alternative text for the liked image

Archive fürJuli 2023

28. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für eRechnungen im B2B-Bereich ab 2025

eRechnungen im B2B-Bereich ab 2025

Derzeit haben nach der Gesetzesformulierung Papierrechnungen den Vorrang vor elektronischen Rechnungen (eRechnungen). Ausstellung und Empfang von eRechnungen sind zurzeit nur vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers möglich. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine Rechnung jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird.

Ab dem 1.1.2025 soll im Vorgriff auf die Einführung eines geplanten Meldesystems die obligatorische eRechnung im B2B Bereich eingeführt werden. Im Inland ansässige Unternehmer sollen verpflichtet werden, für ihre steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze eine eRechnung auszustellen, wenn diese Umsätze an andere im Inland ansässige Unternehmer für deren Unternehmen erbracht werden. Umsätze an Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten und an Endverbraucher sind von dieser Verpflichtung nicht betroffen. 

Im neuen § 14 Abs. 2 UStG wird eindeutig geregelt, in welchen Fällen eine eRechnung obligatorisch zu verwenden ist und in welchen Fällen die Verwendung einer sonstigen Rechnung möglich bleibt. Ein neuer Absatz 3 enthält die Regelungen zur Echtheit der Herkunft, zur Unversehrtheit des Inhalts und der Lesbarkeit einer Rechnung.

Zur Vermeidung von unverhältnismäßigen Schwierigkeiten bei der Durchführung von Geschäften des täglichen Lebens wird im neuen § 34 UStDV geregelt, dass für bestimmte Umsätze, z. B. für Fahrausweise, auch nach dem Wegfall des Vorrangs der Papierrechnung weiterhin alle Arten von Rechnungen verwendet werden können. 

Fazit: Nach Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes (voraussichtlich Ende 2023) haben alle Unternehmer ca. 1 Jahr Zeit, ihr Rechnungssystem auf eRechnungen umzustellen.

Quelle:Sonstige| Gesetzvorhaben| Artikel 27 des Entwurfs eines Wachstumschancengesetzes| 13-07-2023

28. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Photovoltaikanlage: Investitionsabzugsbeträge

Photovoltaikanlage: Investitionsabzugsbeträge

Für Photovoltaikanlagen, die die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit (§ 3 Nr. 72 EStG) erfüllen, kann kein Investitionsabzugsbetrag mehr gebildet werden. Zu der Frage, was in den Fällen geschieht, in denen vor dem 1.1.2022 für die geplante Anschaffung einer Photovoltaikanlage ein Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen wurde aber eine Investition noch aussteht, hat das BMF nunmehr wie folgt Stellung genommen:

Die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen setzt eine betriebliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht (also mit prognostiziertem Totalgewinn) voraus. Werden Einnahmen und Entnahmen ausschließlich aus der Stromerzeugung von Photovoltaikanlagen erzielt, die nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG steuerfrei sind, gilt Folgendes:

  • Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 enden, scheidet die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen aus, da ein Gewinn nicht mehr zu ermitteln ist.
  • Investitionsabzugsbeträge für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2022 enden und die bis zum 31.12.2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden, sind rückgängig zu machen, wenn in begünstigte Photovoltaikanlagen investiert wurde (§ 7g Abs. 3 EStG).

Soweit die Photovoltaikanlage zum Betriebsvermögen eines Betriebes gehört, dessen Zweck nicht nur die Erzeugung von Strom aus Photovoltaikanlagen ist, sind die Regelungen zu den Investitionsabzugsbeträgen weiterhin anzuwenden.

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 6 - S 2121/23/10001 :001| 16-07-2023

28. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Steuerfreie Photovoltaikanlagen: Höchstgrenzen

Steuerfreie Photovoltaikanlagen: Höchstgrenzen

Bei kleineren Photovoltaikanlagen ist für Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden, eine Befreiung bei der Ertragsteuer eingeführt worden. Diese Steuerbefreiung gilt im Zusammenhang mit dem Betrieb von Photovoltaikanlagen, wenn die Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister mit einer installierten Bruttoleistung von

  • bis zu 30 kW (peak) ausgestattet ist, wenn es sich um Anlagen handelt, die sich auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen und Carports und anderweitiger Nebengebäude) befinden
  • bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit, wenn es sich um Anlagen handelt, die sich auf, an oder in sonstigen Gebäuden befinden.

Neben der objektbezogenen Einschränkung gibt es eine personenbezogene Einschränkung, weil die Summe auf insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft oder Mitunternehmerschaft) begrenzt ist. 

Praxis-Beispiel 1:
Ehemann und die Ehefrau betreiben auf dem gemeinsam genutzten Einfamilienhaus jeweils eine eigenständige Photovoltaikanlage mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von jeweils 12,00 Kilowatt (peak). Die Steuerbefreiung gilt sowohl für den Ehemann als auch für die Ehefrau.

Praxis-Beispiel 2: 
Ehemann und Ehefrau betreiben auf dem gemeinsam genutzten Einfamilienhaus gemeinschaftlich (als Mitunternehmerschaft) eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von 24,00 Kilowatt (peak). Die Steuerbefreiung gilt für die Eheleute als Mitunternehmerschaft.

Keine begünstigte Photovoltaikanlage liegt z. B. in folgenden Fällen vor: 

  • Der Steuerpflichtige hat auf seinem Einfamilienhaus eine Anlage mit einer Leistung von 34,00 kW (peak) installiert.
  • Der Steuerpflichtige hat auf seinem Haus mit zwei Wohneinheiten und der dazugehörigen Garage jeweils eine Anlage mit einer maßgeblichen Leistung von 15,10 kW (peak). Beide Anlagen sind nicht begünstigt, da deren Leistung insgesamt mit 30,20 kW (peak) die zulässigen 30,00 kW (peak) überschreitet.
  • Zwei Personen sind Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses mit drei Wohneinheiten. Die erste Person betreibt auf dem Pultdach des Hauses eine Anlage mit 50,00 kW (peak) und die zweite Person auf den dazugehörigen Garagen eine Anlage mit 10,00 kW (peak). Die Anlage der ersten Person überschreitet die maßgebliche Leistung von 45,00 kW (peak) für das Mehrfamilienhaus einschließlich der Garagen und ist daher nicht begünstigt. Die Anlage der zweiten Person ist dagegen begünstigt.

Bei der Prüfung der Anzahl der Wohn-/Gewerbeeinheiten ist regelmäßig auf die selbständige und unabhängige Nutzbarkeit abzustellen. Es ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der Photovoltaikanlage auch Eigentümer des Gebäudes ist, auf, an oder in dem sich die Photovoltaikanlage befindet.

Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind unabhängig von ihrer Größe nicht begünstigt.

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 6 - S 2121/23/10001 :001| 16-07-2023

28. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Nachträgliche Anrechnung einer Unfallrente

Nachträgliche Anrechnung einer Unfallrente

Wird eine Witwenrente rückwirkend teilweise durch eine steuerfreie Unfallrente ersetzt, handelt es sich um ein Ereignis, das steuerlich auf das Jahr des Zuflusses zurückwirkt. Die entsprechende Korrektur des Steuerbescheids muss daher im Jahr des Zuflusses und nicht erst im Jahr der Verrechnung erfolgen.

Praxis-Beispiel:
Der Klägerin wurde 2020 eine Witwenrente bewilligt. Dem Finanzamt wurde die Höhe der Rentenzahlungen elektronisch mitgeteilt. Das Finanzamt berücksichtigte diese Rente mit ihrem steuerpflichtigen Teil als Leibrente bei den sonstigen Einkünften. Rückwirkend für die Zeit ab dem 31.12.2018 erhielt die Klägerin von der Berufsgenossenschaft eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Ihr wurde mitgeteilt, dass diese Rente auf die Witwenrente anzurechnen sei. 
Das Finanzamt lehnte eine entsprechende Berichtigung des Steuerbescheids für 2020 ab, weil die Änderung des Rechtsgrundes der Rentenzahlung (Unfall- statt Witwenrente) kein rückwirkendes Ereignis sei. Bei Rentenzahlungen gelte das Zu- und Abflussprinzip.

Der Erstattungsanspruch, der der Rentenkasse gegenüber der Berufsgenossenschaft zusteht, ist als steuerfreie Zahlung der Berufsgenossenschaft aus der gesetzlichen Unfallversicherung anzusehen. Der Erstattungsanspruch entsteht mit Bekanntgabe des Leistungsbescheides des erstattungspflichtigen Leistungsträgers an den Leistungsberechtigten (= Erfüllungsfiktion gemäß § 107 SGB X). Kraft dieser Erfüllungsfiktion gilt der Sozialleistungsanspruch des Berechtigten sowohl faktisch als auch rechtlich als erfüllt. Das heißt, der Berechtigte darf die Leistung behalten. Der Sozialversicherungsträger, der gezahlt hat, hat keinen Anspruch auf Rückforderung gegenüber dem Leistungsempfänger.

Die abweichende Annahme des Finanzamts, die Klägerin habe im Jahr 2021 durch Verrechnung Leistungen zurückgewährt, ist unzutreffend, weil die Klägerin zu keiner Rückzahlung verpflichtet war. Ihr Anspruch für die Jahre 2019 und 2020 auf Leistungen aus der Unfallrente war durch die in den Vorjahren erfolgten Zahlungen erfüllt und damit erloschen.

Konsequenz: Die Umqualifizierung der Leistungen ist im Veranlagungszeitraum 2020 zu berücksichtigen.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Düsseldorf, 12 K 2702/21 E| 14-09-2022

28. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen

Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen

Beim Vorsteuerabzug aus Betriebsveranstaltungen ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die bezogenen Leistungen 

  • ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienten oder
  • durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt sind.

Bezieht der Unternehmer Leistungen für sogenannte Betriebsveranstaltungen (z. B. Weihnachtsfeier), ist er nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind.

Praxis-Beispiel:
Zur Durchführung der Weihnachtsfeier mietete der Kläger für ein "Kochevent" bei einem Veranstalter ein entsprechendes Kochstudio. Dort bereiteten die Teilnehmer unter Anleitung von zwei Köchen gemeinsam das Abendessen zu, das sie anschließend gemeinsam verzehrten. Mit einer Rechnung wurden dem Kläger für das "Kochevent für 32 Personen" 3.919,90 € + 744,78 € USt = 4.664,68 € berechnet. Den Vorsteuerabzug von 744,78 € lehnte das Finanzamt ab, weil die Kosten der Veranstaltung über der Freigrenze von 110 € je Arbeitnehmer lagen.

Das Recht auf Vorsteuerabzug besteht für den Unternehmer, soweit er Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt. Von nicht steuerbaren Leistungen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, ist deshalb auszugehen, wenn sie überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst sind, auch wenn diese die Befriedigung eines privaten Bedarfs der Arbeitnehmer zur Folge haben.

Bis zu einem Betrag von 110 € je Betriebsveranstaltung und Arbeitnehmer wird die Befriedigung des privaten Bedarfs vom betrieblichen Zwecke überlagert. Bei Beträgen von mehr als 110 € je Betriebsveranstaltung und Arbeitnehmer steht die Befriedigung des privaten Bedarfs im Vordergrund. Das heißt, dass keine steuerbaren Umsätze vorliegen, aber wegen der nicht betrieblichen Verwendung der Vorsteuerabzug entfällt.

Aufgrund des dann fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs zu einem konkreten Ausgangsumsatz ist über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden. Da die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier nicht im Rahmen eines vorrangigen Unternehmensinteresses erfolgten, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Quelle:BFH| Urteil| V R 16/21| 09-05-2023

21. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung

Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die dem Steuerpflichtigen erstattet worden sind, sind auch dann zu verrechnen und dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen, wenn die Erstattung darauf beruht, dass ein Sozialversicherungsverhältnis rückabgewickelt oder rückwirkend umgestellt worden ist. Die Verrechnung und die Hinzurechnung gemäß § 10 Abs. 4b Sätze 2 und 3 EStG sind unabhängig davon vorzunehmen, ob im Erstattungsjahr noch eine Änderung der Bescheide der Zahlungsjahre möglich ist. Die Regelungen über die Verrechnung und Hinzurechnung erstatteter Sonderausgaben verstoßen nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot oder den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin erhielt im Streitjahr 2017 von der ihrer Krankenkasse eine Erstattung von Beiträgen zur Basis-Krankenversicherung und zur Basis-Pflegeversicherung der Jahre 2003 bis 2016 in Höhe von 39.509,40 €. Der Erstattung war ein sozialgerichtliches Verfahren vorausgegangen, in dessen Rahmen festgestellt worden war, dass die Klägerin für den genannten Zeitraum zu Unrecht zur freiwilligen Krankenversicherung herangezogen worden sei. Tatsächlich habe sie die Voraussetzungen der Pflichtversicherung erfüllt. Das Versicherungsverhältnis wurde in der Folge rückwirkend umgestellt. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr teilten die Kläger dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt) mit, dass die Erstattung der Krankenkasse nicht der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen sei. Es habe sich nicht um einen typischen Erstattungsfall nach § 10 Abs. 4b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehandelt; denn diese Regelung beziehe sich auf Beitragsrückerstattungen, die z. B. auf einer Nichtinanspruchnahme von Versicherungsleistungen beruhten, oder auf Bonuszahlungen etc., ohne dass sich der Versicherungsstatus ändere. In ihrem Fall hingegen beruhten die Erstattungen darauf, dass der Status der Klägerin neu geordnet worden sei.
Das Finanzamt folgte dieser Auffassung nicht. Es erfasste die Zahlung der Krankenkasse als erstattete Aufwendungen und verrechnete diese zunächst mit den Vorsorgeaufwendungen. Den verbleibenden Betrag von 37.719 € rechnete das Finanzamt dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzu.

Der BFH hat entschieden, dass die Vorgehensweise des Finanzamts der gesetzlichen Regelung entspricht. Danach ist ein Erstattungsüberhang mit anderen gleichartigen Aufwendungen zu verrechnen. Ein danach verbleibender Erstattungsüberhang ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Einzubeziehen sind alle Zahlungen, die der Steuerpflichtige als Rückfluss von Aufwendungen erhält, die er in zurückliegenden Jahren mit den dort jeweils genannten Sonderausgaben getätigt hat. Auf den Grund für den Rückfluss der Aufwendungen kommt es nicht an.

Quelle:BFH| Urteil| X R 27/21| 21-03-2023

21. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Kapitalanlage: Übernahme von Verfahrenskosten

Kapitalanlage: Übernahme von Verfahrenskosten

Wird im Rahmen eines Rechtsstreits um die Verzinsung einer Kapitalanlage ein Vergleich geschlossen, bei dem sich das Kreditinstitut unter anderem zur Übernahme der Verfahrenskosten bereit erklärt, handelt es sich bei den übernommenen

  • Anwaltskosten und
  • Gerichtskosten 

nicht um Einnahmen des Kapitalanlegers, die ihm im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen zufließen.
 

Quelle:BMF-Schreiben| Veröffentlichung| IV C 1 - S 2252/19/10003 :013| 10-07-2023

21. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Umsatzsteuer bei Übernahme von Notfalldiensten

Umsatzsteuer bei Übernahme von Notfalldiensten

Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden, sind von der Umsatzsteuer befreit. Andere Leistungen von Ärzten unterliegen
daher der Umsatzsteuer.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist selbständiger Arzt der Allgemeinmedizin. Einen eigenen Praxisbetrieb unterhielt er nicht. Er übernahm als Vertreter für andere Ärzte die ordnungsgemäße Durchführung von Notdiensten. Seine ärztlichen Leistungen, die er im Notfalldienst erbrachte, rechnete er entweder über Privatliquidationen oder mit der kassenärztlichen Vereinigung entsprechend den getroffenen Vereinbarungen ab. Von dem jeweils vertretenen Arzt erhielt er ein Stundenhonorar zwischen 20 € und 40 €. Daneben führte er in den Streitjahren für die Polizeibehörde Blutentnahmen durch, wobei der Untersuchungsbefund nach bestimmten Merkmalen festzuhalten war. Die Liquidation für die Blutentnahmen erfolgte gegenüber der Landeskasse und hing dabei unter anderem davon ab, zu welchem Zeitpunkt und wie viele Blutentnahmen durchgeführt wurden. Der Kläger gab keine Umsatzsteueranmeldungen ab, weil er der Auffassung war, dass es sich insgesamt um umsatzsteuerfreie ärztliche Leistungen gehandelt habe.
Die Honorare für die Blutentnahmen sowie die Vergütung, die die Ärzte für die Übernahme der Notdienste zahlten, unterwarf das Finanzamt der Umsatzsteuer, weil es sich hierbei nicht um Vergütungen für therapeutische Zwecke (ärztliche Leistungen) gehandelt habe.

Das Finanzgericht beurteilte die Vergütungen, die andere Ärzte allein für die Übernahme der Notdienste gezahlt haben, nicht als begünstigte Heilbehandlung. Vielmehr handle es sich hier um eine sonstige Leistung, die gegenüber dem vertretenen Arzt erbracht worden sei, nicht aber um eine Heilbehandlung.

Auch die Umsätze aus den Blutentnahmen für die Polizei sind umsatzsteuerpflichtig. Umsätze aus ärztlicher Sachverständigentätigkeit und der Erstellung von Gutachten können nur dann steuerfrei sein, wenn der Hauptzweck der Begutachtung im Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit liegt. Steuerpflichtig sind dagegen Gutachten, die der Entscheidungsfindung eines Dritten dienten, die gegenüber dem Betroffenen oder einer anderen Person Rechtswirkungen entfalte. Ein mittelbarer Beitrag zum Schutz des Betroffenen reicht nicht aus. Somit sind Alkohol- und Drogengutachten zum Zwecke der Untersuchung der Fahrtüchtigkeit sowie im Zusammenhang mit anderen gerichtlichen Zwecken nicht von der Umsatzsteuer befreit. 

Hinweis: Für Umsätze von Ärzten, bei denen es sich nicht um eine Heilbehandlung handelt, kann die Kleinunternehmerregelung beansprucht werden. Voraussetzung ist, dass Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Die steuerfreien ärztlichen Umsätze bleiben bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes unberücksichtigt. Das heißt, dass neben den steuerfreien ärztlichen Umsätzen weitere Umsätze bis zu 22.000 € nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden müssen.

Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Münster, 15 K 1953/20 U| 08-05-2023

21. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Wachstumschancengesetz

Wachstumschancengesetz

Das Bundesministerium der Finanzen hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachungen und Steuerfairness veröffentlicht. Ziel ist es, die Liquiditätssituation der Unternehmen zu verbessern und Impulse zu setzen, damit Unternehmen dauerhaft mehr investieren und mit unternehmerischem Mut Innovationen wagen können. Daneben werden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um das Steuersystem an zentralen Stellen zu vereinfachen und durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen vor allem kleine Betriebe von Bürokratie zu entlasten.

Hervorzuheben sind folgende geplante Maßnahmen: 

  • Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung
  • Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs
  • Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 €
  • Verbesserung der Liquidität bei kleinen und mittleren Unternehmen bei den Abschreibungsmöglichkeiten zu den Sammelposten und zur Sonderabschreibung nach § 7g EStG
  • Reform der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG)
  • Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG
  • Anhebung der Grenze für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger (§ 141 AO)
  • Anhebung der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung (Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten)
  • Digitalisierung des Spendenverfahrens
  • Anpassung des Zuwendungsempfängerregisters
  • Einführung einer Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
  • Erhöhung des Schwellenwertes zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 € auf 2.000 €.
  • Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen wird auf innerstaatliche Steuergestaltungen ausgeweitet
  • Einführung einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen zwischen inländischen Unternehmen
  • Reform der Zinsschranke
  • Einführung einer Zinshöhenschranke
  • Anpassung der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung
  • Anpassung der AO und anderer Steuergesetze an das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG)
  • Einführung einer Investitionsprämie zur Beförderung der Transformation der Wirtschaft in Richtung insbesondere von mehr Klimaschutz
Quelle:Sonstige| Veröffentlichung| Referentenentwurf des BMF| 13-07-2023

14. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Kinderbetreuungskosten: Haushaltszugehörigkeit

Kinderbetreuungskosten: Haushaltszugehörigkeit

Kinderbetreuungskosten sind zu zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens bis 4.000 € je Kind als Sonderausgaben abziehbar. Es muss sich um Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes handeln, das zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört und das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Weitere Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers erfolgt ist.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist Vater einer Tochter. Die Mutter des Kindes ist mit dem Kläger nicht verheiratet und lebt zwischenzeitlich in einer eigenen Wohnung, die 4 Kilometer von der Wohnung des Vaters entfernt liegt. Der Kläger und die Mutter sind gemeinsam sorgeberechtigt und haben eine detaillierte Regelung zum Umgangsrecht vereinbart. Kindergeld wurde an die Kindesmutter gezahlt. Der Kläger erbrachte im Streitjahr Beiträge (ohne Essensgelder) in Höhe von 450 €. Ferner überwies er im Streitjahr weitere Beträge an die Kita. Im Klageverfahren wurden korrigierte, auf den Kläger ausgestellte Rechnungen vorgelegt. Ferner überwies der Kläger an die Kindesmutter im Streitjahr weitere Beträge für die Kita, welche die Kindesmutter ihrerseits weiterzahlte. Das Finanzamt lehnte eine steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten ab, weil die Tochter nicht zum Haushalt des Klägers gehört. Der Kläger beantragte, dass die Kinderbetreuungskosten in voller Höhe (ohne Quotelung und ohne Abzugsbegrenzung) bei ihm steuermindernd berücksichtigt werden.

Das Finanzgericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, weil die gesetzliche Voraussetzung, dass das Kind zum Haushalt des Klägers gehört, nicht erfüllt ist. Haushaltszugehörigkeit bedeutet, dass das Kind bei einheitlicher Wirtschaftsführung unter Leitung des Steuerpflichtigen dessen Wohnung teilt oder sich mit Einwilligung des Steuerpflichtigen vorübergehend außerhalb der Wohnung aufhält. Bei getrenntlebenden Eltern wird das Kind in der Regel zum Haushalt des Elternteils gehören, dem das Sorgerecht zusteht und der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Besuche des Kindes bei dem zum Barunterhalt verpflichteten Elternteil begründen keine auf Dauer angelegte Haushaltszugehörigkeit. Wenn das Sorgerecht den Eltern gemeinsam zusteht, ist das Kind im Regelfall dem Haushalt zuzuordnen, in dem es sich überwiegend aufhält und wo sich der Mittelpunkt seines Lebens befindet. 

In Ausnahmefällen kann jedoch auch eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Haushalten beider Elternteile bestehen, wenn das Kind tatsächlich zeitweise beim Vater und zeitweise bei der Mutter lebt und in beide Haushalte eingegliedert ist. Davon ausgehend kommt das Finanzgericht zur Überzeugung, dass das Kind im Streitjahr nicht zum Haushalt des Klägers zugehörig war. 

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen (Az. beim BFH: III R 8/23). Es ist sinnvoll in vergleichbaren Fällen unter Hinweis auf dieses Verfahren Einspruch einzulegen und eine Aussetzung des Einspruchsverfahrens bis zur Entscheidung durch den BFH zu beantragen.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Köln, 15 K 268/21| 18-01-2023

14. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Vermietungseinkünfte bei landwirtschaftlicher Unterverpachtung

Vermietungseinkünfte bei landwirtschaftlicher Unterverpachtung

Die Unterverpachtung landwirtschaftlicher Nutzflächen führt bei einem land- und forstwirtschaftlichen Pachtbetrieb grundsätzlich zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb auf gepachtetem Grund und Boden. Die gepachteten Flächen gehörten zu einem Hof, der im Eigentum der Eltern der Klägerin stand. Mit der Übertragung des Hofs auf die Klägerin trat diese in die Pachtverhältnisse (Gesamtfläche 7,5218 ha) ein, die ursprünglich von ihren Eltern mit dem Kläger begründet worden waren. Ab Oktober 2009 verpachtete der Kläger einen Teil der von ihm gepachteten Grundstücke an einen Dritten zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Die Pacht in Höhe von 2.451 € war zum 1.4. eines Jahres fällig. Auf den übrigen Flächen führte der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb fort. Den Gewinn behandelte der Kläger als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) und ermittelte diesen für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr nach Durchschnittssätzen. Dabei berücksichtigte er zunächst auch die von ihm vereinnahmten Pachtzinsen, wobei er die an die Klägerin gezahlten Pachtzinsen gewinnmindernd ansetzte.

Für das Wirtschaftsjahr 2015/2016 setzte der Kläger zwar die vereinnahmten Pachtzinsen in Höhe von 2.451 € im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft an, unterließ aber den gewinnmindernden Ansatz der verausgabten Pachtzinsen. Das Finanzamt legte diese Angaben der Steuerfestsetzung für 2015 zugrunde. Für das Streitjahr 2016/2017 erklärten die Kläger die vereinnahmten Pachtzinsen abzüglich anteilig verausgabter Pachtzinsen abzüglich pauschaler Betriebsausgaben als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 668 €. Die Kläger ließen die Pachtzinsen für das Wirtschaftsjahr 2016/2017 bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft außer Ansatz. Das Finanzamt erfasste die Pachteinnahmen jedoch bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft.

Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft erfordert eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinne zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Unter Landwirtschaft ist dabei die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von lebenden Pflanzen und Tieren zu verstehen.

Der BFH hat entschieden, dass die Unterverpachtung landwirtschaftlicher Nutzflächen bei einem land- und forstwirtschaftlichen Pachtbetrieb grundsätzlich nicht zu Betriebseinnahmen bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führt. Denn die Unterverpachtung erfüllt regelmäßig nicht die Voraussetzungen der planmäßigen Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens, sondern die der Vermietung und Verpachtung.

Bei der Frage, ob eine Einnahme aus Vermietung und Verpachtung gemäß der Subsidiaritätsklausel des § 21 Abs. 3 EStG vorrangig einer Gewinneinkunftsart (im Streitfall § 13 EStG) zuzurechnen ist, kommt es maßgeblich darauf an, ob der vermietete Gegenstand zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört. Die Einnahmen aus der Unterverpachtung landwirtschaftlicher Flächen sind bei einem land- und forstwirtschaftlichen Pachtbetrieb allerdings regelmäßig nicht betrieblich veranlasst. Denn bei der Unterverpachtung handelt es sich nicht um eine landwirtschaftliche Tätigkeit. Sie ist nicht darauf gerichtet, die natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von lebenden Pflanzen und Tieren zu nutzen. Die Unterverpachtung steht regelmäßig auch sonst nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit des Pachtbetriebs.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 38/20| 08-06-2023

14. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Haushaltnahe Dienstleistungen bei Mietern

Haushaltnahe Dienstleistungen bei Mietern

Mieter können Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen steuermindernd geltend machen, auch wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger wohnten in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Hierfür begehrten sie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Finanzamt und Finanzgericht lehnten dies ab.

Der BFH gab den Steuerpflichtigen Recht. Der Steuerermäßigung steht es nicht entgegen, dass Mieter die Verträge mit den jeweiligen Leistungserbringern, z. B. dem Reinigungsunternehmen und dem Handwerksbetrieb, regelmäßig nicht selbst abschließen. Für die Gewährung der Steuerermäßigung ist es ausreichend, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zugutekommen. Soweit das Gesetz zudem verlangt, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten haben muss und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist, genügt als Nachweis auch eine Abrechnung über die Wohnnebenkosten oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht. 

Fazit: Aus den Unterlagen müssen sich Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben. Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibt es dem Finanzamt oder im Klageverfahren dem Finanzgericht unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.

Hinweis: Diese Rechtsprechung gilt entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (regelmäßig vertreten durch deren Verwalter) erfolgt ist.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 24/20| 21-02-2023

7. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Handwerkerleistung: Eigener Haushalt

Handwerkerleistung: Eigener Haushalt

Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen kann nur für Leistungen im eigenen Haushalt in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist das Führen eines Haushalts. Dazu können auch Räume in einem Haushalt gehören, die unentgeltlich überlassen wurden. Fazit: Der Steuerpflichtige kann die Steuermäßigung für Handwerkerleistungen auch dann in Anspruch nehmen, wenn er sich gegenüber einem Dritten verpflichtet hat, die Aufwendungen zu tragen.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist Eigentümer eines Hauses, in dem er mit seiner Ehefrau und seinen Kindern lebte. In 2017 meldete er einen Nebenwohnsitz in der Dachgeschosswohnung im Haus seiner Mutter an. Im April 2018 zog der Kläger wieder in das gemeinsame Haus seiner Familie um. In der Zeit, in der er in der Dachgeschosswohnung gemeldet war, beauftragte er einen Dachdecker mit der Dacheindeckung des Wohnhauses seiner Mutter. Er bezahlte die Rechnung des Dachdeckers, die an ihn gerichtet war. Für den Arbeitskostenanteil, der auf die Dachgeschosswohnung entfiel (44,35%) beantragte er die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen. Finanzamt und Finanzgericht lehnten die Berücksichtigung ab.

Der BFH hat entschieden, dass Finanzamt und Finanzgericht es zu Unrecht abgelehnt haben, 20% der vom Kläger aufgewandten Lohnkosten für die Dachsanierung als Handwerkerleistungen steuermindernd zu berücksichtigen. 

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts führte der Kläger nach seinem Umzug in die Dachgeschosswohnung dort einen eigenen Haushalt als Einzelperson. Entgegen der Ansicht des Finanzamts ist es nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige die Räumlichkeiten, in denen sich hauswirtschaftliches Leben entfaltet, als wirtschaftlicher Eigentümer bzw. Miteigentümer oder als Mieter nutzt. Das Gesetz verlangt neben der Führung eines Haushalts kein besonderes Nutzungsrecht des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige kann folglich auch in unentgeltlich überlassenen Räumlichkeiten einen Haushalt führen.

Unter einem Haushalt ist die Wirtschaftsführung mehrerer (in einer Familie) zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen, wobei die Wohnung der räumliche Bereich ist, in dem sich der Haushalt entfaltet. Der Begriff "im Haushalt" ist räumlich-funktional zu verstehen, sodass die Grenzen des Haushalts nicht ausnahmslos (unabhängig von den Eigentumsverhältnissen) durch die Grundstücksgrenzen bestimmt wird.

Fazit: Der Kläger hat die Aufwendungen getragen und die entsprechenden Zahlungen auf das Konto der Dachdeckerfirma getätigt. Es spielt keine Rolle, dass der Kläger gegenüber seiner Mutter nicht verpflichtet war, das Dach ihres Hauses sanieren zu lassen und die von ihm allein finanzierte Dachsanierung dem ganzen Haus zugutekam. Anders als das Finanzgericht meint, muss der Kläger auch nicht beweisen, auf welcher rechtlichen Vereinbarung mit seiner Mutter er die Dachsanierung veranlasst hat.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 23/21| 19-04-2023

7. Juli 2023 - Kommentare deaktiviert für Operative Fettabsaugung als außergewöhnliche Belastung

Operative Fettabsaugung als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für eine operative Fettabsaugung (= Liposuktion) zur Behandlung eines Lipödems sind regelmäßig ohne Vorlage eines vor den Operationen erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin litt seit Jahren an einem Lipödem (krankhafte Fettverteilungsstörung). Da konservative Behandlungen keine Besserung bewirkten, unterzog sie sich auf Anraten des behandelnden Arztes einer Liposuktion. Die Krankenkasse übernahm die Kosten der Operation nicht, da der Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen (trotz jahrelanger Prüfung) immer noch keine entsprechende Kostenübernahmeempfehlung ausgesprochen hatte. Die Klägerin machte den Aufwand als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab, weil es sich nicht um eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode handele und ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes Gutachten bzw. eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes nicht vorlagen.

Der Argumentation, die Liposuktion sei eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode, schloss sich das Finanzgericht nach umfangreicher Auswertung entsprechender medizinischer Fachbeiträge nicht an und gab der Klage statt.

Der BFH bestätigte nunmehr die Entscheidung des Finanzgerichts. Inzwischen (jedenfalls ab 2016) besteht über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der Liposuktion bei einem Lipödem unter den Medizinern kein nennenswerter Streit mehr. Zudem nenne das Gesetz als wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden beispielhaft die Frisch- und Trockenzellenbehandlung sowie die Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie. Damit ist die Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems nicht vergleichbar. Die fehlende Einbeziehung der Liposuktion in das Leistungsverzeichnis der Krankenkassen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen sei unerheblich, weil die bei der Klägerin durchgeführte Liposuktion nicht kosmetischen Zwecken gedient habe. Sie sei vielmehr medizinisch indiziert gewesen, sodass die Kosten als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen seien. Ebenso wie bei anderen Krankheitsaufwendungen ist keine Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich, das vor der Behandlung ausgestellt wurde.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 39/20| 22-03-2023