richtlinie 2006/112/EG). Die Richtlinienregelung wurde übernommen, sodass der maximale Spielraum genutzt wird, den das EU-Recht den Mitgliedstaaten bei der Anwendung eines Nullsteuersatzes für Photovoltaikanlagen zugesteht. Die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage darf laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kW (peak) betragen.

Konsequenz für den Lieferanten: Wenn es nicht offensichtlich ist, muss sich der leistende Unternehmer beim Erwerber über die Nutzungsart des Gebäudes informieren. Aufgrund der Registrierung im Marktstammdatenregister ist dem leistenden Unternehmer bekannt, welche Leistung die von ihm gelieferte Photovoltaikanlage hat. Dem Nullsteuersatz unterliegt die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten sowie Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern.

Ergebnis: Bei der Umsatzsteuer und der Ertragsteuer besteht keine Übereinstimmung hinsichtlich der begünstigten Photovoltaikanlagen, weil 

  • der Nullsteuersatz bei der Umsatzsteuer nur angewendet werden kann bei Installationen auf, an oder in Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, während
  • die Ertragssteuerbefreiung auch für Anlagen auf, an oder in sonstigen Gebäuden bzw. Gebäuden gilt, die nicht Wohnzwecken dienen.

Privatpersonen, z. B. Arbeitnehmer, die zusätzlich nur steuerfreie Einnahmen aus dem Betrieb von begünstigten Photovoltaikanlagen erzielen, brauchen hierfür keinen Gewinn mehr zu ermitteln und auch keine Anlage EÜR mehr abgegeben. Aufgrund des Nullsteuersatzes können diese Privatpersonen ohne finanzielle Nachteile die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung anwenden. Der Vorsteuerabzug als Grund für einen Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung entfällt, weil die Lieferung von Photovoltaikanlagen nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet ist.

Anders sieht bei natürlichen Personen, Kapitalgesellschaften oder Mitunternehmerschaften aus, die Photovoltaikanlagen im Rahmen ihres Unternehmens betreiben. Gehört die Photovoltaikanlage zum Betriebsvermögen, ist sie als Anlagevermögen auszuweisen und abzuschreiben. Wegen der Steuerbefreiung müssen aber außerhalb der Bilanz Gewinnkorrekturen vorgenommen werden. Der Nullsteuersatz bei der Umsatzsteuer kann nur angewendet werden bei Installationen auf, an oder in Privatwohnungen und Wohnungen. Bei anderen Immobilien wird der Lieferant in seiner Rechnung die Umsatzsteuer ausweisen müssen, die dann gegebenenfalls als Vorsteuer abziehbar ist.

Quelle:Sonstige| Gesetzvorhaben| Artikel 1 und 16 des Jahressteuergesetzes 2022| 15-12-2022

16. Dezember 2022 - Kommentare deaktiviert für Rentenbeginn: Aufgeschobene Altersrente

Rentenbeginn: Aufgeschobene Altersrente

Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder eines berufsständischen Versorgungswerks werden versteuert. Bemessungsgrundlage ist der Jahresbetrag der Rente. Der Besteuerung unterliegt allerdings nur ein Anteil (Prozentsatz), der sich nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Prozentsatz richtet (Tabelle in § 22 EStG). Das maßgebliche Jahr des Rentenbeginns ist das Jahr, in dem der Rentenanspruch entstanden ist. Wird der Beginn des Renteneintritts auf Antrag des Rentenberechtigten über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus aufgeschoben, um einen höheren Rentenanspruch zu erlangen, dann ist das Jahr maßgeblich, in dem die Auszahlung der Rente beginnt. 

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist in einer berufsständischen Versorgungskasse versichert. Nach der Satzung hat er mit Vollendung des 65. Lebensjahres (Altersgrenze) Anspruch auf lebenslange Altersrente. Auf Antrag kann der Beginn der Rentenzahlung über die Altersgrenze hinaus aufgeschoben werden, jedoch längstens für die Dauer von 36 Monaten nach Erreichen der Altersgrenze. In diesem Fall gewährt die Versorgungskasse Zuschläge zu der nach der regulären Altersgrenze erworbenen Rentenanwartschaft, die sich bei einem Aufschub von 36 Monaten auf 21,5% belaufen. Der Anspruch auf Zahlung der Altersrente beginnt mit dem Monat, in dem der Anspruch entsteht. Der Kläger beantragte bei der Versorgungskasse, den Beginn der Rentenzahlung um den höchstmöglichen Zeitraum von 36 Monaten hinauszuschieben.

Der Kläger beantragte, dass bei der Besteuerung der Prozentsatz des Jahres zugrunde gelegt wird, der für das Jahr der Vollendung seines 65. Lebensjahres (Altersgrenze) maßgebend war und nicht der Prozentsatz des Jahres, in dem die Rentenzahlung tatsächlich begonnen hat. Das Finanzamt lehnte dies ab.

Der BFH hat entschieden, dass sich der Beginn des Renteneintritts nach den Rechtsgrundlagen richtet, die für das jeweilige Versorgungssystem maßgeblich sind. Maßgebend für die Erlangung eines höheren Rentenanspruchs ist danach der Zeitpunkt, den der Rentenberechtigte in Übereinstimmung mit der Versorgungskasse über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus aufgeschoben hat. Das war der Beginn der aufgeschobenen Altersrente.

Der steuerfreie Teilbetrag der Rente richtet sich somit nach dem Prozentsatz des Jahres, in dem die Zahlung der hinausgeschobenen Rente begonnen hat. Hat das Finanzamt im ersten Jahr der Auszahlung den Prozentsatz zugrunde gelegt, der für das Jahr der Vollendung des 65. Lebensjahres galt, dann hat dies für die Folgejahre keine Bindungswirkung. Ein eventueller Fehler, der dem Finanzamt in einem bestandskräftig veranlagten Vorjahr bei der Ermittlung des steuerfreien Rententeilbetrags unterlaufen ist, ist daher nicht in die Folgejahre zu übernehmen.

Quelle:BFH| Urteil| X R 29/20| 30-10-2022

16. Dezember 2022 - Kommentare deaktiviert für Trennungsunterhalt durch Naturalleistungen

Trennungsunterhalt durch Naturalleistungen

Überlässt ein Ehegatte seinen Miteigentumsanteil am gemeinsamen Haus unentgeltlich an den geschiedenen oder dauernd getrenntlebenden Ehegatten, handelt es sich insoweit um Naturalunterhalt. Dieser Naturalunterhalt kann beim sogenannten Realsplitting in Höhe der ortsüblichen Miete berücksichtigt werden. Die ortsübliche Miete ist auch dann anzusetzen, wenn beide unterhaltsrechtlich einen betragsmäßig geringeren Wohnvorteil vereinbart haben.

Praxis-Beispiel:
Der verheiratete Kläger lebte in 2015 dauernd getrennt von seiner Ehefrau. Die Ehefrau und die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder bewohnten noch bis Dezember 2015 die bisherige Familienwohnung, deren Eigentümer die Eheleute je zur ideellen Hälfte waren. Die getrenntlebenden Eheleute schlossen eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung, in der sich der Kläger dazu verpflichtete, seiner von ihm getrenntlebenden Ehefrau bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils Trennungsunterhalt von monatlich 200 € als Elementar- und Versorgungsunterhalt zu zahlen. Sie vereinbarten, dass der Trennungsunterhalt monatlich 600 € betrug. Hierauf war der Wohnvorteil für die Überlassung des Miteigentumsanteils an der zuvor gemeinsam genutzten Familienwohnung mit 400 € in Abzug zu bringen. Die getrenntlebende Ehefrau verpflichtete sich, für den Kläger die Anlage U zu unterzeichnen. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, die getrenntlebende Ehefrau von "allen hieraus erwachsenden steuerlichen Nachteilen" freizuhalten.

Nachdem der Einkommensteuerbescheid 2015 bestandskräftig war, beantragte der Kläger die Änderung des Einkommensteuerbescheids und begehrte, Unterhaltsleistungen von 12.066 € in Abzug zu bringen. Für die Nutzungsüberlassung der ehemaligen Familienwohnung sei nicht der Betrag von 400 € zu berücksichtigen, sondern der tatsächliche Mietwert seines Miteigentumsanteils von monatlich 818,07 €. Das Finanzgericht ging zwar davon aus, dass die formellen Voraussetzungen für eine Änderung der Steuerfestsetzung vorlagen, berücksichtigte aber nur den vereinbarten Betrag von 400 €.

Unterhaltsleistungen sind typischerweise Aufwendungen zur Bestreitung der Lebensführung, z. B. für Ernährung, Kleidung oder Wohnung. Der Unterhalt kann in Geld oder geldwerten Sachleistungen erbracht werden. Somit stellt die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung eine Naturalunterhaltsleistung dar, die beim Realsplitting mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsorts anzusetzen ist (sinngemäße Anwendung von § 15 Abs. 2 BewG). Die Wohnungsüberlassung mindert den Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf Barunterhalt, sodass diese einer geldwerten Sachleistung (Ausgabe) gleichzusetzen ist, die mit der Überlassung zur Nutzung abfließt. Die Wohnungsüberlassung unter gleichzeitiger Verminderung des Barunterhalts kürzt nur den Zahlungsweg ab. Der unterhaltsverpflichtete Ehegatte erzielt mangels eines Entgelts keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Andererseits hat der BFH entschieden, dass es keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten darstellt, wenn die Überlassung einer Immobilie an den geschiedenen oder dauernd getrenntlebenden Ehegatten entgeltlich im Rahmen eines Mietvertrags erfolgt. Es liegen dann Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vor, selbst wenn die Miete mit dem geschuldeten Barunterhalt verrechnet wird. Im vorliegenden Fall liegen allerdings keine Anzeichen vor, dass ein entgeltliches Mietverhältnis vereinbart wurde. Es wurde vielmehr ein Trennungsunterhalt von 600 € vereinbart, von dem allerdings nur 200 € als Elementar- und Vorsorgeunterhalt auszuzahlen waren. Der Betrag vom 400 € sei, solange die Ehefrau noch in der ehemals gemeinsam genutzten Familienwohnung lebe, mit dem Wohnvorteil zu verrechnen. Ebenso deutlich ist die Vereinbarung, wonach der Trennungsunterhalt erst ab dem 1.1.2016 (nach dem erwarteten Auszug) in voller Höhe ausgezahlt werde. Die Aussage des Finanzgerichts, dass die Nutzungsüberlassung des Miteigentumsanteils keine unentgeltliche Naturalunterhaltsleistung sei, sondern auf einer entgeltlichen mietvertragsähnlichen Vereinbarung beruhe, ist somit unzutreffend.

Die unterhaltsrechtliche Vereinbarung über die Höhe des Vorteils aus der Nutzung der ehemaligen Familienwohnung ist hinsichtlich der Höhe des Sonderausgabenabzugs (Realsplittings) nicht bindend. Vielmehr ist die unentgeltliche Überlassung der Wohnung mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsorts anzusetzen. Das Finanzgericht hat diese zu ermitteln.

Quelle:BFH| Urteil| X R 33/20| 28-06-2022

9. Dezember 2022 - Kommentare deaktiviert für Gebäude: Abschreibung ab 2023

Gebäude: Abschreibung ab 2023

Die Prozentsätze für die lineare Abschreibung von Gebäuden sind gesetzlich festgelegt (§ 7 Abs. 4 EStG). Dadurch wird auch die Nutzungsdauer vorgegeben. Die neueste Fassung des Jahressteuergesetzes 2022 sieht vor, dass Gebäude, die nach dem 1.1.2023 fertiggestellt werden, mit 3% (vorher 2%) abzuschreiben sind, was einer Nutzungsdauer von rund 33 Jahren entspricht. Nach dieser Gesetzesänderung sind bei der Abschreibung von Gebäuden folgende Sätze anzuwenden:

  • 3%, wenn es sich um ein Gebäude handelt, das zum Betriebsvermögen gehört und für das der Bauantrag nach dem 31.3.1985 gestellt worden ist. Das gilt auch, wenn das Gebäude nicht selbst gebaut wird, sondern neu oder gebraucht gekauft wird.
  • 3% für Gebäude, die nach dem 31.12.2022 fertiggestellt werden.
  • 2% bei allen anderen Gebäuden, die nach dem 31.12.1924 und vor dem 1.1.2023 fertiggestellt gestellt worden sind.
  • 2,5% für Gebäude, die vor dem 1.1.1925 hergestellt worden sind.

Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG darf ein Gebäude nach der tatsächlichen Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Ist die tatsächliche Nutzungsdauer geringer als die gesetzlich bestimmte Nutzungsdauer, muss der Steuerpflichtige dies nachweisen. Dabei kann sich der Steuerpflichtige, der sich auf eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer beruft, jeder geeigneten Darlegungsmethode bedienen (BFH-Urteil vom 28.7.2021, IX R 25/19). Auf die ursprünglich geplante Abschaffung dieser Regelung in § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG wird verzichtet, sodass neben den gesetzlich festgelegten Prozentsätzen nach wie vor auch eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer nachgewiesen werden kann.

Quelle:Sonstige| Gesetzvorhaben| Jahressteuergesetz 2022| 08-12-2022

9. Dezember 2022 - Kommentare deaktiviert für Häusliches Arbeitszimmer/Homeoffice

Häusliches Arbeitszimmer/Homeoffice

Die Regelung zum häuslichen Arbeitszimmer wird abweichend vom ursprünglichen Gesetzentwurf neu geregelt. Nach wie vor gilt der Grundsatz, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht abziehbar sind. Davon gibt es aber Ausnahmen, die nach der Neuregelung wie folgt aussehen:

  • Steht für die betriebliche und berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können die Aufwendungen sowie die Kosten der Ausstattung pauschal mit einem Betrag von 1.260 € im Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden. Es handelt sich um eine Jahrespauschale, sodass ein Nachweis der Aufwendungen nicht erforderlich ist. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1.260 € um ein Zwölftel.
  • Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können anstelle der Jahrespauschale von 1.260 € die tatsächlichen Aufwendungen abgezogen werden, wobei es nicht mehr darauf ankommt, ob noch ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Homeoffice-Pauschale (nunmehr unbefristet): Für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird und keine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, die außerhalb der häuslichen Wohnung liegt, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 € (Tagespauschale), höchstens 1.260 € im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden. 

Fazit: Die Homeoffice-Pauschale kann also auch dann angewendet werden, wenn die vorstehenden Regelungen zum häuslichen Arbeitszimmer nicht in Betracht kommen.

Anwendung: Die Neuregelung ist für Tätigkeiten in der häuslichen Wohnung anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 ausgeübt werden.

Quelle:Sonstige| Gesetzvorhaben| Artikel 1 des Jahressteuergesetzes 2022| 08-12-2022

2. Dezember 2022 - Kommentare deaktiviert für Anpassung der Grundbesitzbewertung

Anpassung der Grundbesitzbewertung

Das Bewertungsgesetz wird hinsichtlich der Grundbesitzbewertung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Grunderwerbsteuer durch das Jahressteuergesetz 2022 geändert. Es ist verfassungsrechtlich erforderlich, die Bewertung des Vermögens bei der Erbschaftsteuer einheitlich am gemeinen Wert (tatsächlichen Wert) auszurichten. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern sowie für Wohnungs- und Teileigentum wird regelmäßig das Vergleichswertverfahren angewendet, wobei Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren zugrunde gelegt werden.

Ist für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie für Wohnungs- und Teileigentum das Vergleichswertverfahren mangels Vergleichspreisen oder Vergleichsfaktoren nicht anwendbar oder ist für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke auf dem örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete zu ermitteln, kann das Ertragswertverfahren nicht angewendet werden. Als Auffangverfahren ist dann das Sachwertverfahren nach den §§ 189 -191 BewG heranzuziehen.

Im Sachwertverfahren sind vorrangig die Sachwertfaktoren anzuwenden, die von den Gutachterausschüssen ermittelt werden. Nur wenn derartige Sachwertfaktoren nicht zur Verfügung stehen, sind weiterhin (ersatzweise) die in der Anlage 25 zum BewG bestimmten Wertzahlen anzuwenden, die im Wege des Jahressteuergesetzes 2022 an die aktuellen Marktverhältnisse angepasst werden. Die Anwendung der typisierten durchschnittlichen Wertzahlen kann im Vergleich zu den örtlichen Marktverhältnissen zu niedrigeren oder höheren Werten führen.

Die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), die am 1.1.2022 in Kraft getreten ist, ist verbindlich anzuwenden. Die ImmoWertV 2021 und die Anwendungshinweise zur Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertA) ersetzten die bisherigen Vorgaben. Das BMF betont, dass es sich bei der Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer an die ImmoWertV 2021 nicht um steuererhöhende Maßnahmen handelt. Vielmehr geht es um die Anpassung von Werten für ein Auffangverfahren, das nur in bestimmten Fällen ersatzweise bei der Bewertung angewendet wird. Niedrigere Werte können unverändert nachgewiesen werden. Davon unabhängig gelten die persönlichen Freibeträge bei der Erbschaftsteuer sowie die Möglichkeiten zur steuerfreien Nutzung einer Wohnung für Kinder nach einem Erbfall.

Fazit: Das bedeutet im Ergebnis, dass bei der Grundbesitzbewertung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Grunderwerbsteuer künftig regelmäßig höhere Werte angesetzt werden als bisher. Auch wenn das BMF beteuert, dass es sich nicht um steuererhöhende Maßnahmen handelt, dürfte es durch den Ansatz höherer Werte regelmäßig auch zu einer höheren Steuerbelastung kommen.

Quelle:Sonstige| Gesetzvorhaben| Jahressteuergesetz 2022 - Entwurf| 01-12-2022

2. Dezember 2022 - Kommentare deaktiviert für Gewinn aus der Veräußerung eines Mobilheims

Gewinn aus der Veräußerung eines Mobilheims

Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sind als private Veräußerungsgeschäfte (sog. Spekulationsgewinne) zu versteuern, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt, sind ebenfalls als private Veräußerungsgeschäfte zu beurteilen (ausgenommen sind Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs). Bei Wirtschaftsgütern, die zumindest in einem Kalenderjahr zur Erzielung von Einkünften genutzt werden, erhöht sich der Zeitraum von einem auf zehn Jahre

Praxis-Beispiel:
Der Steuerpflichtige erwarb 2011 ein Mobilheim, das auf einem Campingplatz aufgestellt war, als "gebrauchtes Fahrzeug". Das Mobilheim steht mit seinen Rädern auf einer ebenen, betonierten Fläche. Es verfügt über Versorgungsanschlüsse für Wasser, Gas und Strom sowie über einen Kanalisationsanschluss. Die Anmietung der Parzelle war auf jeweils eine Saison angelegt; der Vertrag verlängerte sich aber automatisch, sofern keine fristgerechte Kündigung erfolgte. Im Fall der Kündigung war der Kläger zur Räumung des Platzes verpflichtet. Bereits in 2011 hatte der Kläger das Mobilheim vermietet. In 2015 verkaufte der Kläger das Mobilheim. Das Finanzamt behandelte den Verkauf als steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft.

Bei dem veräußerten Mobilheim handelt es sich nicht um ein (bebautes) Grundstück, sondern um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden. Die isolierte Veräußerung kann somit nicht als privates Veräußerungsgeschäft aus der Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten eingestuft werden. Es handelt sich jedoch um eine Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern. Da der Steuerpflichtige das Mobilheim vermietet hatte, hat er es zur Erzielung von Einkünften genutzt. Konsequenz: Bei anderen Wirtschaftsgütern, die zumindest in einem Kalenderjahr zur Erzielung von Einkünften genutzt werden, erhöht sich der Zeitraum von einem auf zehn Jahre, sodass der Veräußerungsgewinn aufgrund dieser Regelung steuerpflichtig ist.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 22/21| 23-05-2022

2. Dezember 2022 - Kommentare deaktiviert für Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Alleinstehende Personen haben einen Anspruch auf einen Entlastungsbetrag von 4.008 €, wenn sie mit mindestens einem Kind, für das sie Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag erhalten, in der gemeinsamen Wohnung in einer Haushaltsgemeinschaft leben. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag um 240 €. Alleinstehende dürfen mit anderen Personen (außer den Kindern) keine Haushaltsgemeinschaft bilden. Als alleinstehend ist in der Regel nur ein Steuerpflichtiger anspruchsberechtigt, der nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens erfüllt. Somit kann ein Steuerpflichtiger alleinstehend sein, 

  • der nicht verheiratet/verpartnert ist oder
  • der verheiratet/verpartnert ist, aber dauernd getrennt lebt oder
  • der im Veranlagungszeitraum eine Ehe/Lebenspartnerschaft schließt oder
  • der verwitwet ist oder
  • dessen Ehegatte/Lebenspartner im Ausland lebt und nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. 

Weitere Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet. Es ist allerdings unschädlich, wenn es sich bei der anderen volljährigen Person um ein leibliches Kind, Adoptiv-, Pflege-, Stief- oder Enkelkind handelt, für das dem Steuerpflichtigen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person liegt vor, wenn der Steuerpflichtige und die andere Person in einer gemeinsamen Wohnung gemeinsam wirtschaften. Ein gemeinsames Wirtschaften kann darin bestehen, dass die andere volljährige Person zu den Kosten beiträgt und/oder tatsächlich im Haushalt mithilft. Auf den Umfang der Hilfe oder des Anteils an den im Haushalt anfallenden Arbeiten kommt es regelmäßig nicht an.

Das Kind, für das dem Steuerpflichtigen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht, gehört zum Haushalt des Steuerpflichtigen, wenn es in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist, dauerhaft in dessen Wohnung lebt oder mit seiner Einwilligung vorübergehend, z. B. zu Ausbildungszwecken, auswärtig untergebracht ist. Ist ein Kind annähernd gleichwertig in die beiden Haushalte seiner alleinstehenden Eltern aufgenommen, können die Eltern (unabhängig davon, an wen das Kindergeld ausgezahlt wird) untereinander bestimmen, wem der Entlastungsbetrag zustehen soll. Diese Wahlmöglichkeit besteht nicht, wenn einer der Berechtigten bei seiner Veranlagung oder durch Berücksichtigung der Steuerklasse II beim Lohnsteuerabzug den Entlastungsbetrag bereits in Anspruch genommen hat. Treffen die Eltern keine Bestimmung über die Zuordnung des Entlastungsbetrags, steht er demjenigen zu, an den das Kindergeld ausgezahlt wird.

Ist das Kind in den Wohnungen beider Elternteile gemeldet und ist nur ein Elternteil alleinstehend, ist diesem Elternteil der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende unabhängig davon zu gewähren, ob dieser die Voraussetzungen für die Auszahlung des Kindergeldes erfüllt oder erfüllen würde.

Praxis-Beispiel:
Die geschiedenen Eltern haben eine gemeinsame zehnjährige Tochter. Die Mutter hat im Jahr 01 erneut geheiratet und lebt während des ganzen Jahres mit dem neuen Ehegatten und der Tochter in einem gemeinsamen Haushalt. Die Tochter ist sowohl in der Wohnung der Mutter als auch in der Wohnung des Vaters gemeldet. Die Mutter erhält das Kindergeld.

Der Vater kann den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Anspruch nehmen. Er ist alleinstehend und die Tochter gehört zu seinem Haushalt. Die Mutter kann den Entlastungsbetrag nicht in Anspruch nehmen. Sie ist nicht alleinstehend, da sie während des gesamten Jahres 01 in einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person lebt.

Der Entlastungsbetrag kann nur gewährt werden, wenn das Kind durch seine Identifikationsnummer identifiziert wird. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ist ein Jahresbetrag, der in jedem Veranlagungszeitraum insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden kann. Eine Aufteilung zwischen den Haushalten alleinerziehender Elternteile ist nicht möglich. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages dem Grunde nach nicht vorgelegen haben, ermäßigt sich der Betrag zeitanteilig um ein Zwölftel.

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 8 - S 2265-a/22/10001 :001| 22-11-2022

25. November 2022 - Kommentare deaktiviert für Kindergeld: Rückwirkende Auszahlung

Kindergeld: Rückwirkende Auszahlung

Das festgesetzte Kindergeld kann nur rückwirkend für 6 Monate vor Beginn des Monats ausgezahlt werden, in dem der Antrag bei der Kindergeldkasse eingegangen ist (§ 70 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin hatte für ihren Sohn Kindergeld bezogen, weil er sich in Ausbildung befand. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung ab Februar 2017 auf, weil sie eine Mitteilung über das Ende der Ausbildung im Januar 2017 erhalten hatte. Mit Antrag vom 29.07.2019, der bei der zuständigen Familienkasse am 30.7.2019 eingegangen ist, beanspruchte die Klägerin rückwirkend Kindergeld, weil ihr Sohn seit 2014 ein ausbildungsbegleitendes Verbundstudium absolviert habe. Die Familienkasse setzte das Kindergeld mit Bescheid vom 26.8.2019 antragsgemäß fest und wies im Bescheid darauf hin, dass eine Auszahlung des festgesetzten Kindergelds erst ab Januar 2019, d.h. für die letzten sechs Monate vor Antragstellung, erfolgen könne. Die Klägerin legte erfolglos Einspruch ein.

§ 70 Abs. 1 Satz 2 EStG regelt, dass das festgesetzte Kindergeld nur rückwirkend für die letzten 6 Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist, ausgezahlt werden kann (= Ausschlussfrist). Diese Ausschlussfrist betrifft nicht die Festsetzung des Kindergelds. 

Die rückwirkende Begrenzung der Kindergeldzahlung auf 6 Monate ist nicht verfassungswidrig, weil kein Verstoß gegen das Gebot der Steuerfreistellung des Existenzminimums des Kindes vorliegt. Die Gewährung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen sind sich ergänzende Regelungen. Führen die Kinderfreibeträge zu einer Entlastung, die über der Höhe des Kindergelds liegt, wird das Kindergeld angerechnet. Bei dieser Günstigerprüfung wird nicht festgesetztes oder nicht gezahltes Kindergeld nur in Höhe von 0 € berücksichtigt. Das heißt, dass ein festgesetzter und nicht ausgezahlter Anspruch auf Kindergeld bei der Prüfung der Steuerfreistellung und der Hinzurechnung unberücksichtigt bleibt. 

Konsequenz: Da die Steuerfreistellung das Existenzminimums des Kindes sichergestellt ist, ist die rückwirkende Begrenzung der Kindergeldzahlung auf 6 Monate verfassungsgemäß.

Quelle:BFH| Beschluss| III R 21/21| 21-09-2022

18. November 2022 - Kommentare deaktiviert für Veräußerung einer eigengenutzten Wohnung

Veräußerung einer eigengenutzten Wohnung

Bei Grundstücken liegt ein privates Veräußerungsgeschäft (= Spekulationsgeschäft) vor, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre liegen. Ausgenommen sind Grundstücke, die im Zeitraum zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung unentgeltlich an (leibliche) Kinder überlässt. Voraussetzung ist jedoch, dass das Kind bzw. die Kinder im Zeitpunkt der Veräußerung steuerlich berücksichtigungsfähig sind.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin hat im Jahr 2016 mit der Veräußerung einer Wohnung einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft erzielt. Weil die Wohnung im Zeitraum zwischen Erwerb und Veräußerung von den leiblichen Kindern der Klägerin bewohnt worden ist, ging die Klägerin davon aus, dass kein privates Veräußerungsgeschäft vorlag. Da zwei der 3 Kinder bereits das 25. Lebensjahr vollendet hatten, verneinte das Finanzamt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, weil die Wohnung (teilweise) unentgeltlich an Dritte überlassen wurde. Dritte in diesem Sinne sind auch die Kinder, für die kein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag (mehr) besteht, was nach Vollendung des 25. Lebensjahres der Fall ist.

Eine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" setzt voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen. Unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen bewohnt. Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Ein Steuerpflichtiger kann deshalb mehrere Gebäude gleichzeitig zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Erfasst sind daher auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden. Ist deren Nutzung auf Dauer angelegt, kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige noch eine (oder mehrere) weitere Wohnung(en) hat und wie oft er sich darin aufhält.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken kann sich auch auf mehrere Wohnungen beziehen, wenn sich der Haushalt einer Familie auf mehrere Örtlichkeiten verteilt, z. B. auf einen Familienwohnsitz und einen doppelten Haushalt am Ort der Berufstätigkeit und/oder einen weiteren Haushalt am Studienort von einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindern.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist somit zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene Nutzung zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen. 

Überlässt der Steuerpflichtige die Wohnung aber nicht ausschließlich einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind (oder mehreren einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindern) unentgeltlich zur Nutzung, sondern zugleich einem Dritten, liegt keine begünstigte Nutzung des Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken vor. Der BFH hält daher auch die fortdauernde Mitbenutzung der Wohnung durch Kinder für schädlich, wenn diese einkommensteuerlich nicht mehr zu berücksichtigen sind.

Konsequenz: Die (Mit-)Nutzung durch ein weiteres Kind, das wegen seines Alters nicht (mehr) einkommensteuerlich zu berücksichtigen ist, führt dazu, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht mehr vorliegt.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 28/21| 23-05-2022

11. November 2022 - Kommentare deaktiviert für Kein Kindergeld bei Qualifikation als Facharzt

Kein Kindergeld bei Qualifikation als Facharzt

Kindergeld kann grundsätzlich nicht mehr gewährt werden, wenn ein Dienstverhältnis besteht, das als Vorbereitungszeit zur Erlangung der Facharztqualifikation dient.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin beantragte für ihre Tochter, die ihr Medizinstudium erfolgreich abschloss, Kindergeld. Zum 1.1.2021 begann sie ihre mindestens 60 Monate umfassende Vorbereitungszeit zur Erlangung der Qualifikation als Fachärztin. Das hierzu mit einer Klinik abgeschlossene Dienstverhältnis umfasste eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden. Die Familienkasse gewährte bis zum voraussichtlichen Ende des Medizinstudiums Kindergeld, lehnte eine Weitergewährung des Kindergelds während der Vorbereitung auf die Facharztqualifikation jedoch ab, weil es sich hierbei nicht mehr um eine Berufsausbildung handele. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab.

Volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden kindergeldrechtlich dann berücksichtigt, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Insoweit dienen der Vorbereitung auf ein Berufsziel alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. 

Werden die Ausbildungsmaßnahmen allerdings innerhalb eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses durchgeführt, liegt eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Erlangung beruflicher Qualifikationen, d.h. der Ausbildungscharakter, und nicht die Erbringung bezahlter Arbeitsleistungen, d.h. der Erwerbscharakter, im Vordergrund steht. 

Im vorliegenden Fall überwog allerdings der Erwerbscharakter. Denn das Finanzgericht hatte festgestellt, dass die Tochter im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Klinik bereits ihre Qualifikation als Ärztin einsetzte. Im Vergleich mit ihrer praktischen Tätigkeit als Ärztin hatte die theoretische Wissensvermittlung im Rahmen der Facharztausbildung einen deutlich geringeren Umfang. Zudem stand die Erbringung der Arbeitsleistung in der Klinik im Vordergrund und die Tochter erhielt auch keine bloße Ausbildungsvergütung, sondern ein für eine Ärztin angemessenes Entgelt.

Quelle:BFH| Urteil| III R 40/21| 28-09-2022

4. November 2022 - Kommentare deaktiviert für Taxikosten: Abzug der Entfernungspauschale

Taxikosten: Abzug der Entfernungspauschale

Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte sind grundsätzlich pauschal mit 0,30 € für jeden Entfernungskilometer anzusetzen. Dabei spielt es keine Rolle, welches Verkehrsmittel genutzt wird. Eine Ausnahme gilt jedoch bei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln. In diesem Fall darf der Arbeitnehmer anstelle der Entfernungspauschale auch die höheren tatsächlichen Kosten absetzen. 

Praxis-Beispiel:
Ein Arbeitnehmer nutzte für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ein Taxi. Er machte die tatsächlichen Kosten, die im dadurch entstanden sind, als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich die Entfernungspauschale.

Es ist gesetzlich geregelt, dass nur bei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln die tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden können. Der Gesetzgeber hat bei Einführung dieser Ausnahmeregelung auf eine Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (insbesondere Bus und Bahn) abgestellt. Ein Arbeitnehmer, der die Wege zwischen seiner Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte mit einem „öffentlichen“ Taxi zurücklegt, kann seine Aufwendungen daher nur in Höhe der Entfernungspauschale geltend machen. Fazit: Bei einem Taxi handelt es sich nicht um ein begünstigtes öffentliches Verkehrsmittel, sodass die tatsächlich entstandenen Taxikosten nicht berücksichtigt werden können.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 26/20| 08-06-2022

4. November 2022 - Kommentare deaktiviert für Gewerbliche Tätigkeit: Abfärberegelung

Gewerbliche Tätigkeit: Abfärberegelung

Eine GbR, die ausschließlich Grundstücke verwaltet und vermietet, erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und übt somit keine gewerbliche Tätigkeit aus. Betreibt dieselbe GbR zusätzlich eine Photovoltaikanlage, handelt es sich insoweit um eine gewerbliche Tätigkeit. Überschreitet die gewerbliche Tätigkeit bestimmte Bagatellgrenzen, werden alle Einkünfte als gewerblich eingestuft (= Abfärberegelung), auch wenn aus der gewerblichen Tätigkeit der GbR Verluste entstehen.

Praxis-Beispiel:
Eine GbR bestehend aus zwei Gesellschaftern, die je zur Hälfte beteiligt sind, verwaltet und vermietet Grundstücke zur Erzielung von Überschüssen. Auf einem der vermieteten Objekte errichtete die GbR eine Photovoltaikanlage. Die GbR erwirtschaftete sowohl aus der Vermietung der Grundstücke als auch aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage Verluste. Für 2012 reichte die GbR eine Gewinnermittlung für die Photovoltaikanlage und eine Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beim Finanzamt ein. Das Finanzamt behandelt alle Einkünfte als gewerblich, weil der Betrieb einer Photovoltaikanlage gewerblich ist, und dies auf die vermögensverwaltende Tätigkeit angefärbt habe (§ 15 Abs. 3 Satz 1 EStG).

Die GbR beantragte, anstelle laufender gewerblicher Gesamthandseinkünfte nur solche aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 19.775 € festzustellen. Alternativ für den Fall, dass die Ausgliederung des Betriebs der Photovoltaikanlage auf eine zweite (beteiligungsidentische) GbR abgelehnt wird, sind laufende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./.19.775 € und laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 6.561 € festzustellen.

Eine abfärbende Wirkung einer bestimmten originär gewerblichen Tätigkeit kann nicht eintreten, wenn die gewerbliche Tätigkeit in einer eigenen zweiten (ggf. auch beteiligungsidentischen) Personengesellschaft ausgeübt wird (sog. Ausgliederungsmodell). Hier wurden jedoch die vermögensverwaltende und die gewerbliche Tätigkeit von derselben GbR ausgeübt. Die Verträge im Zusammenhang mit der Anschaffung, Finanzierung und dem Betrieb der Photovoltaikanlage sind unter der Bezeichnung und im Namen der GbR abgeschlossen worden.

Die vom BFH entwickelte Geringfügigkeitsgrenze für gemischt tätige freiberufliche Personengesellschaften ist zu beachten. Danach liegt eine umqualifizierende Wirkung nicht vor, wenn die gewerbliche Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß ist. Das ist der Fall, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3% der Gesamtnettoumsätze (relative Grenze) der Personengesellschaft und zugleich den Höchstbetrag von 24.500 € im Feststellungszeitraum (absolute Grenze) nicht übersteigen. Die GbR hat aus der gewerblichen Tätigkeit Nettoumsätze von 8.472 € erzielt. Diese Umsätze machten 7,46% der Gesamtnettoumsätze von 113.484 € aus. Sie blieben zwar unterhalb der absoluten Umsatzgrenze von 24.500 €, überschritten aber deutlich die relative Bagatellgrenze von 3% der Gesamtnettoumsätze. Damit tritt die umqualifizierende Wirkung ein.

Hinweis: Es sollte unbedingt vermieden werden, dass Personengesellschaften, die freiberuflich oder vermögensverwaltend tätig sind, zusätzlich eine gewerbliche Tätigkeit ausüben. Für die gewerbliche Tätigkeit sollte eine eigene, zweite (ggf. auch beteiligungsidentische) Personengesellschaft gegründet werden (Ausgliederungsmodell), die über ein eigenes Bankkonto verfügt und auch im Übrigen unabhängig auftritt.

So ist z. B. auch Vorsicht bei Ehegatten geboten, wenn sie Immobilen vermieten, die ihnen gemeinsam gehören. Der Betrieb von Photovoltaikanlagen kann auch dann zu einer gewerblichen Infektion führen. Unklar ist zurzeit, wie sich die Steuerfreistellung des Betriebs von Photovoltaikanlagen mit einer installierten Gesamtbruttoleistung von bis zu 30 kW (peak) ab dem 1.1.2023 auswirken wird. Die Steuerfreiheit gilt auch für Einnahmen aus mehreren Anlagen bis max. 100 kW (peak). 

Tipp: Mit einer Ausgliederung ist man jedenfalls auf der sicheren Seite.

Quelle:BFH| Urteil| IV R 42/19| 29-06-2022

28. Oktober 2022 - Kommentare deaktiviert für Arbeitszimmer: Mietvertrag von mehreren Personen

Arbeitszimmer: Mietvertrag von mehreren Personen

Wird eine Wohnung von mehreren Personen angemietet und nutzt ein Mieter einen Raum zur Erzielung von Einkünften allein, dann sind die auf diesen Raum entfallenden Aufwendungen bei ihm in voller Höhe als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig. Voraussetzung ist, dass der Nutzende Aufwendungen in mindestens dieser Höhe getragen hat.

Praxis-Beispiel:
Der nicht verheiratete Kläger war 2018 als Vertriebsleiter nichtselbständig tätig. Er mietete zusammen mit seiner Lebensgefährtin ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 150 qm zu eigenen Wohnzwecken an. Darin befinden sich unter anderem zwei 15 qm große Zimmer, von denen das eine der Kläger und das andere seine Lebensgefährtin als Arbeitszimmer genutzt haben. In seiner Einkommensteuer-Erklärung machte der Kläger Aufwendungen von 2.661 € für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Es handelt sich hierbei um 10% (15 qm von 150 qm) der Kosten, die auf das Haus entfielen (Miete, Nebenkosten). Der Kläger legte Bescheinigungen seines Arbeitsgebers vor, wonach das Arbeitszimmer den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bilde. Das Finanzamt erkannte Werbungskosten für das Arbeitszimmer zur Hälfte in Höhe von 1.330 € an, weil die Kosten nur insoweit abziehbar seien, als sie tatsächlich vom Kläger getragen worden seien. Befinde sich ein Arbeitszimmer in einer von Lebensgefährten gemeinsam angemieteten Wohnung, seien die anteilige Miete und die anteiligen Energiekosten beiden Mietern jeweils zur Hälfte zuzurechnen.

Grundsätzlich gilt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind. Das gilt jedoch nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Nutzt ein Miteigentümer im Rahmen seines Miteigentumsanteils einen Teil des Wirtschaftsguts (Arbeitszimmer) zur Erzielung seiner Einkünfte allein, sind die von ihm getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorrangig diesem Raum zuzuordnen. Es ist davon auszugehen, dass er Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet hat, um diesen Raum insgesamt zu nutzen.

Übertragen auf Mietaufwendungen des nicht verheirateten Klägers ergibt sich aus diesen Grundsätzen Folgendes: Wird eine Wohnung von mehreren Personen angemietet und nutzt ein Mieter einen Raum zur Erzielung von Einkünften allein, dann sind die auf diesen Raum entfallenden Aufwendungen bei ihm in voller Höhe als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, sofern der Nutzende Aufwendungen in mindestens dieser Höhe getragen hat. Eine nur hälftige Abzugsfähigkeit der tatsächlich vom Kläger getragen vollen Aufwendungen wäre mit dem Grundgedanken des objektiven Nettoprinzips unvereinbar.

Fazit: Unstreitig ist, dass für die angemietete Wohnung Aufwendungen von 26.607,23 € entstanden sind. Davon entfielen auf das Arbeitszimmer des Klägers 2.661 € (10%). Diese Aufwendungen kann der Kläger in voller Höhe als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen, da er sich zu mehr als 2.661 € an den Kosten der gemeinsamen Wohnung beteiligt hat.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Düsseldorf, 3 K 2483/20 E| 08-09-2022

21. Oktober 2022 - Kommentare deaktiviert für Sanierung nach Entnahme einer Wohnung

Sanierung nach Entnahme einer Wohnung

Die Überführung eines Wirtschaftsguts vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen ist keine Anschaffung, sodass es sich nicht um anschaffungsnahe Herstellungskosten handeln kann. Das heißt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG nicht angewendet werden kann.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger war Inhaber einer Hofstelle. Er hat die Wohnung, die zu seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörte, im Jahr 2011 entnommen. Im Anschluss an die Entnahme sanierte und modernisierte er die vermietete Wohnung. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Kläger die hierfür entstandenen Aufwendungen nicht sofort als Erhaltungsaufwand abziehen kann. Weil es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten handeln würde, könnten die Aufwendungen bei der Ermittlung der Vermietungseinkünfte lediglich im Wege der Abschreibung verteilt über die Nutzungsdauer des Objektes steuerlich geltend gemacht werden. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos.

Der BFH hat die Revision für die Jahre 2011 und 2012 zurückgewiesen, weil die Klage infolge der Steuerfestsetzung auf 0 € nicht zulässig war. In Bezug auf die Jahre 2010 und 2013 sah der BFH die Revision hingegen als begründet an. Das Finanzgericht hat die Aufwendungen für die Baumaßnahmen zu Unrecht als anschaffungsnahe Herstellungskosten beurteilt.

Die Entnahme einer Wohnung aus dem Betriebsvermögen ist keine Anschaffung. Es fehlt die Gegenleistung, die für die Annahme einer Anschaffung notwendig ist. Außerdem liegt kein Rechtsträgerwechsel vor, wenn das Wirtschaftsgut in das Privatvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt wird. Die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch eine Entnahme kann auch nicht fiktiv einer Anschaffung gleichgestellt werden. 

Aber: Das Finanzgericht hat noch zu klären, ob die Aufwendungen für die Baumaßnahmen in den Jahren 2010 und 2013 möglicherweise doch Herstellungskosten sind (entsprechend der Regelung in § 255 Abs. 2 HGB). Das ist der Fall, wenn die Wohnung über ihren ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich verbessert wurde.

Quelle:BFH| Urteil| IX R 7/21| 02-05-2022

7. Oktober 2022 - Kommentare deaktiviert für Kindergeld: Rückforderung vermeiden

Kindergeld: Rückforderung vermeiden

Ein kindergeldberechtigter Elternteil ist verpflichtet, der Familienkasse rechtzeitig mitzuteilen, wenn seine Kinder nicht mehr in seinem Haushalt leben. Unterlässt er dies, ist die Kindergeldrückforderung der Familienkasse nicht bereits deshalb in vollem Umfang zu erlassen, weil das Kindergeld gemäß einer notariellen Unterhaltsvereinbarung an den dann vorrangig kindergeldberechtigten anderen Elternteil weitergeleitet worden ist. Das gilt insbesondere dann, wenn dessen Anspruch möglicherweise wegen fehlender Antragstellung bereits verjährt ist.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger war zunächst der kindergeldberechtigte Elternteil und bezog Kindergeld für seine drei Kinder. Im Zusammenhang mit der Trennung von seiner Ehefrau wurde notariell eine Unterhaltsregelung vereinbart, wonach er das Kindergeld an den dann vorrangig berechtigten Elternteil weiterleitete. Er selbst war nicht mehr berechtigt, weil die Kinder im Haushalt der Mutter lebten. Der Kläger hat es dennoch unterlassen, der Familienkasse rechtzeitig mitzuteilen, dass sich die Kinder nicht mehr in seinem Haushalt befanden. Das zuständige Landesamt für Besoldung und Versorgung hat als Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum 1.7.2005 bis 31.12.2009 aufgehoben und ein Betrag (zzgl. Nebenleistungen) von insgesamt 25.380 € vom Kläger zurückgefordert.

Die dagegen gerichtete Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Das Finanzgericht führte in seinem Urteil u.a. aus, dass der Kläger - mangels wahrer Angaben zu einer fortdauernden Haushaltszugehörigkeit seiner Kinder - eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen habe. Ob auf die Rückforderung im Hinblick auf die Weiterleitungserklärungen der Kindesmutter im Billigkeitswege verzichtet werden kann, muss die Kindergeldkasse in einem gesonderten Verfahren entscheiden.

Für die Frage, ob auf die Rückforderung im Hinblick auf die Weiterleitungserklärung der Kindesmutter im Billigkeitswege verzichtet werden kann, muss die Kindegeldkasse in einem gesonderten Verfahren entscheiden. Dabei sind die Verwaltungsanweisungen zu berücksichtigen, die die Anerkennung des Weiterleitungseinwandes u.a. davon abhängig machen, dass dem nunmehr Berechtigten (hier die Kindesmutter) ein Kindergeldanspruch zusteht: "Zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs durch Weiterleitung muss der Kindergeldanspruch des nunmehr Berechtigten bereits materiell geprüft worden sein und zweifelsfrei feststehen." Im vorliegenden Fall kommt jedoch in Betracht, dass der Kindergeldanspruch der Kindesmutter durch unterbliebene oder verspätete Antragstellung verjährt und damit erloschen ist.

Dabei ist auch zu beachten, dass für die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung beim Kläger die verlängerte Verjährungsfrist gilt, während für die Kindergeldfestsetzung bei der Kindesmutter die normale vierjährige Festsetzungsfrist eingreift. Deshalb kann es an der Deckungsgleichheit des Nachforderungsanspruchs der Kindesmutter mit dem Rückforderungsanspruch gegenüber dem Kläger fehlen.

Quelle:BFH| Urteil| III R 16/20| 18-05-2022

7. Oktober 2022 - Kommentare deaktiviert für Doppelte Haushaltsführung: Zuzahlungen an Arbeitgeber

Doppelte Haushaltsführung: Zuzahlungen an Arbeitgeber

Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen für Privatfahrten und für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, scheidet ein Werbungskostenabzug auch dann aus, wenn der Arbeitnehmer hierfür ein Nutzungsentgelt leisten muss oder individuelle Kfz-Kosten zu tragen hat.

Praxis-Beispiel:
Der Arbeitgeber hat seinem Arbeitnehmer (Kläger) einen Firmenwagen überlassen, den er auch für private Fahrten, für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nutzte. Dafür musste er pauschal 0,5% der unverbindlichen Kaufpreisempfehlung und eine kilometerabhängige Zuzahlung an den Arbeitgeber leisten. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten in der Höhe geltend, die er für diese Fahrten aufwenden musste.

Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Nutzung zu privaten Fahrten, zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie zu Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eines betrieblichen Kfz ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung. Insoweit fehlt es an einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit an einer Grundvoraussetzung für das Vorliegen von Arbeitslohn. In Höhe des Nutzungsentgelts wendet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Vorteil zu. Der Arbeitnehmer wird durch die Zahlung des Nutzungsentgelts nicht bereichert, sondern vielmehr endgültig belastet. Das gilt gleichermaßen, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der vorgenannten außerdienstlichen Nutzungen einzelne (individuelle) Kosten (wie z. B. Kraftstoffkosten) des betrieblichen PKW trägt.

Übersteigen aber die Eigenleistungen des Arbeitnehmers den Nutzungsvorteil, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten. Das EStG ordnet den Ausschluss des Werbungskostenabzugs pauschal für jedwede Überlassung eines Kfz im Rahmen einer Einkunftsart an. Ob der Arbeitnehmer für die Nutzung des Firmenwagens ein Entgelt entrichten muss, ist deshalb ohne Bedeutung.

Der Werbungskostenabzug scheidet somit aus, weil nicht nur das pauschale Nutzungsentgelt, sondern auch die von ihm getragenen individuellen Kosten für die Familienheimfahrten, bereits auf der Einnahmeseite den Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens auf 0 € gemindert haben. Folglich kann aus diesem Grund nicht (nochmals) ein Werbungskostenabzug (für Familienheimfahrten) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 35/20| 03-08-2022